Generationsunterschiede in der Mitarbeiterführung existieren zweifelsohne. Das gab es schon immer. Jetzt aber wird ein Riesen-Hype darum gemacht: „Wie führt man junge Mitarbeiter einer ach so anderen – weil jungen & neuen – Generation?“ Wo bleiben bei all dieser Mitarbeiterführungs-Diskussion die „normalen“ Mitarbeiter – werden sie außer Acht gelassen?Wie möchten denn die nicht-Millennials, die Nicht-generalisierte-Generation, die reifen & erfahrenen Mitarbeiter geführt werden?
Es wird ausreichend diskutiert, wie Mitarbeiterführung für die Generation Y aussehen soll. Und: wie verhält sich eine Führungskraft adäquat gegenüber Millennials? Neuerdings will auch die Generation Z angemessen geführt werden. Darüber wird viel diskutiert und ist heute nicht unser Thema.
Daher frage ich heute mal anders herum: Mitarbeiterführung durch junge Führungskräfte, Mitarbeiterführung für reife Mitarbeiter, Mitarbeiterführung als Erfolgsfaktor:
Experten-Interview
Mitarbeiterführung der reiferen Generation
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Wie führt man Mitarbeiter 30+? Na, das mag vielleicht noch nicht so herausfordernd sein. Was ist mit jenen 50+ oder 60+, die ja immer noch ein paar Jährchen Arbeit vor sich haben?
Günther Mathé, MBA (careercenter):
Unterscheiden sich Mitarbeiterführung & Führungsstil hinsichtlich des Alters des Mitarbeiters?
Den einen Führungsstil gibt es nicht – je nach Mitarbeiter und Situation führen verschiedene Führungstechniken und -instrumente zum Erfolg. Mitarbeiter unterscheiden sich in ihren Charakteren, ihren Erfahrungen und Kompetenzen, ihrer Leistungsbereitschaft und natürlich auch in ihrem Alter. Entsprechend flexibel sollte das Führungsverhalten einer guten Führungskraft sein.
In wie fern soll sich das Führungsverhalten unterscheiden?
Ältere Mitarbeiter haben meist andere Wertvorstellungen und werden von anderen Dingen motiviert als jüngere Mitarbeiter. Für viele Menschen ist zudem Veränderung nichts Positives und macht ihnen Angst. Gerade bei älteren Mitarbeitern heißt es oft ‚das haben wir schon 30 Jahre so gemacht, warum soll ich das jetzt anders machen?‘ Bei der Durchführung von Veränderungen in Unternehmen ist deshalb mehr Fingerspitzengefühl gefragt.
Geht ihre FK-Ausbildung darauf ein?
Bei uns legen wir den Schwerpunkt vor allem auf die Entwicklung und Stärkung der eigenen Führungspersönlichkeit. Durch praktisches Üben, Erfahrungsaustausch und Werkzeuge zur Mitarbeiterführung versuchen wir, die Führungskraft auf die Herausforderungen im beruflichen Alltag vorzubereiten bzw. sie zu unterstützen. Auch bieten wir auf Wunsch Coaches an, die Führungskräfte individuell und langfristig betreuen.
Christoph Stieg (perfact training):
Unterscheiden sich Mitarbeiterführung & Führungsstil hinsichtlich des Alters des Mitarbeiters
Ja, viele Führungskräfte führen je nach Alter der Mitarbeiters anders. Das Motiv liegt meist in verschiedenen (Vor-)Urteilen begründet. Ich rate davon ab, „altersabhängig“ zu führen. Wer den situativen Führungsstil wirksam anwenden kann, der gewinnt in jedem Alter.
Was bedeutet „situativ führen“ konkret?
Situativ führen heißt, je nach Situation, je nach Aufgabe, je nach Kenntnissen und Fähigkeiten des Mitarbeiters eher dirigierend und trainierend oder tendenziell beratend oder delegierend zu führen.
Geht ihre FK-Ausbildung darauf ein
Ja, unsere Führungskräfte-Curricula gehen anhand der praktischen Fälle der Teilnehmer direkt darauf ein, indem wir aufzeigen, wie man 52-jährige genauso wirksam führen kann wie 24-jährige Menschen.
Mag. Eva-Maria Ayberk (Hernstein):
Wie unterscheiden sich Mitarbeiterführung & Führungsstil hinsichtlich des Alters des Mitarbeiters?
Wenn wir hier von Altersgruppen sprechen, sollen keinesfalls Stereotypen bedient werden. Altersgruppierungen geben lediglich Orientierung, da damit meist ähnliche Karrierephasen einhergehen. So korrespondiert Alter meist mit einem höheren Erfahrungsgrad. Jüngere, unerfahrenere Mitarbeiter brauchen oft noch mehr Orientierung und Führung, erfahrene Senior Experten wünschen sich mehr Gestaltungsspielraum. Eine zu direktive, enge Führung wirkt sich da meist negativ auf Motivation und Leistung aus. Jedoch nochmals die Warnung: Alter alleine rechtfertigt noch keinen bestimmten Führungsstil. Auch wenn gleiche Altersgruppen gewisse Übereinstimmungen in ihrer Wertehaltung und Verhalten zeigen. Eine gute Führungskraft verfügt über mehrere Führungsstile, die sie angepasst an die jeweilige Person, Aufgabe und Situation einsetzen kann. Wenn nun das Alter eines Mitarbeiters in einer bestimmten Situation gerade eine Rolle spielt, dann soll die Führungskraft in der Lage sein, den passenden Führungsstil anzuwenden, aber eben nicht schon vorweggenommen pauschalierend.
Wie geht ihre FK-Ausbildung darauf ein?
Wir fordern von unseren Teilnehmern Selbstverantwortung, wir holen sie aus der Komfortzone und lassen sie konsequent an ihren Praxisfällen arbeiten. Nur durch Überprüfung ihrer Haltung können Führungskräfte beständige Verhaltensänderung bewirken. Wir vermitteln nicht einfach allgemeine Führungstheorien und -ansätze, sondern unterstützen Führungskräfte auf ihrem Weg zur Führungspersönlichkeit. Gerade für junge Führungskräfte ist das besonders wichtig. Der Übergang vom Mitarbeiter zur Führungskraft, das Führen von älteren, erfahreneren Mitarbeitern, das Agieren in komplexen Situationen. All das sind Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Daher fließen bei uns Training, Beratung und Coaching in einem einmaligen Konzept ineinander.
Veronika Aumaier (AUMAIER COACHING I CONSULTING):
In wie fern unterscheiden sich Mitarbeiterführung & Führungsstil hinsichtlich des Alters des Mitarbeiters?
Aus meiner Sicht unterscheidet sich der Führungsstil nicht unbedingt hinsichtlich des Alters, sondern eher hinsichtlich Wissen/Erfahrung, Reife, Sozialverhalten. Wenn die Lebensjahre für die eigene Entwicklung (fachlich und persönlich) gut genutzt wurden, dann agiert man selbständiger, eigenverantwortlicher, umsichtiger, erfahrener – und dies erlaubt einen Führungsstil, der Freiraum lässt du Eigeninitiative fördert. Während sehr unerfahrene/unreife Mitarbeiter Struktur und Anweisung benötigen, also autoritärer geführt werden müssen.
Geht ihre FK-Ausbildung ein darauf?
In unsere Führungskräftecoachings/-workshops gehen wir intensiv auf Führungsstile und deren Auswirkungen ein. Die Komplexität in der Mitarbeiterführung liegt aus unserer Sicht darin, adäquat auf den jeweiligen Mitarbeiter und auf die jeweilige Situation reagieren zu können. Dies bedingt, sich selbst und seine Ausdrucksmöglichkeiten gut zu kennen, exzellent Kontakte aufbauen zu können und Beziehungen nachhaltig unterhalten zu können. Klarheit punkto Ziele und Strategien entwickeln zu können und diese in geeigneter Form zur Orientierung kommunizieren zu können runden die Ausbildung ab.
Dies braucht aus unserer Erfahrung nach, Wissen punkto Managementaufgaben und Leadershipaufgaben und Training und Reflexion in der Anwendung dieses Wissens. Außerdem, braucht es unserer Erfahrung nach verstärkt ausreichende Bereitschaft zur Persönlichkeitsentwicklung,mit dem Ziel: authentisch und souverän auftreten zu können. Heutzutage erhält eine Führungskraft den Respekt und die Akzeptanz der Mitarbeiter vor allem über den entsprechend persönlichen Führungsauftritt.
Junge Führungskräfte
Je älter der Mitarbeiter, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Führungskraft im Vergleich jünger ist.
Wie sollen / können junge Führungskräfte ein Team aus älteren Mitarbeitern führen?
… aus Mitarbeiter-Sicht
Mag. Eva-Maria Ayberk (Hernstein): Die Entwicklung geht dahin, dass sich Mitarbeiter selbst entscheiden, wem sie folgen und wem nicht. Folgen werden sie vor allem jenen, die sich selbst führen. Dabei geht es nicht nur um das klassische Selbstmanagement, sondern darum, sein Fühlen, Denken und Handeln zielorientiert zu steuern, bewusst zu verändern und weiterzuentwickeln. Die Steuerung von Emotionen, v.a. das Bewusstmachen der eigenen Stimmung ist noch vollkommen unterbewertet in der Führung. Gerade jüngere und noch unerfahrene Führungskraft fällt es daher schwerer, diese Haltung und Einsicht in ihrem Führungsverhalten umzusetzen. Das könnten dann ältere, erfahrene Mitarbeiter als gewisse Unreife interpretieren könnten.
Veronika Aumaier (AUMAIER COACHING I CONSULTING): Anerkennung und Wertschätzung der Seniorität und Erfahrung.
Günther Mathé, MBA (careercenter): Wichtige Voraussetzungen dafür sind meiner Meinung nach Kongruenz, Vertrauen und gegenseitiger Respekt. Ein junger Vorgesetzter, der seine Stärken, aber auch seine Schwächen kennt, der offen auf seine Mitarbeiter zugeht und sich nicht scheut, auch mal um Rat zu fragen, wird sicher auch von den älteren Mitarbeitern in seiner Rolle als Führungskraft anerkannt und tatkräftig im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt.
… aus Sicht der jungen Führungskraft?
Veronika Aumaier (AUMAIER COACHING I CONSULTING): „Zutrauen“ und „Vertrauen“ von Seiten der Führungskraft in die Fähigkeiten der Mitarbeiter. Klar Ziele und Erwartungshaltungen kommunizieren und Freiraum zur Umsetzung geben.
Günther Mathé, MBA (careercenter): Jungen Führungskräften empfehle ich grundsätzlich mit Selbstbewusstsein und -sicherheit jedoch auf alle Fälle authentisch aufzutreten. Die Erfahrung, die Meinung und das Know How der älteren Mitarbeiter zu schätzen und auch einfordern, um sie von sich aus in Prozesse aktiv einzubinden. Und einen wertschätzender und wohlwollender Umgang miteinander zu pflegen.
Mag. Eva-Maria Ayberk (Hernstein): Mehr Vernetzung, weniger Hierarchie. Führungskräfte werden mehr zum Ermöglicher und sollen daher die Wirkungsweisen von sozialen Systemen kennen. Inspirieren statt Verwalten, Sinn stiften, Sicherheit geben, Veränderungen ermöglichen, Innovation zulassen. Das fordert Führungskräfte heraus und stellt neue Anforderungen an ihr Führungsverständnis. Gerade junge Führungskräfte bringen da einen anderen Zugang mit, da sie mit einem anderen Selbstverständnis von Selbstentfaltung und Vernetzung auf.
Das Thema Erhalt der Leistungsfähigkeit, sowohl auf die eigene Gesundheit als auch auf die des Teams und des gesamten Unternehmens bezogen, ist eine immer wichtigere Anforderung an Führungskräfte, gerade wenn sie auch ältere Mitarbeiter führen. Zu erkennen, was gesund erhält und was krank macht, und darauf die Führung auszurichten, gewinnt an Bedeutung – weil es die Produktivität und damit den Erfolg eines Unternehmens maßgeblich beeinflusst und einen wichtigen Beitrag leistet.
Einstellung als Einflussfaktor
Was hat den größten Einfluss auf die Führungswirkung, ungeachtet des Alters?
Christoph Stieg (perfact training): Ein ganz bedeutender Faktor ist, wie die Führungskraft über den Mitarbeiter denkt. Ich habe schon viele Beispiele erlebt, wo Führungskräfte über einen Mitarbeiter gesagt haben „Der will nicht mehr, sitzt nur noch seine Zeit ab.“ Und wir haben gefragt „Wussten Sie das schon immer? Hat man Ihnen das schon erzählt, als Sie in diese Position kamen?“ und wenn ja „Haben Sie es je ernsthaft probiert?“ meist Nein, … und viele Führungskräfte, die es dann doch ernsthaft versucht haben, waren erfolgreich und haben diesen Menschen, der bereits „als innerlich pensioniert“ abgestempelt war, zu neuem Arbeitseifer und beruflichem Leben erweckt.
Die Gesprächspartner
Mitarbeiterführung | Das Thema „Millennials“ von hinten aufgezäumt
perfact training GmbH Veronika Aumaier, MAS, MSc AUMAIER COACHING I CONSULTING GMBH Günther Mathé, MBA careercenter Mag. Eva-Maria Ayberk Hernstein Institut für Management und Leadership |