In einem Interview sprachen Mag. Eva Selan, MSc ung Mag. (FH) Gerda Hechinger (Personalentwicklerin der SHT-Gruppe) über Personalentwicklung, bestehende Strukturen, Wünsche der Mitarbeiter, erste Schritte in der Umsetzung und über Ergebnisse.
SHT Haustechnik ist Großhändler für die Bereiche Sanitär-, Heizungs- und Installationstechnik. Somit stellt SHT mit rund 700 Mitarbeitern die Schnittstelle zwischen Industrie und Installateuren dar, zahlreiche Schauräume unterstützen den Vertrieb.
Interview
Sie sind nun seit Anfang 2009 bei SHT für Personalentwicklung verantwortlich, davor gab es die Stelle nicht. Was machte diese Position notwendig?
Bis Ende 2008 war Personalentwicklung Vorstandsangelegenheit – Herr Knezek hat es mitbetreut (er ist Vorstand für Personal, Finanz, Qualitätsmanagement und IT). Der Grund, warum eine eigene Stelle für Personalentwicklung kreiert wurde, war 2007, damals fand von der gesamten Frauenthal-Gruppe die erste Mitarbeiterbefragung statt und die SHT – als Teil der Gruppe – hat natürlich teilgenommen. Ein Ergebnis dieser Mitarbeiterbefragung war der Wunsch nach Aus- und Weiterbildung, nach Personalentwicklung. Dem hat auch unser Eigentümer einen hohen Stellenwert beigemessen und stand dahinter, dass eine Personalentwicklungs-Stelle eingerichtet werden soll.
Wie sahen Ihre ersten Schritte in der Personalentwicklung aus?
Ich hatte freie Hand bei der Ideensammlung. Im ersten Monat besprach ich mit dem Vorstand immer wieder, einen roten Faden, ein klares Ziel, den klaren Auftrag des Unternehmens an mich zu definieren. Doch so konkret war es vom Vorstand eben nicht definiert. Ich sollte mich nach dem Bedarf richten. Daher habe ich mich im ersten Quartal auf den Weg durch die einzelnen Niederlassungen gemacht – ich habe den Mitarbeitern mich und meine Rolle vorgestellt, Gespräche mit den Führungskräften gesucht und den Bedarf erhoben. So wurden die groben Themenfelder greifbar. Die Gespräche fanden mit der Führungsebene statt und anschließend mit der nächst tieferen Ebene. Ich bin mehr oder weniger mit einem großen Rucksack an Möglichkeiten ausgezogen, habe viele Fragen gestellt und bin mit einer Fülle an Wünschen und Bedürfnissen zurückgekommen. Und je mehr Fragen ich stellte, desto mehr wurde auch der Bedarf geweckt.
Wie wurde das von den Führungskräften und Mitarbeitern angenommen?
Sehr gut. Sie interessierten sich für mich und meine Funktion, die ja neu war. Und ich interessierte mich für sie und ihre Tätigkeit. Dieses Interesse war nicht gespielt, sondern sehr aufrichtig und begeistert. Ich hatte keinen vorgefertigten Interviewleitfaden, den ich in allen Zweigstellen durcharbeitete, sondern ließ mich inspirieren, führte spannende Gespräche und sah einfach zu, wie das Tagesgeschäft funktionierte. Ich bekam auch immer wieder Einladungen, zu den Kunden mitzukommen oder mit dem LKW mitzufahren. Man lernt viel, wenn man den Mitarbeitern über die Schulter sehen darf. Auf diese Weise bekommt man schnell ein Gespür für das Geschäft. Die Mitarbeiter fühlen sich auch wertgeschätzt und sind stolz, herzeigen zu dürfen was und wie sie arbeiten. Zu Beginn war mir auch wichtig, herauszufinden, wie das Unternehmen tickt. Ich sprach viel mit unterschiedlichen Mitarbeitern, hinterfragte Themen und Bedürfnisse, den Arbeitsinhalt und -ablauf.
Wie viele Niederlassungen hat SHT?
Wir haben 7 Niederlassungen – jedes Bundesland bis auf Vorarlberg und Burgenland hat seine eigene Niederlassung. Wir bilden im Unternehmen zwei Kernkompetenzen ab: ••Ein- und Verkauf sowie ••Logistik – von der Lagerhaltung bis zur Zustellung.
Welche konkreten Projekte ergaben sich im Laufe der ersten Monate?
Aus dieser Gesprächsrunde ergaben sich letztendlich vier grobe Themenfelder:
- die SHT-Akademie (das ist alles rund um die Aus- und Weiterbildung)
- die Lehrlingsausbildung
- die Führungskräfteentwicklung und
- Personalmarketing/Employer Branding.
Vieles existierte bereits und das griff ich auf. Zu Beginn nahm die Vereinheitlichung der bereits bestehenden Elemente der Weiterbildungsmaßnahmen viel Zeit in Anspruch: Eine Vielzahl an zielführenden Maßnahmen existierte, doch sie waren nicht über die unterschiedlichen Zweigstellen hinweg koordiniert und auch nicht kommuniziert. Es ging also darum, das Bestehende zu sichten, die besten Varianten herauszufiltern und diese einheitlich auf alle Zweigstellen auszurollen. Dabei war die Akzeptanz sehr hoch, denn wenn sich etwas in einer Niederlassung bereits bewährt hat, wurde es von den anderen Niederlassungen natürlich gerne übernommen. Der nächste Schritt in meiner Tätigkeit war die Führungskräfteentwicklung. Auch hier war mein Ansatz, Existierendes zu sammeln, zu sichten, gegebenenfalls zu ergänzen und zu vereinheitlichen. In meinem ersten Quartal stand auch die Lehrlingsausbildung an – ich lud alle Lehrlingsausbildner ein, um an der Lehrlingsausbildung zu arbeiten.
Wie sieht die Lehrlingsausbildung konkret aus?
Wir haben 56 Lehrlinge und 10 Ausbildner und bilden Großhandel und Lagerlogistik aus. Bis dahin arbeiteten die Lehrlingsausbildner in ihren Zweigstellen sehr autonom, ohne sich mit den anderen Zweigstellen abzustimmen. Neu ist, dass wir die Kommunikation untereinander fördern und gute Konzepte einfach weitergegeben werden, wodurch alle profitieren können. Das erste Treffen der Lehrlingsausbildner rief großes Interesse, aber anfangs auch ein wenig Skepsis hervor. Schnell aber haben sie den Nutzen für sich selbst und das gesamte Unternehmen erkannt und arbeiteten motiviert an einem gemeinsamen Ziel. Diese Treffen mit den Lehrlingsausbildnern werden halbjährlich veranstaltet, um sich abzustimmen, die Aktionen zu vereinheitlichen und gemeinsam am Konzept zu arbeiten.
Was machen Sie auf der Seite der Lehrlinge?
Die Lehrlinge selbst laden wir einmal jährlich zu einer Exkursion – wir fahren mit ihnen zur Industrie, um zu sehen, wie das, was sie verkaufen, erzeugt wird. In diesen jungen Leuten steckt viel Potenzial und sie werden bei uns als vollwertige Mitarbeiter eingesetzt. Das operative Recruiting der Lehrlinge ist im Zuständigkeitsbereich der Lehrlingsausbildner. Im Zuge unserer Meetings konnten wir hier auch einiges vereinheitlichen: Welche Workshops bieten wir an, machen wir Schnuppertage, an welche Schulen gehen wir, in welcher Form laden wir potenzielle Lehrlinge zu uns ein etc. In der Lehrlingsausbildung haben wir eine Offensive gestartet, um nicht nur viele Lehrlinge auszubilden, sondern bereits von Beginn an gute Lehrlinge zu bekommen. Wir haben unser Personalmarketing klar danach ausgerichtet mit Foldern, wir gehen in Schulen, haben die Webpage erweitert etc. Wir lassen dieses Programm laufen unter dem Titel »G’schickt & g’scheit«, denn bei uns muss man nicht nur geschickt sein, sondern auch kaufmännisches Verständnis haben, kommunizieren und beraten können. Im Rahmen dieser Aktion binden wir auch die aktuellen Lehrlinge mit ein, ihre Nachfolger zu rekrutieren.
Stichwort Führungskräfteentwicklung – wie gehen Sie hier vor?
Im Herbst 2009 sind wir mit Vertretern aus allen Führungsebenen neue Schritte in der Führungskräfteentwicklung gegangen. Inhalte sind Führungsverhalten, Führungsleitsätze, Mitarbeitergespräch, Kompetenzprofil etc. Es geht um die Bewusstseinsbildung und auch darum, über Führung an sich zu sprechen und zu reflektieren. Ein Großteil unserer Führungskräfte sind aufgrund ihrer Kompetenzen von unten hinauf gewachsen. Fachlich sind sie top und jetzt bedarf es des Hinterfragens, wie mit dieser Verantwortung umgegangen werden soll. Dabei geht es auch um Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers, um Vorbild, Leadership, Delegation, die Begleitung eines Mitarbeiters vom Eintritt bis zum Austritt etc.
Gibt es ein standardisiertes Führungskräfteprogramm?
Für alle gibt es bedarfsorientiert und individuelle Führungskräfteentwicklung – im Speziellen aber für die neuen Führungskräfte. Diese werden meist intern rekrutiert und führen mit dem Vorgesetzten und mir anfangs ein Entwicklungsgespräch. Wir setzen dabei eine Potenzialanalyse ein, um eine Standortbestimmung zu erhalten und festzustellen, wo der Mitarbeiter steht und wohin er möchte. Die Führungskräfteentwicklung wird sehr flexibel auf die jeweilige Führungskraft abgestimmt und muss von dieser selbst aktiv verfolgt werden – natürlich mit der Unterstützung durch mich und den Vorgesetzten. Wichtig ist für uns das Lernen on-the-Job mit Reflexionsphasen. Wir stellen den jungen Führungskräften auch Lernpartner an die Seite, jemanden, der als Vorbild dienen kann und der Hilfestellung geben kann und möchte. Die klassischen Führungsthemen wie Mitarbeitergespräche, Führen mit Zahlen, Steuerung von Verkaufsprozessen etc. sind Module, die wir individuell anpassen. Diese sind dann auch Teil der SHT-Akademie.
Wie ist die SHT-Akademie konzipiert? Arbeiten Sie mit fixen Trainern oder einem externen Partner?
Die Trainer wählen wir sehr individuell. Wir möchten flexibel bleiben und spontan auf den Markt reagieren können. In manchen Bereichen – beispielsweise das Zeichnen von Schauraumplänen – gibt es nur eine Handvoll geeigneter Trainer. In diesem Fall hatte die Filiale in Salzburg einen Trainer, der dieses Thema perfekt abbildet und jetzt trainiert er Mitarbeiter in all unseren Zweigstellen. In diesem Training geht es auch um die Kommunikation mit dem Kunden, um die Bedarfsweckung, um den Verkaufsabschluss und vieles mehr. Ich erfinde die Personalentwicklung hier nicht neu. Vieles hat bereits existiert und einiges funktionierte großartig. Und was besonders gut funktionierte, rollten wir in allen Zweigstellen aus. Vieles habe ich einfach standardisiert und harmonisiert.
Sie hatten kürzlich wieder eine Mitarbeiterbefragung.
Ja, im Frühjahr 2010 fand die letzte Mitarbeiterbefragung statt. Ergebnis dieser Befragung war, dass wir die Themen, die 2007 anstanden, deutlich verbessern konnten und dass die Motivation, die Grundzufriedenheit in der SHT-Gruppe von den Mitarbeitern sehr hoch eingeschätzt wird. Die Ergebnisse sind für die nächsten Schritte in der Personalentwicklung sehr wichtig, nachhaltig und messbar.
Wenn Sie noch einmal am Beginn stehen würden – was würden Sie anders machen?
Ich würde wahrscheinlich die ersten drei Monate genauso gestalten, ich würde genauso viele Fragen stellen, doch ich würde mir für das zweite Quartal nichts vornehmen. Denn man geht mit einem kleinen Rucksack hinaus und kommt mit einem Auto vollgepackt mit Ideen wieder zurück. Und das bei jeder Tour. Das sind auch die Schätze, die man findet. Das ist Personalentwicklung, nicht das was ich hier im Büro kreiere – hier, am Schreibtisch, koordiniere ich eher die Themen, das Leben der Personalentwicklung aber findet draußen statt, denn draußen ist auch unser Kunde – und der ist unser Geschäft. Ich kann meine Leistung nur an das anpassen, was in den Kernprozessen gebraucht wird. Wichtig ist es, eine Akzeptanz und eine Positionierung im Haus zu schaffen – und diese bekommt man, wenn man sich wirklich interessiert und es bedarfsorientiert anlegt. Es funktioniert nicht, wenn jemand bereits drei Jahre auf einen Excel- Kurs wartet, um seine Kalkulationen endlich nicht mehr mit dem Taschenrechner machen zu müssen. Wenn man ihm das gibt und zeitgleich fragt, was er darüber hinaus noch benötigt, dann lernt man ihn mit seiner Stelle und seiner Funktion so gut kennen und gibt ihm so viel Aufmerksamkeit, dass er sich umgekehrt für Personalentwicklung zu interessieren beginnt. Gegenseitiges Interesse und Wertschätzung entstehen. Mit dieser Vertrauensbasis fällt es viel leichter, wenn etwas zentral eingeführt wird, dass es positiv aufgenommen wird – auch wenn es nicht bedarfsorientiert, sondern zentral gewollt ist, etwas Strategisches, das vielleicht auch mit Vorgaben verbunden ist. Und an diesen bedarfsorientierten Maßnahmen gab es im zweiten Quartal eine so große Fülle, dass ich mir für diesen Zeitraum definitiv nichts anderes mehr vornehmen würde.
SHT Gruppe: www.SHT-gruppe.at
Interviewpartnerin: Bestehendes in der PE weiterentwickeln
Mag. (FH) Gerda Hechinger
Ausbildung
- Fachhochschule für wirtschaftsberatende Berufe – Schwerpunkt Personalmanagement und Organisationsentwicklung
Berufliche Tätigkeiten
- Seit 1/2009: Personalentwicklerin der SHT-Gruppe
- 1998 – 2008: Personalentwicklerin im Verbund sowie PEF Consulting