Wie findet man Lösungen? Muss man nur das Problem ordentlich und detailliert analysieren, um zur Lösung zu kommen? „Nein“, meint Prof. Dr. Matthias Varga von Kibéd, „Lösungen sind aus einem anderen Baumaterial als das Problem(gebäude) gemacht.“ – Spannende Einsichten aus der Veranstaltung der Reihe „Die Logik von Lösungen“ des Solution Management Centers vom 4.12.2010.
Matthias Varga von Kibéd, der gemeinsam mit seiner Frau Insa Sparrer die Systemische Strukturaufstellung (SySt®) begründet hat, unternimmt in diesem eintägigen Seminar einen Streifzug durch das Thema „Die Logik von Lösungen“. Virtuos wirbelt er auf humorvolle Art durch die Felder der Systemtheorie, der Lösungsfokussierung, der Philosophie Wittgensteins und der Logik. „Vielen Dank für das inspirierende Erinnern und die vielen neuen Impulse und Zusammenhänge!“ war als Reaktion von Teilnehmern am Ende dieses Tages zu hören.
Welche konkreten Anregungen für den Berufsalltag kann man nun aus diesem Tag mitnehmen? Für mich sind es vor allem zwei Punkte.
- Erstens: Lösungs(er)findung heißt nicht, dass man ein Problemprofi sein muss.
- Zweitens: Bei einem hübschen Dilemma hilft meist das Tetralemma. Aber der Reihe nach…
Die Lösung findet sich nicht im Problem
Die Umsetzung eines Führungskräfteprogrammes bringt nicht den gewünschten Erfolg.
Jetzt startet die Analyse: Warum? Bis ins Detail kann man nun alle Elemente durchforsten und Schwachpunkte identifizieren. Praktischerweise ergeben sich dabei auch oft die „Schuldigen“, was die Stimmung und Motivation im Team in Richtung Lösung gleich hebt. „Die Tatsachen gehören alle zur Aufgabe (zum Problem) und nicht zur Lösung“ sagt Philosoph Wittgenstein. Das heißt, wenn man alle Tatsachen kennt, dann versteht man zwar das Problem besser, nicht aber die Lösung.
Die Ressourcen sind effizienter eingesetzt, wenn man sich Fragen stellt wie: „ An Punkten, wo das Programm schon (einigermaßen) gut funktioniert hat, was war da anders?“ Oder noch stärker ist das Beamen in die Zukunft, das „So-tun-als-ob“: „Unser Führungskräfteprogramm funktioniert jetzt wunderbar. Woran merken wir das – hier in der Zukunft? Was ist anders? Was war für das Gelingen wichtig?“ Mit diesen Fragen löst sich die „Problemhypnose“ auf und Lösungsenergien können wirksam werden.
Die Lösung wächst am Freiraum
Herzliche Gratulation! Jetzt haben Sie nicht nur ein Dilemma sondern ein Tetralemma. Sie stehen vor einer Entscheidung und haben mindestens zwei Alternativen? Sollen Sie jetzt zum Beispiel das Führungskräfteprogramm als fixes Curriculum oder als offene Struktur anlegen? Ein klassisches Dilemma. Ein Tetralemma ist aber nicht die Steigerung dieser Problemsituation sondern ein Lösungsweg. Diese Struktur, die aus der indischen Logik stammt, wurde von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer für die Arbeit in Systemischen Strukturaufstellungen und Coaching adaptiert.
Das Tetralemma erweitert den Möglichkeitsraum bei einem Dilemma und verleiht ganz neue Perspektiven. Und die sind zentral, denn oft löst man ein Problem alleine durch die Änderung der Haltung. Schritt für Schritt durchschreitet man beim Tetralemma-Prozess fünf Positionen oder eben so weit, bis man die Lösung hat.
- Die erste Position ist: Das Eine. Wie ist es, wenn ich die erste Alternative nehme? Was spricht dafür? Was dagegen? Wie geht es mir mit dieser Lösungsmöglichkeit?
- Die zweite Postion: Das Andere. Soweit wie immer – die zwei Pole des Dilemmas.
- Aber dann – die dritte Position: Beides. Was könnte beide Alternativen verbinden? In welcher Form könnten beide Vorteile einfließen? Am ersten Blick häufig undenkbar, öffnen sich beim Reflektieren laut Experten über zwanzig Varianten um „beides“ zu erreichen.
- Die vierte Position: Keines von beiden. Hier geht es um einen Perspektivenwechsel. Worum geht es denn bei dem Problem überhaupt? Wie kam es dazu? Wozu nützt es? Wovor bewahrt es? Wenn man sich mit diesem Problem beschäftigt, was sieht man dann gleichzeitig nicht?
- Wenn all das noch nicht reicht, um die passende Lösung zu finden, dann geht die fünfte Position noch weiter in der Öffnung der Situation. Sie nennt sich: „All das nicht (1.-4.), und selbst das (5.) nicht.“ Eine paradoxe Position, die alles in Frage stellt und sich selbst auch. Damit entsteht eine neue, reifere „Problemlandschaft“ und wie eine Spirale kann daraus das Tetralemma neu beginnen.
Viel Freude und Erfolg beim Ausprobieren wünscht Ihre Sabine Piotrowski.
P.S. Noch ein kleiner Tipp: Überlassen Sie nicht ihrem Kopf die ganze Verantwortung. Hören Sie auch auf Ihren Körper, Ihren „Bauch“ – auch im Beruf. Das macht viele Entscheidungen klarer. Siehe auch Literaturtipp und Veranstaltung (29jni2011) von und mit Gerd Gigerenzer „Bauchentscheidungen“.
Literaturtipps
- Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer: Ganz im Gegenteil – Tetralemma-Arbeit und andere Grundformen Systemischer Strukturaufstellungen, Carl-Auer-Systeme-Verlag , 5. überarbeitete Auflage 2005
- Insa Sparrer: Systemische Strukturaufstellungen, Theorie und Praxis, 2. Auflage, Carl-Auer-Systeme-Verlag, 2009
- Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Bertelsmann, München 2007.
Weitere Veranstaltungen der Reihe „Highlights der Logik von Lösungen“
Die Reihe „Highlights der Logik von Lösungen“ geht weiter mit spannenden Veranstaltungen (je ganztägig, Veranstaltungsort WU Wien), herausragenden Vortragenden und interessantem Netzwerken unter den Teilnehmern:
- 10märz2011: Prof. Otto Scharmer (MIT, USA): „Presencing – Führen von der Zukunft her“
- 29juni2011: Gerd Gigerenzer: „Bauchentscheidungen: Wie nutzt man Intuition und die Intelligenz des Unbewussten in Unternehmen und Wirtschaft“
- 15okt2011: Dr. Gunther Schmidt: „Die Kraft von Problemen für Lösungen nutzen“
Die Veranstaltungen sind einzeln buchbar.
So ticken gute Lösungen.