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Potenzial-Analyse … die Basics

10Jul2013
4 min
potenzialanalyse

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Heute starten wir eine neue HRweb-Serie: Potenzial-Analyse. Jene, die in diesem Thema bereits sattelfest sind, können getrost auf den nächsten Beitrag dieser Reihe warten, denn heute geht es um die Basics: was ist, wie wird, wozu, … und “ wie überzeugen Sie die Zweifler, die meinen, Persönlichkeit könne mit unpersönlichen, standardisierten Methoden nicht gemessen werden?“

Experten-Interview: Potenzial-Analyse … die Basics

Was ist Potenzial-Analyse?

Petra Schulte (USP-D Consulting): Potenzialanalyse ist eine Diagnose darüber, ob Führungskräfte oder Mitarbeiter in ihrer jetzigen Position oder für zukünftige Funktionen Entwicklungspotenzial haben. Es gibt unterschiedliche Messmöglichkeiten. Zum einen sind da Einzelverfahren (wie zum Beispiel 360 Grad Feedback oder Einzelappraisals), zum anderen Gruppenverfahren (wie Assessment oder Development Center), in denen mehrere Teilnehmer der gleichen Zielgruppe durch gleiche Übungen gehen. Die Übungen sind auf ihre jetzigen oder zukünftig möglichen Potenziale und berufliche Anforderungen anhand der Unternehmensleistungskriterien aufgebaut.

Michael Herdlitzka (Inst.f. Soziale Kompetenz): Es ist die psychologisch fundierte Einschätzung besonderer Eignungen und Neigungen.

Mag. Alfred Lackner (Lackner & Kabas): Potenziale sind Anlagen und Talente die in einem bestimmten „leistungsbezogenen Kontext“ (in unserem Fall Beruf) relevant sind. Unternehmen investieren vor allem in die Suche nach Führungspotenzial. Warum? Die Anforderungen die an Spezialisten bzw. Führungskräfte gestellt werden sind sehr unterschiedlich (verschiedene „leistungsbezogene Kontexte“). Der größte Unterschied liegt im Bereich der sozialen Kompetenz. Führungskraft sein bedeutet Spannungen zu managen (gerade in der heutigen Zeit – je weniger Ressourcen, desto mehr Spannungen!), Mitarbeiter zu führen, lenken, leiten, unterstützen und/oder aktivieren und die Interessen des eigenen Teams nach Außen zu vertreten. Im Bereich der Fach- und Aufgabenkompetenz  gibt es in der Regel keine großen Unterschiede. Da die soziale Kompetenz eng mit der „persönlichen Substanz“ eines Menschen verbunden ist, steht dieser Bereich bei der Potenzialanalyse im Fokus.

Was wird gemessen?

Fritz Zehetner (SIZE Prozess®): Gemessen bzw. identifiziert werden die Charakteristika der Persönlichkeit, sowie das Handlungsvermögen (Kompetenzprofil) von Personen und Teams im Zusammenhang mit den spezifischen Anforderungen des Unternehmens.

Jens Neumann MTD (Hartig & Partners): Wir messen vor allem Verhaltensvorlieben des Teilnehmers anhand typischer Anforderungssituationen der Aufgabe. Wir bewerten funktions-  und verhaltensorientiert die Ausprägungen von Erfolgsfaktoren (z.B.: Stressresistenz, Kontaktfähigkeit, Teamverhalten, Ergebnisorientierung etc. ) relativ zu z.B. sehr erfolgreichen Verkäufern, Experten und Führungskräften unterschiedlicher Ebenen – je nach Aufgabenstellung.

Wie überzeugen Sie die Zweifler, die meinen „Persönlichkeit kann mit unpersönlichen, standardisierten Methoden nicht gemessen werden“

Jens Neumann MTD (Hartig & Partners): Deswegen setzen wir auf einen Prozess und nicht auf ein „unpersönliches“ Tool alleine. Die Mischung aus validen Daten unserer IT-gestützten Instrumente einerseits und die menschlichen Eindrücke eines erfahrenen Beraters andererseits macht den Unterschied und gewährleistet höchst mögliche Objektivierung in der Einschätzung von Menschen.

Petra Schulte (USP-D Consulting): Wir messen in erster Instanz Fähigkeiten, bevorzugte Verhaltensweisen, Erfolgsmuster und Misserfolgsmuster. Rollenverständnis gilt als deutlichster Hinweis für Persönlichkeit, es zeigt sich in Verhaltensmustern. Beispielsweise in bevorzugten Führungsstilen oder in bevorzugter sozialer Interaktion. Zweifler lassen sich am ehesten durch eigene Erfahrung überzeugen. Sie lassen sich nur dadurch überzeugen, dass sie selber teilnehmen, ob in der Funktion eines Beobachters oder Teilnehmers.

Fritz Zehetner (SIZE Prozess®): Der leicht verständliche Fragebogen der dazu verwendet wird, wurde hinsichtlich Reliabilität und Validität nach modernsten wissenschaftlichen Methoden von der Universität Linz evaluiert (Stand 2010). Die Gesamtgüte wurde als hoch klassifiziert. Der SIZE Prozess® Fragebogen bezieht sich auf die in Österreich anerkannte und wissenschaftlich abgesicherte Methode der Transaktionsanalyse, die der humanistischen und der Tiefenpsychologie entstammt.

Michael Herdlitzka (Inst.f. Soziale Kompetenz): Mit persönlichen, nicht-standardisierten Methoden auch nicht. Aber bestimmte Neigungen, Tendenzen zu bestimmten Verhaltensweisen sind gut erkennbar und von geschultem und erfahrenen Fachpersonal treffsicher zu interpretieren.

Worin unterscheiden sich Persönlichkeitstests von Potenzial-Analyse?

Mag. Alfred Lackner (Lackner & Kabas): Verschiedene Verfahren können verschiedene Ebenen messen. Der Persönlichkeitstest misst „lediglich“ ein Selbstbild und vergleicht es mit den Selbstbildern der Vergleichspopulation (bei Führungspotenzial eben Führungskräfte). Die Aussage lautet dann: wie unterscheidet sich das Selbstbild einer Person von den Selbstbildern anderer (relevanter Person). Wir stellen das Ergebnis des Persönlichkeitstests einer biographischen Analyse gegenüber. Die biographische Analyse von LACKNER & KABAS geht dem „warum?“ auf die Spur. Vom Schulalter bis zur Jetztzeit werden Situation mit hoher emotionaler Ladung (z.B. Entscheidungssituation, Konfliktsituationen, Krisen, Erfolge – in diesen wird die „Persönlichkeit“ am besten sichtbar) und ihre Verbindung zu Bedürfnisstrukturen untersucht. Als Beispiel: Der Besuch einer HAK kann sehr unterschiedliche Motive haben: „die Freunde gingen auch hin“ (Bedürfnis nach Gemeinschaft), „die Eltern haben bestimmt“ (geringes Bedürfnis nach Eigenbestimmung), wirkliches Interesse bzw. einfach nur Pragmatik („es war die Schule ums Eck“). Bringt das „Leben“ (biographische Analyse) und der Persönlichkeitstest ähnliche Ergebnisse ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dies etwas mit der Person zu tun hat. Gibt es in bestimmten Anforderungsbereichen Abweichungen wird dies in einem tiefenpsychologischen Interview geklärt. Ganz allgemein gilt: in der Personal- und Managementdiagnostik reden wir nicht von „Wahrheiten“ sondern von „Wahrscheinlichkeiten“. Fundierte psychologische Diagnostik auf dem Hintergrund von hoher Praxisrelevanz und Verständnis über die Zusammenhänge im wirtschaftlichen Kontext können die Wahrscheinlichkeit/ Treffsicherheit hoch halten.


Die Gesprächspartner

HRwebMag. Alfred Lackner
Geschäftsführer

LACKNER & KABAS


HRwebFritz Zehetner
Geschäftsführer und Inhaber

SIZE PROZESS®


HRwebJens Neumann MTD
Consultant

Hartig & Partners GmbH


HRwebPetra Schulte
Geschäftsführerin

USP-D Consulting GmbH


HRwebMichael Herdlitzka
Akademischer Unternehmensberater

Institut für Soziale Kompetenz


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