Dieser Ansatz gefällt mir: Potenziell sind alle Menschen Spitzenkönner – man muss nur herausfinden, wo sie gerade stehen und ihnen von dort weiterhelfen…“ (leider ist der Satz nicht mir eingefallen, sondern ich fand ihn auf der Webpage von careercenter). Junge Führungskräfte haben schon eine Menge geschafft: sie haben die Führungsebene – wenn auch die unterste – erreicht. Und was nun? Jetzt fängt es erst richtig an und sie benötigen jede Menge Unterstützung.
Experten-Interview
Los geht’s
Mein heutiges Experten-Interview wendet sich an Führungskräfte-Ausbildner mit der Frage: Welche Inhalte / Themen sind für junge Führungskräfte und High Potentials besonders wichtig?
Die erste Annäherung von jungen Führungskräften an die neue Position ist eine besonders spannende Phase. Worin liegen die größten Herausforderungen?
Dr. Clemens Widhalm (Dale Carnegie Austria): Entscheidend ist eine solide Basis für Führungspersönlichkeit. Dazu gehört Selbstvertrauen, Kommunikationsstärke, Gestaltung von tragfähigen Beziehungen, Initiativkraft, Überzeugungskraft, Umsetzungsstärke und Verantwortlichkeit. Damit das optimal funktionieren kann, sind zwei Rahmenbedingungen entscheidend: Einerseits geht es um die Auseinandersetzung mit der eigenen individuellen Persönlichkeit mit ihren Werten, Stärken und auch Schwächen. Andererseits ist es wichtig, diese Grundlagen mit der gewünschten Unternehmenskultur und mit den dort allfällig vorhandenen Leadership Principles zu harmonisieren. So wird es den jungen Führungskräften leichter gemacht, sowohl ihre Authentizität zu bewahren und sich zu entfalten, also auch sich mit der eigenen Organisation voll zu identifizieren, womit die Unternehmenskultur weiter gestärkt wird.
Corinna Ladinig, MBA (CTC-Academy): Führungskräfte sollten über zumindest 1 praktikables Führungsmodell verfügen und Unterschiede in der Führung machen können, da ja auch die Mitarbeiter unterschiedlich sind. Reflexion über die eigenen Stärken und Schwächen sowie ein brauchbares Persönlichkeits-Entwicklungs-Modell sollten vorhanden sein und angewandt werden können. Dabei ist es immer wichtig, dass genügend Selbstreflexionsphasen eingebaut sind und ein permanenter Fremdbild – Selbstbildabgleich erfolgt.
Günther Mathé, MBA (careercenter): Meiner Meinung nach ist für High Potentials die Auseinandersetzung mit dem Thema Führen allgemein von Bedeutung. Was bedeutet Führen? Welche Rolle habe ich als Führungskraft im Vergleich zu meiner früheren Tätigkeit als Mitarbeiter? Wie definiere ich mein Führungsverständnis und was bedeutet das für meine tatsächliche berufliche Praxis? Authentisches Führen ist für mich der Schlüssel zum Erfolg. Sich mit sich selbst und seiner Person zu beschäftigen trägt wesentlich dazu bei eine gute Führungsraft zu werden bzw. zu bleiben. Weiters ist es unabdingbar sich mit Themen wie Mitarbeitergespräche, Kommunikation, Teams, Motivations- und Konfliktmanagement zu beschäftigen, um laufend seine soziale Kompetenz als Führungskraft weiterzuentwickeln und zu festigen.
Danke für das Stichwort, ich greife es gleich auf: Rollen-Verständnis
Mag. Clemens Stieger (GfP Gesellschaft für Personalentwicklung): Es sind nicht die Skills, die für diese Personengruppe im Vordergrund stehen. Es geht im ersten Schritt darum, ein Führungsverständnis zu vermitteln: Was heißt es Führungskraft zu sein? Was heißt es, in Führungsverantwortung zu sein? Wesentlich ist daher, eine „Landkarte“ aufzuspannen, was Führung umfasst und bedeutet, die den Personen Orientierung gibt. Fertigkeiten, die durchaus sinnvoll sind, High Potentials zu vermitteln, drehen sich um Führungsrolle, Selbstführung, Selbstmanagement, Umgang mit Sandwich-Problematik als auch Führung des eigenen Vorgesetzten. Zentraler „Lernhebel“ ist das Nutzen der eigenen Erfahrung als „Geführter“ durch Reflexion der eigenen erlebten Führungsbeziehungen als Quelle für zukünftiges Führungsverhalten. Es geht bei jungen Führungskräften und High Potential um die Vermittlung von zwei Fragen: Vermittlung des „big picture“ von Führung und dem Anspruch von Führung einerseits und die Förderung von sowohl Demut als auch von Zuversicht, Machbarkeit, Lernbarkeit von Führung..
Dr. Wolfgang Reiger (IfM – Institut für Management): Junge und zumeist unerfahrene Führungskräfte suchen oft nach „Vorbildern“ oder Mentoren, die ihnen aus deren Erfahrung die richtigen Tipps geben. Das Umgehen mit der neuen Rolle als Vorgesetzter kann erlernt werden, wenn man es auch will. Klassische Themen wie die Sandwichfunktion zwischen Mitarbeitern und Chefetage sind nach wie vor von großer Bedeutung für die Ausbildung zur guten Führungskraft.
Welche konkreten Themen sind es, die jungen Führungskräften das Leben erleichtern?
Dr. Werner Vogelauer (Trigon-Entwickungsberatung): An erster Stelle soziale Kompetenz (Selbstentwicklung und professioneller Umgang mit anderen Personnen inkl. Konfliktmanagement), Komplexitätsbewältigung, Work Life Balance (insbes. Innere Ruhe und Ambiguitätstoleranz).
Anna Zambelli (Business Circle): Jungen Führungskräften ist es wichtig, ihren Platz in der Organisation zu finden und suchen fürs erste Orientierung. Sie wünschen sich, dass sie durch ihre Kompetenz-, Motivator- und Vorbildrolle wahrgenommen werden. Sie wollen den Umgang mit der neuen Macht lernen und einen aktiven und positiven Beitrag zum Unternehmensergebnis leisten. Sie sind interessiert an praktischen Instrumenten, die ihre Rolle als Führungskraft stärken. Diese kommen aus den Bereichen: Mitarbeiterführung, Kommunikation- und Konfliktkompetenz, Verhandlungssicherheit, Projektmanagement.
Gunhard Keil, MSc (5p Consulting): Das Rollenverständnis und die „echte“ Führungsbereitschaft abklären ist eine der wichtigsten Voraussetzungen. Die Position wollen viele, die Funktion – also die Pflichten – nicht alle. Es fällt nicht jedem leicht, anderen Feedback zu geben, leistungsbezogen zu kritisieren oder auch Personalentscheidungen zu treffen.
Die Gesprächspartner
„Junge Führungskräfte möchten gefördert werden!“
Anna Zambelli Business Circle Dr. Clemens Widhalm Dale Carnegie Austria Mag. Clemens Stieger GfP Günther Mathé, MBA careercenter Corinna Ladinig, MBA CTC Academy OG Gunhard Keil, MSc 5p Consulting GmbH Dr. Wolfgang Reiger IfM – Institut für Management Dr. Werner Vogelauer Trigon-Entwicklungsberatung |