Coaching war immer eine extrem persönliche Sache. Doch es soll nun auch – gemäß unserer internet-geprägten Zeit – online verfügbar sein. Jederzeit & jederorts.
Experten-Interview
Liebe Coaches, könnt ihr das leisten? Wie kann ein Online-Coaching aussehen? Was bringt’s?
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Wie läuft Online-/E-Coaching konkret ab?
Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): In meiner Coachingpraxis gibt es zwei Varianten. Einerseits die Möglichkeit via Email. Hier formuliert der Coachee sein Anliegen und wir treten in einen Email-Schriftverkehr. Zumeist handelt es sich dabei allerdings nicht nur um reines Coaching, es geht auch um Beratung. Die meisten Klienten melden sich und wünschen einen Rat. Wie im persönlichen Coachinggespräch gilt aber auch hier, dass ich mich mit Ratschlägen sehr zurückhalte. Lieber formuliere ich weiterführende Fragen oder gebe die Anleitung für eine Übung, um den Klienten damit neue Perspektiven erkennen zu lassen.
Die andere Möglichkeit ist via Skype direkt miteinander zu sprechen. Hier läuft das Setting nicht viel anders ab, als in einer live Coaching-Sequenz. Man vereinbart einen Termin und erhält eine Coachingeinheit via Computer. Idealerweise natürlich im Videosetting.
In der Praxis verwende ich das Online bzw. E-Coaching zumeist bei Coachees, die ich schon kenne, zB aus einer live Coachingsequenz oder von einem Seminar. Damit stellt dieses Coachingformat für mich eine zusätzliche, zeit- und ortsunabhängige Zusatzleistung dar.
Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Wir starten mit mindestens einer persönlichen Coachingeinheit und schalten 1-2stündige Telefoncoachings – vorzugsweise via skype – dann zwischendurch persönliche Treffen, um kontinuierlich im Prozess bleiben zu können. Somit sparen wir lange Anfahrtszeiten.
Welche Vor- und Nachteile gibt es im Online-/E-Coaching gegenüber face to face Coaching?
Ing. Günter Lukas, MSc (E•S•B•A): E-Coaching bietet eine Reihe von Vorteilen, als größter Vorzug ist sicherlich die Ortsunabhängigkeit zu nennen. Kunden können E-Coaching nahezu von jedem Ort in Anspruch nehmen – Internetzugang vorausgesetzt. Aber auch die Zeitersparnis ist nicht zu vernachlässigen, schließlich entfällt die Zeit für die An- und Abreise zum Coach. Sehr interessant ist auch, dass einige E-Coaching Kunden rückgemeldet haben, dass es ihnen aufgrund der Distanz zum Coach leichter gefallen ist, über schwierige Themen zu sprechen.
Natürlich gibt es beim Einsatz von E-Coaching auch eine Reihe von Nachteilen. Der Aufbau einer Vertrauensbasis zwischen Coach und Kunden ist im E-Coaching sicherlich schwieriger als im face to face Coaching. Es besteht stets das Risiko, dass in der Kommunikation – selbst bei optimaler Audio- und Videoqualität – Informationen verloren gehen (z.B. Mimik, Gestik, etc.). Weiters können jederzeit technische Probleme auftreten, die dann den Coaching-Prozess stören. Darüber hinaus ist auch der Einsatz von Coachingtools beschränkt – sämtliche Methoden die eine Aufstellung im Raum erfordern sind kaum einsetzbar.
Wie geht es den Coachiees mit dem kombinierten Einsatz von face-to face und e-Caochings?
Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Als Ergänzung zum herkömmlichen face-to face Coaching ist das online-Coaching ideal, um für Kunden im Coachingprozess zwischenzeitlich ohne lange Anfahrtswege zur Verfügung stehen zu können. Als Rahmenbedingungen dafür sind fixe Termine mit Uhrzeit zu vereinbaren. Sie sind ad-hoc-Telefonaten im Anlassfall den Vorzug zu geben. Die Unabhängigkeit, Eigenverantwortung und das souveräne Handeln des Coachees ist vom Coach auch während eines on-line Coachingprozesses unbedingt zu wahren/aufrecht zu erhalten.
Wo stößt man mit E-Coaching an Grenzen?
Ing. Günter Lukas, MSc (E•S•B•A): Sind die technischen Voraussetzungen nicht gegeben, sollte man von E-Coaching Abstand nehmen. Das kann z.B. dann sein, wenn die Bandbreite der Internetanbindung keine gute Audio bzw. Videoqualität ermöglicht. Auch eine gewisse Technik-Affinität ist Voraussetzung. Wenn sich der Coaching-Kunde aufgrund einer Abneigung gegen die eingesetzten Technologien schon mit Widerwillen zum Computer setzt, ist E-Coaching nicht sinnvoll.
Können Sie ein Projekt als praktisches Beispiel nennen?
Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Von Oktober 2000 bis April 2001 habe ich mit der Unterstützung des AMS ein großes Onlinecoachingprojekt als Pilotprojekt durchgeführt. Der inhaltliche Schwerpunkt lag auf Karrierecoaching und Bewerbungsunterstützung. Die Leistung war für alle User kostenlos und konnte via Email oder via Chat anonym in Anspruch genommen werden. Im Chat stand Montag bis Freitag in der Zeit von 9.00 bis 17.00 jeweils ein Coach für ein Gespräch zur Verfügung. Eine Email-Antwort erhielten die User spätestens am nächsten Werktag.
1.300 User haben in der Pilotphase dieses Service in Anspruch genommen. Die Hauptzielgruppe waren 20- bis 40Jährige. Die Erfahrungen damit waren äußerst positiv. Hier die wichtigsten Punkte aus der Evaluierung:
- Die Möglichkeit, schnell und problemlos mit jemanden im Chat zu kommunizieren plus die erweiterte Möglichkeit eines Email-Coachings wurde als sehr positiv beurteilt. Vor allem die Ortsungebundenheit des Angebots stellt einen großen Pluspunkt dar.
- Durch die Anonymität gab es keine „Berührungsängste“ . Das Vertrauen der User in die Leistung war auch ohne persönlichen Kontakt gegeben.
- Eine wichtige Voraussetzung der Coaches/Berater war, dass Sie schnell zum Kern der Anliegen kommen mussten (mit entsprechender Gesprächstechnik)
- Es zeigte sich, dass man auch in diesem Medium Empathie gut rüberbringen kann.
- Es gab so gut wie keine unqualifizierten Statements seitens der User, also kein Missbrauch des anonymen Angebots
Die Gesprächspartner
Online-Coaching jederzeit & jederorts
Veronika Aumaier AUMAIER COACHING | CONSULTING GmbH Ing. Günter Lukas, MSc E•S•B•A Mag. Sabine Prohaska seminar consult prohaska |