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Mayerhofer-Trajkovski

Nichts Menschliches ist mir fremd*)

14Jun2011
3 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

HR-Verantwortliche müssen eine Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen erfüllen: Personalbeschaffung, Personalentwicklung, Vergütung oder Strategie oder auch dem Umgang mit unangenehmen Themen. Es stellt sich die Frage: Wie und wo lernen HRler die Interaktion im Zusammenhang „menschlicher“ Themen?

Walter S. – Vorstand in einem internationalen Konzern – wird seit Monaten von einer Mitarbeiterin sexuell belästigt. Sabine K. schreibt ihm anzügliche Briefe, drängt sich im vollbesetzen Aufzug dicht an Herrn S. und terrorisiert ihn am Telefon mit Anrufen und SMS. Walter S. – glücklicher Familienvater – wendet sich in seiner Not an die HR Abteilung. Der HR Vorstand sucht ein klärendes Gespräch mit Frau K. – ohne Erfolg. Frau K. setzt ihre „Belästigungen“ unbeeindruckt fort und wird schlussendlich gekündigt, da Unternehmen solch ein Verhalten nicht dulden können und dürfen.

Der geschilderte Fall stellt die „dunkle“ Seite im Bereich der Personalarbeit dar. Der Tod eines Mitarbeiters, Schicksalsschläge wie Überschwemmungen oder lebensbedrohliche Erkrankungen stellen Mitarbeiter im HR Bereich oft auf eine harte Probe und bringen sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.

Wie und wo lernen HRler die Interaktion im Zusammenhang „menschlicher“ Themen?

 

Vorbilder

Die Formulierung eines Kondolenzbriefes kann man aus „Wie sag ich es richtig“-Büchern lernen, für den Umgang mit dem Vaters eines kürzlich tragisch verstorbenen Mitarbeiters, der die persönlichen Gegenstände seines Sohnes abholt, braucht es neben Fingerspitzengefühl, Takt und Erfahrung im Vorgehen bei solchen Situationen. Hier sind dienstältere Kollegen als Vorbilder gefragt. Zusätzlich wäre ein interner Workshop, der Verhalten in kritischen oder unglücklichen Konstellationen vermittelt bzw. die Möglichkeit zum Austausch bietet, ideal. Im Ernstfall muss Hilfe in Form eines Psychologen angeboten werden, damit der HRler sich mit dem Thema professionell auseinander setzen kann und vor psychischen Schäden bewahrt bleibt.

Neben persönlichen Schicksalen fällt unangemessenes Benehmen am Arbeitsplatz ebenfalls in die Liga der unangenehmen Themen im HR Bereich. Hier gibt es zwar eine Reihe von „Disziplinarmaßnahmen“ die im Einzelfall nach Bedarf zur Anwendung kommen, doch auch hier kommt der Faktor Mensch – wie geht der Mitarbeiter mit der Situation um – zum Tragen. Neben der  mündlichen oder schriftlichen Verwarnung kommen Degradierungen, Beförderungssperren und als letzte Konsequenz die Kündigung zum Einsatz. Frei nach der These: der Überbringer der schlechten Nachricht wird immer geköpft“ kann ein randalierender Mitarbeiter bei der Lösung seines Dienstverhältnisses sogar eine Gefahr für Leib und Leben werden. Fälle von stalkenden Mitarbeitern, anonymen Drohanrufen oder SMS gehörten Gottlob noch nicht zur Tagesordnung von Personalabteilungen, die Zahl solcher Vorfälle ist jedoch nicht unerheblich.

 

Externe Unterstützung

Viele Unternehmen arbeiten mit Beratungsunternehmen zusammen, die Mitarbeitern bei Herausforderungen im Berufs- und Privatleben bestmöglich unterstützen. Der Service steht den Mitarbeitern anonym und kostenlos zur Verfügung (das Unternehmen kommt für die entstandenen Kosten auf). Die Personalabteilung kann, sofern der Mitarbeiter damit einverstanden ist, eine Beratung „anordnen“. Die Felder für diese Handlungsweise reichen vom bereits geschilderten Fall der sexuellen Belästigung über Alkohol- und Drogenprobleme bis hin zu Coachings aus beruflich motivierten Themen.

*) Cicero wandelte Terenz Zitat „Homo sum, humani nil a me alienum puto“ („Ich bin ein Mensch. Ich meine, nichts Menschliches ist mir fremd.“) in „Der Mensch glaubt, nichts Menschliches sei ihm fremd“ um und meinte damit das Verständnis für die Schwächen anderer. Heutige Personalabteilungen werden oft als „lästiges“ Beiwerk in Unternehmen gesehen, als Dienstleister für die Beschaffung von Mitarbeitern, Lohnbüro oder Hüter des Arbeitsrechts. Das Spektrum der Personalarbeit umfasst jedoch weitaus mehr Bereiche und leistet einen wichtigen Beitrag zum seelischen Wohlergehen eines Unternehmens – insbesondere im Verständnis für das Menschliche.

Nichts Menschliches ist mir fremd*)

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