Foto (von links): Walter Reisenzein, Ranjit de Sousa, Hans Pieczara, Michael Hutter
Personalkürzungen sind ein heikles Thema. Für die Mitarbeiter und natürlich für die Personalabteilung. Am 7märz2012 besucht Ranjit de Sousa (Executive Vice President, EMEA bei Lee Hecht Harrison) erstmals das neue Lee Hecht Harrison I DBM Büro in Wien. Ich nutze die Gelegenheit zu einem Interview:
Wie sollen Personalkürzungen idealer Weise kommuniziert werden?
Kommunikation an die Mitarbeiter
Grundsätzlich durch Eigentümer oder Geschäftsführung, denn dieses Thema ist Chefsache! Zunächst werden die Führungskräfte informiert: zeitnah zur Entscheidung und in wertschätzenden Gesprächen. Idealer Weise sind die Vorgesetzten geschult und trainiert, dann läuft es wie folgt ab:
- Mit gründlicher Vorbereitung
- Mit einem persönlichen Gespräch und nicht per Mail, Telefon oder Brief
- Mit klaren, kurzen Botschaften zum Punkt kommen ohne Small Talk, ohne Entschuldigungen
- Mit dem „Aushalten der Emotionen“
- Mit einem Folgetermin ein, zwei Tage später
Kommunikation zu Medien
Ebenfalls zeitnah NACHDEM die Mitarbeiter informiert wurden. Eine vorbereitende Presserklärung und ein Gespräch sind angebracht – abhängig vom Umfang und Größe des Unternehmens und vor allem durch Direktinformation der Austria Presse Agentur. Die Erklärung muss professionell aufgebaut sein (das Wichtigste zuerst, alle detaillierteren Information abgestuft nach Wichtigkeit im Anschluss – damit Journalisten nach Bedarf „hinten“ streichen können).
Wichtig ist auch die Einrichtung EINER Ansprechperson für die Presse für Nachfragen auf höchster Ebene oder durch einen Pressesprecher.
Kommunikation zu den Stakeholdern
- Der Betriebsrat muss innerhalb der gesetzlichen Frist informiert werden.
- Die Lokalpolitiker müssen es zeitnah nach den Mitarbeitern erfahren.
- Die „Verbleibenden“: gemeinsam als Gruppe
- Die Kunden, Lieferanten ev. Banken: durch ein persönliches Informationsschreiben zeitgleich mit der Pressearbeit. In besonders wichtigen Fällen durch ein persönliches Telefonat.
Interview
Wie erhält man sich den Goodwill der abgebauten Mitarbeiter, sodass sie vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Verfügung stehen?
Mittels Hilfe zum Finden eines neuen Jobs wie zB. Outplacement, Bildungskarenz und ev. Arbeitsstiftungen. Aber vor allem indem ich den Betriebsrat vorher involviere und vom Nutzen überzeuge, sodass nicht Golden Handshakes (Geld kauft keinen Job) oder Aufbewahrungs-Job-Center (z.B. Post, Telekom) gebildet werden.
Wie verhindere ich, dass meine Employer Reputation im Markt Schaden erleidet? Wie bleibe ich attraktiv für meine Zielgruppen, wenn gleichzeitig schlechte Nachrichten in den Markt dringen?
Indem ich viel Wert auf das WIE einer Trennung lege, denn meist sind die Betroffenen nicht über den Fakt der Trennung, sondern „wie es gemacht wurde“ verbittert. Zum WIE gehören auch individuelle Lösungen für die einzelnen Betroffenen.
Wie motiviere ich meine Leute, wenn sie durch schmerzhafte Personaleinschnitte verunsichert/demotiviert wurden?
Indem ich sicherstelle, dass die Vorgesetzten präsent sind und dass durch die Geschäftsführung (o.ä.) den Angstgefühlen der Verbleibenden entsprochen wird (Info, Info, Info!).
Mit Kommunikation die angepasst wird an die Situation der Verbleibenden im Veränderungsprozess.
Wie schaffe ich unter solchen Umständen Leistungssteigerungen?
Steigerungen sind nicht immer möglich, es ist oft schon ein Erfolg, die Produktivität aufrecht zu erhalten. Hilfreich ist dabei nicht immer, den besten Mitarbeiter zu behalten, sondern vielleicht den loyalsten (dankbarsten), denn Motivation kommt von innen heraus. Ein gemeinsames Ziel für die Zukunft mit einer „jetzt erst recht“-Stimmung hilft, Motivationsreserven zu generieren. Auch die Neudefinition von Aufgaben, zusammen mit Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen wirken leistungssteigernd, da sie eine Zukunftsinvestition in die Mitarbeiter darstellen.
Interviewpartner: Ranjit De Sousa ist Executive Vice President der EMEA-Staaten bei Lee Hecht Harrison.
Links
- Lee Hecht Harrison: www.lhh.com
- DBM Austria: www.dbmaustria.at
- DBM: www.dbm.com
Mehr leisten mit weniger Personal