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Das Coaching verlief … Top oder Flopp?

05Nov2012
8 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Wie werden in einem ungreifbaren Thema wie „Coaching“ greifbare Ziele festgelegt? Wie kann der Coach wissen, ob das Coaching erfolgreich verlief & abgeschlossen ist?

Experten-Interview

Woran kann ein Coach erkennen, dass die Sitzung für den Coachee erfolgreich verlaufen ist?

Doris Andreatta, MSc (Training & Beratung): Da wäre ich ja fast verführt zu sagen „Wie wäre es denn, den Coachee einfach zu fragen…?“ Und genau das ist in vielen Fällen ja auch der Einstieg in Bereiche der Ergebnis- und Verlaufskontrolle. Es geht also um die Überprüfung der vereinbarten Ziele.

Dr. René Reichel, MSc (Donau-Universität Krems): Kurzfristig atmosphärisch (Gesichtsausdruck, Körpersprache), nicht unbedingt an den verbalen Rückmeldungen. Nachdenklichkeit ist oft ein besseres Indiz für „Erfolg“ als Begeisterung. Mittel- und langfristig ist der Erfolg im Einzelfall kaum abschätzbar, da viele unberechenbare Faktoren mitwirken.

Michael Tomaschek (E•S•B•A): Was in der Coaching-Sitzung hilfreich und dienlich war für die  erfolgreiche Umsetzung in der Realität entscheidet ausschließlich der Coachee. Der Coach sollte in der Coaching-Sitzung darauf bedacht sein, einen Kreativ-Raum für unterschiedliche Betrachtungsweisen und andere Lösungsansätze zu schaffen, die für den Coachee einen Unterschied darstellen und ihn zukünftig neue Handlungsweisen ausprobieren lassen. In der Transferphase zum Ende der Coachingsitzung kann der Coach hierfür Verstärker setzen. Wenn ein Coachingprozebss über mehrere Sitzungen läuft können erarbeitete Umsetzungs- und Veränderungs-Schritte in der Folgesitzung thematisiert werden – ob diese erfolgreich waren bestimmt der Coachee!

Mag. Peter Schütz, MSc (Arthur Schütz & Co  NLP Unternehmensberatung): Oberflächlich an der Begeisterung, meist an der Auswirkung, oft  Wochen bis Monate später.

Dr. Kornelia Steinhardt (Universität Wien): wenn der Coachee am Ende der Sitzung das Problem aus einer neuen Perspektive betrachtet, wenn er neue Ideen zum Umgang mit dem besprochenen Thema entwickelt hat. Manchmal ist es schon erfolgreich, wenn der Coachee ins Grübeln kommt über eine Sache, die ihm so selbstverständlich erschien. Das deutlichste Signal für den Erfolg einer Sitzung ist es, bei den nachfolgenden Sitzungen zu hören, was der Coachee in seinem Berufsalltag verändert, verbessert oder neu entwickelt hat. Und nicht zu vergessen: Weiterempfehlung und Wiederbeauftragung sind deutliche Signale.

Wolfgang Titze (WIFI Vorarlberg): Wenn der Coach am Ende des Coachings ausgeruht und der Coachee erschöpft ist, kann das Coaching erfolgreich gewesen sein. Denn dann hat der Coachee an seinen Themen gearbeitet und nicht der Coach. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass neue, tragfähige Lösungen beim Coachee selbst entstehen können. Wenn Coach und Coachee gleichermaßen den Eindruck haben, dass die Zeit während des Coachings sehr schnell vergeht, ist dies ein weiteres Indiz für ein folgenreiches Coaching. Denn dann sind beide auf inhaltlich relevanten Feldern unterwegs auf denen es etwas zu säen, zu bestellen oder zu ernten gibt.

Dr. Werner Vogelauer (Trigon-Entwicklungsberatung): An den konkreten Vorhaben des Kunden, an der Sprache und Gestik/Stimmung (am Ende der Sitzung als Einschätzung und Vermutung; keine eigentliche Evaluation), am Anfang der nächsten Gesprächseinheit, wenn der Coachee sich seine Vorhaben gemerkt und umgesetzt hat (Transfer-Evaluation)

Mag. Herbert Korvas (bfi Wien): Eine evaluierende Frage am Ende der Sitzung ist eine Möglichkeit, das subjektive Empfinden des Coachee sichtbar zu machen. Das sichtbarste Zeichen für den Erfolg ist aber wohl, dass der Coachee wiederkommt. Über den Coaching-Prozess werden Veränderungen sichtbar, und daran kann auch abgelesen werden, wie erfolgreich das Coaching als Prozess verlaufen ist.

Mag. Günther Kampitsch, MBA (WIFI Steiermark): Soft Skills lassen sich naturgemäß nicht annähernd so faktisch evaluieren wie ein Produktionsprozess. Ergiebiger als ein spontanes Feedback am Ende des Coachings ist ein nach einer passenden zeitlichen Distanz vom Kunden ausgefüllter Feedback-Bogen. Im Falle eines Dreiecksvertrags ergeben sich die Rückmeldungen durch den Kunden und dessen Führungskraft während des Feedback-Gesprächs, das zu dritt am Ende des Coaching-Prozesses stattfindet.

Karl Wegmaier, MBA (CTC-Akademy): Wenn der Coachee zur nächsten Sitzung kommt und erzählt wie gut es Ihm ergangen ist oder welche Lösungen und Erkenntnisse (noch) entstanden sind. Wenn vor allem der Coach am Ende der Coachingeinheit das Empfinden hat, dass es ein erfolgreiches Coaching war, dann meist nur für den Coach – in seiner eigenen Landkarte und seinem Geldbörserl.

Woran können Coaches – und Coachees – erkennen, dass sie in eine Sackgasse geraten sind, und was können sie dann tun?

Dr. Günter Lueger (Solution Management Center): Wenn die Klienten keine Lösungsschritte erarbeiten, wobei die Kompetenz zur Einschätzung hier beim Klienten liegt (!). Daher ist die laufende Evaluierung der Wirkung des Coachings ein „Muss“, denn es gibt auch immer wieder Unterschiede in der Einschätzung des Coachs und des Klienten. Nicht nur dass es vorkommt, dass der Coach eine positive Entwicklung sieht, die für den Klienten hingegen keine ist, sondern auch der umgekehrte Fall tritt auf: der Coach zweifelt an den Fortschritte des Coachings während der Klient aber eine deutliche positive Entwicklung sieht. Also: zwei kurze Evaluierungsfragen am Schluss jeder Session helfen hier: Was war hilfreich im Coaching? Was soll das nächste Mal passieren, damit Sie Ihre Ziele gut erreichen können?

Dr. Michaela Judy (ASYS): Es wird anstrengend, zäh, Coach und Coachee spüren diffuse Ablehnung, die zunächst für keine Seite klar begründbar oder nachvollziehbar ist. Widerspruch, Diskussionen, aber auch Lustlosigkeit oder Ausweichen treten seitens der Coachees gehäuft auf. Vom Coach werden sie entweder als „widerständig“ erlebt, oder als unersättlich, der Coachee möchte immer noch mehr Hilfe. Wir nennen das nach Walter Milowiz dysfunktionale Beziehung, in der die Hauptenergie für Versuche, die Beziehung zu verändern, aufgewendet wird. Gelingt es dem Coach nicht, aus diesem Machtkampf auszusteigen, bleibt die Fähigkeit zur Problemlösung blockiert.

Wann ist das Ziel des Coachings erreicht?

Katharina Kendöl (Sympaideia): Ziel eines Coaching ist immer die Steigerung der Selbstkompetenz und Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten des Coachees. Somit ist Coaching Hilfe zur Selbsthilfe und erfolgreiches Coaching daran erkennbar, dass der Coachee  nicht nur die eigenen Ressourcen nutzen und Herausforderungen besser bewältigen kann, sondern auch etwas über sich gelernt hat und der Coach nicht mehr benötigt wird.

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Wesentlich für das Gelingen des Coaching-Prozess ist zu Beginn die Auftragsklärung. Wenn hier gut beschriebene Coaching-Ziele erarbeitet werden, lässt sich auch die gemeinsame Arbeit evaluieren. Die Coaching-Ziele werden auf die einzelnen Sitzungen heruntergebrochen. Man kann zB die Skalierung von 1 – 10 verwenden. Damit ist die Evaluierung des Fortschritts während und am Ende des Coachings sehr gut möglich. Es geht also um einen Soll-Ist-Vergleich beim Coachee selbst. Die Qualität der Sitzung kann auch durch entsprechendes Feedback am Ende der Sitzung oder einer Zwischenbilanz nach zB. 3 Sitzungen am subjektiven Gefühl von Zufriedenheit, Vertrauen und Verstandensein des Coachee festgemacht werden.

Mag. Esin Suvarierol (Systemische Lösungen): Es gibt zwei Ebenen in einem Coaching-Prozess: die inhaltliche und die Prozessebene. Auf der Ebene der Inhalte sind es ausschließlich die Kunden, die beurteilen können, was erfolgreich, gut, besser, richtig usw. bedeutet. Wenn das Kundensystem ressourcenreicher wirkt bzw. sich selber so beschreibt, haben wir als Coach einige Hinweise, dass es auf der Prozessebene in die richtige Richtung geht. Wichtig ist auch, solche Hinweise auf den gesamten Coaching Prozess zu beziehen und nicht nur auf einzelne Sitzungen, um die individuelle Zeitqualität zu beachten, die einzelne Kunden für ihre Prozesse brauchen.

Mag. Ulrich Königswieser (Königswieser & Network): Wenn der Coach weiterempfohlen wird. Wenn die im Zuge der Auftragsklärung genannten Ziele erreicht erscheinen und diese auch anhand von Erfolgskriterien pro Sitzung eingetreten sind.

Warum findet eine End-Evaluierung des Coaching-Prozesses idealer Weise erst einige Zeit später statt?

Elisabeth Jelinek (Jelinek Akademie): Die Evaluierung eines Coachingprozesses ist nach strengen Kriterien gar nicht oder bis zu einem gewissen Grad nur langfristig möglich. Die Befindlichkeit des Coachee unmittelbar nach der Sitzung ist zwar wichtig, aber für die Messung eines Erfolgs nur bedingt aussagekräftig. Auch großartige Lösungsideen müssen erst einmal umgesetzt werden, andererseits tauchen oft noch Tage nach einer Sitzung neue Gedanken auf.

Kann man denn bei all der Begriffsverwirrung noch den Überblick bewahren, was Coaching eigentlich ist?

Mag. Clemens Stieger (GfP): Wenn man sich den Markt ansieht, so dominieren die Unterschiede, nicht die Gemeinsamkeiten. Das Feld ist unglaublich heterogen, aber alles wird als „Coaching“ bezeichnet. Mein Eindruck ist, dass der Begriff nicht zu mehr Verständnis beiträgt – eher zur Verwirrung. Man muss eigentlich immer nachfragen, was damit gemeint oder erwartet wird. Es ist vermutlich an der Zeit zu akzeptieren, dass es Coaching nicht geschafft hat, eine Profession zu werden. Es ist eine Methode, ein Werkzeug, ein alltäglicher Begriff – und dafür auch nützlich.

Stichwort „Qualitätssicherung“ im Coachingprozess – Was ist zu beachten?

Mag. Renate Strommer (ASO & WiLAk): Die stetige Sicherung der Qualität ist eine Grundaufgabe für den Coach. Qualitätssicherung sollte auf der fachlichen, persönlichen und sozialen Ebene stattfinden. Die fachliche Ebene beinhaltet eine fundierte Grundausbildung, ein Repertoire an Methoden sowie eine regelmäßige Weiterbildung. Auf der persönlichen Ebene fällt der Fokus auf die Selbsterfahrung, das Erkennen eigener Muster, Abgrenzung sowie das Hinterfragen seiner Anteile im Coachingprozess. Auf der sozialen Ebene sollte der Coach für seinen Klienten einen angemessenen Rahmen und Raum schaffen können. Weiters sind die Haltung, Wertschätzung und Verpflichtung gegenüber der Klientinnen zu erfüllen.

Die Gesprächspartner

Das Coaching verlief … Top oder Flopp?

HRwebDr. Werner Vogelauer
Geschäftsführer

Trigon Entwicklungsberatung


HRwebElisabeth Jelinek
Geschäftsführerin

Jelinek Akademie


HRwebMag. Clemens Stieger
Geschäftsführer

GfP Gesellschaft für Personalentwicklung


HRwebMag. Renate Strommer
Geschäftsführerin

ASO & WiLAk


HRwebDr. René Reichel, MSc
Geschäftsführer

Donau-Universität Krems


HRwebDr. Günter Lueger
Geschäftsführer

Solution Management Center


HRwebMichael Tomaschek
Geschäftsführer

E•S•B•A – European Systemic Business Academy

www.esba.eu


HRwebDr. Kornelia Steinhardt
Lehrgangsleiterin Coaching und Supervision

Universität Wien – SuCo (Universitätslehrgang Supervision und Coaching)


HRwebKarl Wegmaier
Businesstrainer & -coach, Mentaltrainer

CTC Academy


HRwebMag. Peter Schütz, MSc
Geschäftsführerin

Arthur Schütz & Co  NLP Unternehmensberatung


HRwebMag. Sabine Prohaska
Geschäftsführerin

Seminar Consult


HRwebDr. Michaela Judy
Lehrgangsleiterin

ASYS


HRwebMag. Esin Suvarierol
Geschäftsführerin und Lehrgangsleiterin

Unternehmensberatung für Systemische Lösungen


HRwebMag. Günther Kampitsch, MBA
Lehrgangsleiter

WIFI Steiermark


HRwebKatharina Kendöl
Vorstandsmitglied

Sympaideia (Verein für Beratung, Aus-, Fort- & Weiterbildung)


HRwebDoris Andreatta, MSc

Training & Beratung


HRwebUlrich Königswieser

Königswieser & Network


HRwebMag. Herbert Korvas

bfi – Berufsförderungsinstitut Wien


HRwebWolfgang Titze

WIFI Vorarlberg


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