Veranstaltungs-Bericht
Hernstein Symposium „Gesund führen“, Hernstein, 7nov2013, Wien
Termindruck. Dauernde Unterbrechung der Arbeit. Ständige Um- und Restrukturierungen. Schnell arbeiten. Viele Arbeiten zugleich. Bloß nicht krank werden. Abends noch schnell die beruflichen E-Mails checken … Und, spüren Sie es auch? Wie sich ihr Puls verändert, Unwohlsein und psychischer Druck im Körper ausbreitet? Dann herzlich Willkommen mitten im Jahresthema des Hernstein Instituts für Management und Leadership zu „Gesund führen – Modeerscheinung oder Erfolgsfaktor?“
Dazu lud das Hernstein Institut am 7nov2013 zum Symposium. eben dem Experten Univ.-Prof. Dr. Jörg Felfe (Institut für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg) konnte man bei 8 weiteren Unternehmens-Experten aus den unterschiedlichsten Branchen einen der 6 Workshops besuchen.
Zusammenspiel Führungsstil & MA-Gesundheit
Befragungen unter Mitarbeitern zeigen den Zusammenhang deutlich auf: Wird die Führungskompetenz negativ wahrgenommen, so ist auch das Stresserleben der Mitarbeiter signifikant hoch – und vice versa.
Was sind sonst noch typische Merkmale, woran Führungskräfte ein gesundes Team erkennen können? Überraschend: 59% geben an, dass sie es an einer guten Kommunikationskultur erkennen gefolgt von geringen Krankenstandstagen mit 51 % (hernsteiner mangagement information 03/13). Und eigentlich ist es zugleich aber auch nicht verwunderlich, findet doch Führung vorrangig über Kommunikation statt.
Univ.-Prof. Dr. Jörg Felfe arbeitet vier Einflussfaktoren auf Führungsebene heraus:
- Führungskräfte sind selbst Risken und Belastungen wie Zeitdruck, Überstunden usw. ausgesetzt. Es bleibt zu wenig Support für die eigenen Mitarbeiter und die Prioritätensetzung.
- Führung wirkt im Kontakt: Lob, Anerkennung und Offenheit sowie auf der anderen Seite Abwertung, verletzende Kritik oder autoritärer Führungsstil wirken sich unmittelbar auf die Mitarbeiter aus.
- Führung beeinflusst die Arbeitsbedingungen (z.B. Ressourcen, neben Neuerungen auch Altes loswerden)
- Führung wirkt als Vorbild: „Wer andere führt, muss sich selbst führen können“, so Jörg Felfe wörtlich. Wie steht es um die eigene Führung? Sind Sie glaubwürdig? Sind Sie als Führungskraft achtsam mit Ihrer Gesundheit und Ihren beruflichen Belastungen?
Paradigmenwechsel: psychische Belastung
Mehrfach wurden die wachsenden psychischen Belastungen am Arbeitsplatz und deren Auswirkungen (volkswirtschaftlich, wirtschaftlich, persönlich) diskutiert. Im Besonderen wird von Unternehmensseite die aktuelle Novelle des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG) aufgeworfen, wonach nun die Verpflichtung zur Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz seit 1jan2013 steht (siehe auch die HRweb-Beiträge Mit Psychologen per Gesetz gegen Burn-out vorgehen, Plädoyer für die Sittlichkeit – ASchG-Novellierung und Burn-out Prävention per Gesetz?).
Gedankenansätze
Top-Down: Klares Bekenntnis vom Top-Management
Freilich ohne ein klares Bekenntnis (Auftrag) „von oben“ bleibt Gesundheitsmanagement in den Kinderschuhen stecken oder läuft Gefahr mit der nächsten Unternehmensherausforderung gekippt zu werden. Also …
Was bringt’s? Gefordert sind (auch) Hard Facts!
Gerade auf oberster Managementebene braucht es neben Opinion-Leadern für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) auch (oft) betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnungen. Daher: Sammeln Sie Daten! Analysieren Sie! Lassen Sie Zahlen sprechen und machen Sie daraus Kennzahlen! Ansätze dazu könnten sein:
- Krankheits-, Unfalls-, Ausfalls- und Schadensstatistiken (v.a. in Produktionsbetrieben)
- Return on Investment (ROI): wieviel bringt € 1 Investition in das BGM?
- Produktivitätsverlust: Welche Kosten verursacht es dem Unternehmen, wenn Mitarbeiter dauerhaften hohen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt sind?
Bottom-Up: Mitarbeitereinbindung und Führungskräfteentwicklung als Erfolgsgaranten
„Etwa 90 % der vorgeschlagenen Maßnahmen der Mitarbeiter können umgesetzt werden“ so die Expertin für betriebliches Demografie- und Gesundheitsmanagement Dr. Astrid Rimbach. Was bedeutet das? Ihre Mitarbeiter sind DIE Experten für ihren eigenen Arbeitsplatz! Fragen Sie deshalb Ihre Mitarbeiter, was ihre Arbeitsbelastungen reduzieren würde (z.B. Erhebungen persönlich oder im Survey). Meist können daraus sehr einfache (und auch kostengünstige) Maßnahmen abgeleitet werden. Und der Mehrwert solcher Maßnahmen, laut einem Unternehmensvertreter: Sie forcieren die Feedbackkultur und es werden Eigeninitiativen von der „Basis“ aus gestartet (z.B. Laufzirkel, statt Rauchpause eine Bewegungspause).
Mehrfach wurde ein Plädoyer für gesundheitsförderliche Führung gehalten. Bedarf für Führungskräfteentwicklung wurde daher (wieder einmal) mehrfach geortet. Denn eine gute Führung ist auch eine gesunde Führung.
Erfolgsaussagen für Betriebliches Gesundheitsmanagement aus dem Symposium
- Leistung(sfähigkeit) braucht Gesundheit und Gesundheitsmanagement ist das Rüstzeug für Leistungsunternehmen!
- Machen Sie das Gesundheitsmanagement zu ihrem USP!
- Nehmen Sie die Profession Führen ernst!
- Partizipation: Machen Sie Betroffene zu Beteiligten!
- Geben Sie Lob und Anerkennung!
- Psychische Krankheit = Kostenfaktor! Psychische Gesundheit = Erfolgsfaktor!
Ist Gesundheit nun eine Modeerscheinung oder ein Erfolgsfaktor?
Darauf gab es keine eindeutige Antwort. Um es mit Univ.-Prof. Dr. Jörg Felfe zu sagen: „Nutzen wir doch die Mode um nachhaltigen Erfolg zu erreichen!“
Persönliches Fazit
Eine äußerst gelungene Veranstaltung, hochqualitativ, die Zielgruppe ist klar auf „Führungskräfte“ fokussiert, definitiv empfehlenswert!
Infolinks zu Veranstaltungen und zum Nachlesen:
https://www.hernstein.at/Wissenswert/Praxisforschung/Gesund-fuehren/
Gast-Autorin: Mag. Lydia Mairhofer ist Personalentwicklerin mit Schwerpunkt Konzeption, Einführung und Begleitung von PE-Maßnahmen. Sie war langjährig als Beraterin im Schnittstellenbereich Arbeitsmarkt – Qualifikationsentwicklungen – Aus- und Weiterbildungen sowie in der Erwachsenenbildung im Recruiting und Projekt- und Portfoliomanagement tätig. Sie studierte Soziologie mit Schwerpunkt Organisationsentwicklung und ist ausgebildete systemische Coach sowie Personal- und Organisationsentwicklerin.
Gesund führen – Modeerscheinung oder Erfolgsfaktor?