Standardabläufe machen Unternehmen effizient. Allerdings werden häufig Routinen entwickelt und Abläufe auf eine bestimmte Art und Weise ausgeführt, „weil es immer schon so war“. Diese unbewussten Routinen können die Handlungsmöglichkeiten eines Unternehmens stark einschränken, sofern sie nicht regelmäßig hinterfragt werden. Dabei sehen wir uns u.a. das 7s-Modell von McKinsey genauer an.
Hierfür fehlt jedoch insbesondere in KMUs oft die Zeit. Doch nur wenn ein Unternehmen seinen Blick auch auf die eigenen Stärken und Schwächen richtet, kann erfahrungsbasiertes Lernen erfolgen. So werden ungenutzte Potenziale erkannt, daraus Veränderungsideen und Personalentwicklungsmaßnahmen abgeleitet und der Unternehmenserfolg wird nachhaltig gestärkt. Ausschlaggebend für diese Bewusstseinsbildung ist dabei die entsprechend positive Fehlerkultur.
Die Reflexionskompetenz
Nur ein Unternehmen, das sich selbst, seine inneren Abläufe, die Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch seine Fehler und Schwachstellen kennt, ist in der Lage sich zielgerichtet zu verändern. Das Bewusstsein über unternehmensinterne Dynamiken ist dabei unerlässlich, um Erfahrungen für zukünftige Herausforderungen positiv zu nutzen und somit positive Veränderungsenergie freizusetzen.
Unternehmen mit einer hoch ausgeprägten Reflexionskompetenz hinterfragen sich vor dem Hintergrund von Vergangenem und im Hinblick auf Zukünftiges regelmäßig. Durch einen bewusst nach „innen“ gerichteten Blick wird Entwicklungspotenzial erkannt und Veränderungsideen können abgeleitet und eingefahrene Pfade durchbrochen werden. Gleichzeitig kann ein damit verbundenes erfahrungsbasiertes Lernen dem Unternehmen den Weg als lernende Organisation ebnen.
Fällt es einem Unternehmen hingegen schwer, den Blick auf sich selbst zu richten, entstehen vermehrt blinde Flecken, sodass immer wieder dieselben Fehler gemacht werden und die eigenen Stärken und Schwächen verborgen bleiben. Interne Entwicklungsmöglichkeiten werden so blockiert und Veränderungspotenziale bleiben ungenutzt. Damit werden nicht nur die Chancen, unternehmensinterne Ressourcen effizient zu nutzen, minimiert. Auch Personalentwicklungsmaßnahmen bleiben auf diese Weise oft unspezifisch und oberflächlich oder entfalten ihre Wirkung nur kurzfristig.
Wie steht es um die Reflexionskompetenz in Ihrem Unternehmen?
Unternehmen mit einer hohen Reflexionskompetenz verfügen über gut ausgebildete Routinen und Mechanismen zum bewussten Hinterfragen des eigenen internen Status-Quo. Erste Anhaltspunkte, wie gut die Reflexionskompetenz im Unternehmen ausgeprägt ist, liefern folgende Fragen:
- Ist uns bewusst, welches die Kernaufgaben und -prozesse sind, in denen sich das Unternehmen kontinuierlich verbessern möchte?
- Nutzen wir das volle Potenzial unserer Mitarbeiter?
- Hinterfragen wir Ereignisse / Prozesse / Strukturen / Entscheidungen systematisch?
- Erfolgt erfahrungsbasiertes Lernen indem wir kritisch Fehler aber auch Erfolgsfaktoren analysieren?
- Wie gut gelingt es dem Unternehmen, aus eigenen Erfahrungen (Fehlern, Erfolgen) für die Zukunft zu lernen?
- Suchen wir kontinuierlich nach Optimierungsmöglichkeiten?
Wenn nicht alle Antworten auf die zuvor gestellten Fragen ein eindeutiges „Ja“ waren, ist wahrscheinlich das Potenzial im Hinblick auf Veränderungen, das in der Reflexionskompetenz Ihres Unternehmens liegt, noch nicht gänzlich ausgeschöpft. Beispielsweise könnte Ihnen bisher die Möglichkeit entgangen sein, das unternehmensinterne Know-How optimal einzusetzen, weil Ihnen das volle Ausmaß von Mitarbeiterfähigkeiten und -wissen nicht bekannt war. Doch wohin schauen, um richtig zu reflektieren? Die systematische Analyse von erfolgszentralen und unterstützenden Faktoren setzt hier den ersten Schritt, um herauszufinden, wo das größte Entwicklungspotenzial verborgen liegt.
7s-Modell, McKinsey
Richtig reflektieren – Potenziale erkennen
Reflexion bedeutet mehr als „Reden wir darüber“. Um sich auf Basis der eigenen Stärken und Schwächen kontinuierlich weiter zu entwickeln, ist eine systematische Vorgehensweise erforderlich.
Erste Anhaltspunkte dafür, wo Ihr Entwicklungspotenzial verborgen liegt, kann das bekannte „7s-Modell“ von McKinsey (Wien & Österreich dürfen sich hier gern ein Stück abschneiden) liefern. Neben Stärken und Schwächen kann diese systematische Analyse Ihnen auch ein tieferes Verständnis unternehmensinterner Wechselwirkungen bewusst machen. Mit Hilfe des 7s-Modells können neben den „harten“ erfolgszentralen Faktoren – „Strategy“, „Structure“ und „Systems“ – auch die „weichen“ unterstützenden Aspekte – „Style“, „Skills“, „Staff“ und „Shared Values“ – systematisch analysiert werden.
7s-Modell, McKinsey:
Besonders wichtig sind im Rahmen der Analyse des 7s-Modells die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den betrachteten Faktoren in Ihrem Unternehmen. Wenn Sie sich auf diese Weise die bestimmenden Faktoren und ihre Wechselwirkungen untereinander, sowie ihre Priorisierung bewusst gemacht haben, können Sie weiter ins Detail gehen und so sukzessive Ihre Reflexionskompetenz an den für Sie wichtigen Stellen ausbauen.
Sollten Sie beispielsweise über die gezielte Auseinandersetzung mit den kombinierten Faktoren „Strategy“ und „Skills“ feststellen, dass die Fähigkeiten der Mitarbeiter noch nicht 100%-ig zur Unternehmensstrategie passen, kann eine tiefere Reflexion Ihnen genaue Anhaltspunkte für ein gezieltes Talent-Management liefern. Sollte hingegen beispielsweise die gezielte Auseinandersetzung mit den Faktoren „Culture“ und „Structure“ gezeigt haben, dass ein Erfahrungstransfer zwischen Projekten nicht erfolgt und erfahrungsbasiertes Lernen somit blockiert wird, können Sie hier beispielsweise über eine „Zeitstrahl-Methode“ weiter in die Tiefe gehen. Dabei werden anhand eines Zeitstrahls positive und negative Schlüsselereignisse dokumentiert. Für jedes dieser Schlüsselereignisse wird dann besprochen, was Ursachen und Wirkungen waren, wie mit den Ergebnissen umgegangen wurde und was man daraus für die Zukunft lernen möchte.
Doch eine gezielte Reflexion ist nur dann möglich, wenn neben den Methoden, auch die „innere Haltung“ das Annehmen von möglicherweise unangenehmen Erkenntnissen und deren anschließende Umwandlung in positives erfahrungsbasiertes Lernen ermöglicht. Erfolgsentscheidend für das „richtige Reflektieren“ ist dabei die „richtige Einstellung“.
Positive Fehlerkultur: Die richtige Einstellung
Damit Reflexion erfolgreich sein kann, braucht es eine positive Fehlerkultur. Wesentlich hierfür ist neben einer gezielten Auseinandersetzung mit Fehlern und Best-Practices sowie die gelebte Vorbildfunktion von Führungskräften auch der Blick in die Zukunft.
Eine gezielte Auseinandersetzung mit Fehlern und Best-Practices und erfahrungsbasiertes Lernen sind dort möglich, wo eine neutrale und objektive Betrachtung der Situation erfolgt. Wenn Mitarbeiter bereits bei weniger gravierenden Fehlern schwere negative Konsequenzen fürchten müssen, werden sie versuchen, diese zu vertuschen. Dieses Vertuschen verhindert Fortschritt und blockiert letztendlich Entwicklungsprozesse. Daher sollten beispielsweise Schuldzuweisungen auf jeden Fall vermieden werden. Ähnliches gilt in Bezug auf Best-Practice-Erfahrungen. Diese bieten einen wertvollen Erfahrungsschatz, der jedoch unentdeckt bleibt, wenn Geringschätzung oder Ignoranz statt eines wertschätzenden, objektiven Zugangs als Grundeinstellung vorhanden sind.
Für die richtige Einstellung beim Umgang mit Fehlern sind vor allem Führungskräfte wesentlich. Wenn die Führungskraft eigene Fehler oder Misserfolge eingesteht, kann sie durch ihre Vorbildwirkung andere dazu anregen, mit Fehlern konstruktiv umzugehen. So wird ein offener Austausch gefördert und die Erfahrungswerte aus Fehlern und Erfolgen können ins organisationale Gedächtnis überführt werden.
Weiters ist beim Reflektieren der konsequente Blick in die Zukunft wesentlich: Die zentrale Frage sollte sein, was man als Gesamtorganisation aus Fehlern und Erfolgen der Vergangenheit für die Zukunft (im Hinblick auf das Erreichen der Vision) lernen kann. Wenn sich beispielsweise herausstellt, dass immer wieder ähnliche Fehler gemacht werden, können dadurch ungünstige Strukturen (Kommunikationsblockaden, ineffiziente Prozesse etc.) identifiziert oder konkrete Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter abgeleitet werden.
Fazit
Die Reflexionskompetenz eines Unternehmens ist wesentlich für erfolgreiche strategische Veränderungen. Das Erkennen der eigenen Erfolgsfaktoren und Kernkompetenzen, das Hinterfragen von Bestehendem, eine positive Fehlerkultur und erfahrungsbasiertes Lernen ermöglichen Unternehmen das Bewusstmachen der eigenen Stärken und Schwächen. Das Hinterfragen der bestehenden Kultur, Strukturen und Prozesse eröffnet dann neue Perspektiven, die es nicht nur ermöglichen das vorhandene Potenzial bspw. durch gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen (z.B. im Rahmen eines gezielten Talent-Managements) auszuschöpfen. Auch die Grundlage für eine lernende Organisation kann auf diese Weise geschaffen werden.
Autor zum Thema „Das reflektierende Unternehmen: aus Fehlern lernen (7s-Modell von McKinsey)“:
Personal & Organisation-TEAM. Heute: Lorena Hoormann, Barbara Kump und Christina Schweiger
Das reflektierende Unternehmen: aus Fehlern lernen (7s-Modell von McKinsey)