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Plädoyer für die Sittlichkeit – ASchG-Novellierung

18Okt2012
3 min
recht

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Einer europaweiten Erhebung zufolge sind 82,4 % in der Arbeit mit komplexen Aufgaben konfrontiert. Die kognitiven Anforderungen nehmen stetig zu.  Darauf reagiert jetzt der Gesetzgeber. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) wird novelliert.

Der ökonomische Druck für unsere Unternehmen und somit auch für deren Mitarbeiter ist in den letzten Jahrzehnten nachweislich größer geworden und  nicht zuletzt um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, fokussiert die Novellierung des ASchG auf psychische Belastungen und Gefährdungen am Arbeitsplatz.

Das Wording in der Novellierung des ASchG wird schärfer und klarer und dient der stärkeren Betonung der Wichtigkeit psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Dadurch soll ein Bewusstseinsbildungsprozess bei den Verantwortlichen in den Betrieben unterstützt werden.

Wird die Novellierung so durchgesetzt, sind Arbeitgeber nun auch verpflichtet die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsorganisation in einer Arbeitsplatzevaluierung zu ermitteln und zu beurteilen. Dafür und für die Festlegung konkreter Maßnahmen sind geeignete Fachleute heranzuziehen. Neben Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern wird gerade im Bereich der psychischen Gefährdungen auf die Bestellung insbesondere von Arbeitspsychologen hingewiesen.

Was ist Arbeitspsychologie?

Die Erhebung, Bewertung und Maßnahmenentwicklung im Bereich psychischer Belastungen erfordert fundiertes, psychologisches Fachwissen. Die Arbeitspsychologie ist eine postgraduelle Ausbildung, welche auf das Vollstudium der Psychologie aufbaut. Zertifizierte Arbeitspsychologen werden von den Berufsverbänden einheitlich nach strengen Qualifikationskriterien in Theorie und Praxis zertifiziert und verfügen über entsprechende Expertise und Erfahrung in diesem Berufsfeld. Arbeitspsychologen machen Vorschläge für Interventionen, die sich an den Kriterien der menschen- und gesundheitsgerechten Arbeits- und Organisationsgestaltung orientieren. Diagnose und Interventionen basieren auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind auf den konkreten betrieblichen Fall bezogen.

Ausgehend von der Risikoeinschätzung und -bewertung ist es möglich herauszufinden, wo die größten Risiken liegen. Einige davon können durch Maßnahmen seitens des Unternehmens vermieden werden. Andere Risiken lassen sich kaum vermeiden. Das Risikoniveau und das Ausmaß können jedoch oft durch  gezielt geplante Maßnahmen positiv beeinflusst werden.

Europaweite Inspektionskampagne der Arbeitsinspektionen

Bereits seit jän2012 läuft eine europaweite Inspektionskampagne in Bezug auf psychosoziale Fragen. Die Arbeitsinspektionen sind instruiert, neben der Gefährdungsbeurteilung insbesondere auch auf die Umsetzung von Maßnahmen zu achten.

Obwohl die durch Stress und andere psychosoziale Risiken bedingten gesundheitlichen Probleme sehr wohl bekannt sind, tun sich offenbar viele Unternehmen mit der Prävention schwer. Gerade einmal 28,2 % der Unternehmen gaben bei der europaweiten ESENER Erhebung an, in den letzten drei Jahren Veränderungen in der Arbeitsorganisation zum Umgang mit psychosozialen Risiken ergriffen zu haben. Damit liegt Österreich zusammen mit Spanien, Griechenland, Italien, Slowenien, Ungarn, Slowakei und Kroatien am unteren Ende der Veränderungsbereitschaft.

Wer sich jetzt fragt, was das Ganze mit „Sittlichkeit“ zu tun hat: Auch dieser Ausdruck ist im ASchG verankert und  soll jetzt durch „Integrität und Würde“ ersetzt werden.

Genau heißt es:
„Arbeitgeber sind verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. […] Arbeitgeber haben die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Integrität und Würde erforderlichen Maßnahmen zu treffen […].“

Aber … sind Integrität & Würde – wie im Auszug des Gesetzestextes erwähnt – nicht selbstverständlich?
Leider nein, denn laut ESENER Studie geben 90 % der befragten Management-Vertreter aus deutschen Betrieben an, sie handeln erst dann, wenn sie dazu gesetzlich verpflichtet seien, wenn sie Druck durch Aufsichtsbehörden oder Interessenvertretungen spüren.

Integrität & Würde also… eigentlich selbstverständlich, oder?

Weitere Informationen

  • http://www.arbeitsinspektion.gv.at/AI/default.htm

Palotay

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Gastautorin: Mag. Manuela Palotay ist zertifizierte Arbeitspsychologin und als Unternehmerin in den Bereichen Persönlichkeitscoaching, Wirtschaftspsychologie, Sportpsychologie und Diagnostik tätig. office@pmplus.atwww.pmplus.at,


Plädoyer für die Sittlichkeit – ASchG-Novellierung

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