Eine zentrale Kerndimension des Diversity Managements ist der Bereich der Menschen mit Behinderung, auch „Disability Management“ genannt, also die Frage der Inklusion von Menschen mit körperlichen, kognitiven und/oder psychischen Einschränkungen. Während sich viele Unternehmen über dieses Thema (noch) nicht recht drübertrauen, zeigen sich erste positive Tendenzen, wie eine Studie (top-akutell vom 27aug2013) der Jobplattform Career Moves zeigt. Und es gibt erste Vorzeigebeispiele.
Es geht aufwärts – aber wir sind noch nicht angekommen
An der Studie „Chancen-Barometer“ haben sich über 250 Geschäftsführer und Personalverantwortliche beteiligt. Durchgeführt wurde sie von der Jobplattform Career Moves.
Die 2009 gegründete Online Jobinitiative Career Moves unterstützt Unternehmen bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung – zum einen über die Jobbörse, in der Unternehmen ihre Stellen für Menschen mit Behinderung einstellen können, zum anderen auch über eine 360-Grad-Betreuung im Recruiting. Für die Betroffenen selbst ist es die Möglichkeit, sich chancengleich bewerben zu können. Bis 2012 wurden über die Plattform über 3.600 Stellen für Menschen mit Behinderung gepostet.
Erfreulich war in der Studie die Erkenntnis, dass 83% der befragten Unternehmen bereits gute oder sehr gute Erfahrungen mit der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung gemacht haben. Das ist vor allem deshalb so erfreulich, da mehr als drei Viertel der Betriebe in Österreich ihre Beschäftigungpflicht noch nicht erfüllen. Ein echtes positives Signal.
Umso überraschender, dass fast drei Viertel der Befragten die gesetzliche Einstellungspflicht (ein sogenannter „begünstigter Behinderter“ pro 25 Mitarbeitern) als positiv sehen. Bislang war man davon ausgegangen, dass die Unternehmen dieser Regelung eher kritisch gegenüber stehen.
Problem erkannt – aber noch immer zu wenig Information
In Zeiten des Fachkräftemangels gewinnt die Einstellung von Menschen mit Behinderung an Bedeutung. So sehen zwei Drittel in Menschen mit Behinderung eine wichtige Personalressource und erfreuliche 86% können sich eine Einstellung von Menschen mit Behinderung im Betrieb vorstellen.
Allerdings geben auch 60% der Unternehmen an, dass sie sich zu wenig informiert fühlen über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Fördermöglichkeiten. Groß ist das Informationsdefizit vor allem rund um den erhöhten Kündigungsschutz. Dieser wurde ja vor zwei Jahren insoferne verändert, als dass Menschen mit Behinderung in den ersten vier Jahren keinen erhöhten Kündigungsschutz mehr haben. Vielfach herrscht in den Unternehmen aber noch immer die Angst vor, man könne Mitarbeiter, die sich als ungeeignet erweisen, später nicht mehr „los werden.“ Für viele Betriebe, die Menschen mit Behinderung einstellen, war daher die Lockerung des Kündigungsschutzes ein wesentliches Kriterium für die Einstellung.
Um diesem Informationsdefizit entgegenzuwirken, bietet Career Moves übrigens ein Service-Center für Unternehmen. Innerhalb von 48 Stunden werden dort alle Fragen rund um die Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung beantwortet.
Wer ist eigentlich „behindert?“
Spricht man in Österreich Unternehmen von Menschen mit Behinderung, so sind – wie es im Behinderteneinstellungsgesetz heißt – meist die sogenannten „begünstigten Behinderten“ gemeint. Also jene, die bei ihrer Einstellung besonders gefördert sind, einen nachgewiesenen Grad von 50% Behinderung oder mehr haben und die für die Einstellungsverpflichtung daher relevant sind.
Die WHO geht in ihrer Definition von Behinderung weit darüber hinaus. Hierbei geht es nicht nur um körperliche Defizite, sondern auch um die Beeinträchtigung bei Aktivitäten oder der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Umwelt. Unternehmen, die es sich auf die Fahnen heften, Diversity Management zu betreiben, sollten sich diese Betrachtung zu Herzen nehmen, denn auch für Menschen mit Allergien, Unverträglichkeiten, Diabetes, Sehschwäche, Leseschwäche, chronischen Erkrankungen etc. gilt es die entsprechenden Rahmenbedingungen im Betrieb bereit zu stellen.
Das Potenzial für die Wirtschaft, die häufig über den Mangel an Kräften klagt, ist größer, als man meinen möchte. Rund 8% der Bevölkerung zwischen 16 und 64 Jahren, oder über 630.000 in absoluten Zahlen, weisen eine Behinderung auf. Der Wirtschaft entgehen dadurch aber nicht nur wertvolle Arbeitskräfte, sondern auch potenzielle Kunden, denn immer noch können mangels Barrierefreiheit und fehlender Angebote viele Produkte und Dienstleistungen von Menschen mit Behinderung gar nicht in Anspruch genommen werden!
Mit gutem Beispiel voran
Nachdenklich sollte stimmen, dass 92% der Unternehmen noch deutlichen Nachholbedarf bei der Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung sehen. Wesentlich für den Erfolg eines guten Diversity Managements und einer guten Inklusion von Menschen mit Behinderung ist die Integration in die Grundsätze des Unternehmens. Das Thema Menschen mit Behinderung findet sich aber nur bei etwa einem Fünftel aller Unternehmen auch im CSR Leitbild, so die Ergebnisse des Chancen-Barometers.
Ein Unternehmen, das das erfolgreich vorgezeigt hat, ist das Unternehmen SIMACEK Facility Group. Die gesellschaftliche und soziale Verantwortung ist dem Unternehmen seit Jahren ein Anliegen und so konnten schon zahlreiche Projekte in den unterschiedlichen Dimensionen umgesetzt werden, darunter ein Sprachenprojekt für Mitarbeiter mit nicht-deutscher Muttersprache, die betriebliche Sozialarbeit oder aber die Erarbeitung eines Code of Conduct, der auch in leicht lesbarer Sprache verfügbar ist und einen internen Kommunikationsprozess von drei Jahren vorsieht.
Beginnend im Jahr 2011 hat man sich dem Thema „Disability Management“ zugewandt, mit dem Ziel künftig nicht nur alle Einstellungserfordernisse zu erfüllen, sondern aktiv Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu anzubieten und diese im Betrieb voll zu inkludieren.
Gemeinsam mit dem Unternehmen crosslink hat SIMACEK ein komplettes Disability Modell entwickelt, das die Auswahl, die Arbeitsbegleitung in der Einarbeitungszeit, die laufende Bedarfsintervention, Sicherheits-Evaluierungen und den Einsatz einer Behinderten-Vertrauensperson beinhaltet. Im Vorfeld wurde alles daran gesetzt, auch innerhalb der Belegschaft die Mitarbeiter entsprechend zu beteiligen und vorzubereiten. Mittelfristig will SIMACEK 50 bis 70 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bereitstellen, bereits im ersten Jahr konnten 12 neue Kollegen mit Behinderung ihren Dienst antreten.
Auch die Kunden, in deren Gebäuden die Mitarbeiter von SIMACEK eingesetzt werden, wurden in den Prozess miteinbezogen. Damit ist das Projekt auch Vorbild für andere Dienstleistungsunternehmen.
Verantwortungsvolle Unternehmen denken weiter
Die Einstellung von Menschen mit Behinderung ist ein zentrales Thema für verantwortungsbewusste Unternehmen geworden. Initiativen wie Career Moves oder CEOs on Wheels unterstützen heute professionell Unternehmen, sich diesem Thema zuzuwenden und informieren über notwendige Rahmenbedingungen und entsprechende Fördermöglichkeiten. Zahlreiche große Unternehmen sind bereits Partner dieser Organisationen und setzen damit ein Zeichen, dass es höchste Zeit ist, Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft gleiche Chancen und völlige Inklusion zu bieten. Das ermöglicht nicht nur den Zugang zu einem neuen Arbeitskräfte- und Kundenpotenzial, sondern fördert auch eine offene, partnerschaftliche Unternehmenskultur, von der nicht nur die Mitarbeiter profitieren, sondern die sich auch für die Unternehmen in positiven Ergebnissen niederschlägt.
Zum Nachlesen
- Career Moves – www.careermoves.at
- CEOs on Wheels – www.ceosonwheels.at
- SIMACEK Facility Group – CSR Projekte unter – www.simacek.com
- Presseinformation zu den Ergebnissen des „Chancen-Barometers“
- BMASK – Menschen mit Behinderung „Nationaler Aktionplan Behinderung 2012-2020 in Leichter-Lesen Version (LL)“ http://www.bmask.gv.at/site/Soziales/Menschen_mit_Behinderungen/
- Nationaler Aktionplan Behinderung 2012-2020
MitarbeiterInnen mit Behinderung – es geht aufwärts!