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Führungsstile – Mitarbeiter-zentriert? Führungskraft-orientiert! Unternehmens-Ziel-fokussiert.

10Sep2014
7 min
fk_fuehrungskraefteentwicklung

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Führung an den Reifegrad des Mitarbeiters angepasst. Ist sie in der Realisät meist nicht vielmehr an den Reifegrad der Führungskraft angepasst? Klarer formuliert: Sind Führungsstile nicht eher Personen-immanent? Jede Führungskraft hat ihre eigenen Qualitäten und Eigenschaften. Ein 100%iges Führen nach Mitarbeiter-Reifegrad würde – theoretisch – ein einheitliches Führungsbild für Mitarbeiter M. ergeben. Gleichgültig ob es sich um die ehemalige Führungskraft F. oder die aktuelle Führungskraft G. handelt.

 

Interview

Ich vermute mal ganz grob: ganz so mitarbeiter-fokussiert kann Mitarbeiterführung nie sein. Die Frage ist aber nicht so sehr, ob sie so Mitarbeiter-orientiert sein KANN, sondern ganz grundlegend: ob sie es sein SOLL.

Was ist in Führungskräfte-Ausbildungen State of the Art: Mitarbeiter-zentrierte Führungsstile oder Führungskraft-zentrierte Führungsstile?

DI Dr. Clemens Widhalm (Dale Carnegie Austria): Führung ist auf das Unternehmensziel bzw. das Ziel der Organisationseinheit ausgerichtet. Zur Erreichung dieser Ziele sorgt eine gute Führungskraft dafür, dass die vorhandenen Mitarbeiter und ihre Ressourcen optimal entwickelt und eingesetzt werden. In diesem Kontext ist der Fokus auf Mitarbeiter-Reifegrad teilweise sinnvoll, aber nicht ausreichend. Führungskraft-zentrierter Führungsstil hingegen hat zwar möglicherweise etwas mit Selbstführung zu tun, jedoch sicherlich nichts mit Unternehmens- oder Menschenführung. State of the Art sollte es sein, dass Führungskräfte im Kontext der unternehmerischen Ziele ehrliches Interesse an ihren Mitarbeitern entwickeln – und zwar als wertvolle Menschen mit nützlichen Ressourcen.

Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Wie so oft in unserer heutigen Zeit: ein sowohl – als auch.
Einerseits: Jede Führungskraft hat eine individuelle Persönlichkeit, basierend auf einem individuellem Wertesystem mit individuellen Stärken und Schwächen. Das gibt einen ganz persönlichen Führungsstil, einen persönlichen Mix aus Sachorientierung, Beziehungsorientierung und ICH-Orientierung. Wesentlich ist, sich seiner Persönlichkeit im eingangs beschriebenen Umfang bewusst zu sein und eine persönliche Balance von Sach-/Beziehungs-/ICH Orientierung zu finden. Das ist eine sate-of-the-art Entwicklungsarbeit, die bewusst und am besten unter Coachinganleitung von jeder einzelnehmen Führungskraft vorzunehmen ist, um die entsprechenden Verhaltensweisen authentische zeigen zu können:
Einfaches Beispiel: Wie weise ich klar, knapp, präzise an (ohne die entsprechende wertschätzende Haltung zu verlieren). Wie schaffe ich es, mit jedem einen guten Kontakt herzustellen und eine tragfähige Beziehung aufzubauen (ohne ins kumpelhafte, freundschaftliche zu verfallen). Wann und wie lasse ich los, vertraue, traue zu, um Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu fordern/fördern.
Andererseits habe ich als Führungskraft um die einzelnen Persönlichkeiten und ihre Talente und Fähigkeiten im Team zu wissen. Ich habe sie zu erkennen und zu beurteilen, um jedes Teammitglied in jeder Situation adäquat unterstützen und adäquat begegnen zu können.
Beispielsweise: Wer braucht inhaltliche Unterstützung und wie viel? Wer braucht feed back für Verhaltensänderungen und wie verankere ich das beim Betroffenen nachhaltig, sodass eine gewünschte Verhaltensänderung gezeigt wird? Wer braucht Freiraum und Vertrauen, um in der Lage zu sein Eigenverantwortung zu übernehmen und wie genau mache ich das dann mit der „Kontolle“?

Mag. Eva-Maria Ayberk (Hernstein): Eine gelungene Mischung aus beidem. Wichtig ist, Führungskräften die verschiedenen Führungsstile klar zu verdeutlichen, sodass je nach Situation die Wahl des passenden Führungsstils gelingen kann. Ein einheitliches Führungsbild für einen Mitarbeiter, das rein auf den Reifungsgrad eines Mitarbeiters abzielt, kann nur in der Theorie bestehen und zeigt die Diskrepanz auf, die sich auftut, wenn nur ein Modell zum Tragen kommt. Führung im 21. Jahrhundert braucht einen ausausgewogenen Mix von Mitarbeiter-zentrierten und Führungskraft-zentrierten Führungsstil.
Ein faires und achtsames Verhalten den Mitarbeitern gegenüber und eine Atmosphäre, die von offener Kommunikation und gegenseitigem Respekt geprägt ist, stärken Engagement und Leistungsbereitschaft. Darauf zielt Mindful Leadership ab. Achtsam gegenüber sich selbst und den anderen. Führungskräfte brauchen ein Bewusstsein für den eigenen Gestaltungsraum, als auch über die eigene Vorbildwirkung, die sie als Führungskraft auf ihre Umgebung haben.

Mag. Wolfgang Grilz, MSc (Trigon): Führung benötigt Akzeptanz – oder wenn Sie so wollen Autorität – und es wird nicht leichter, diese Autorität bei den Mitarbeitern zu erhalten. Mit Hilfe der bloßen Funktion als Vorgesetzter ist es immer weniger möglich, das Handeln von Mitarbeitern zu beeinflussen. Hierfür benötigt es zunehmend entsprechende soziale Kompetenzen. Dies klingt für die meisten Führungskräfte im ersten Moment nach einem Mitarbeiter-zentrierten Führungsstil. Andererseits: Der mittlerweile legendäre Apple-Gründer Steve Jobs hatte ganz sicher keinen Mitarbeiter-zentrierten Führungsstil und war dennoch (zumindest in den letzten Jahren) hoch erfolgreich. Genies müssen also offenbar nicht wirklich Mitarbeiter-zentriert vorgehen. Sie begeistern durch ihr Charisma und ihre Innovationskraft.
Tatsächlich liegt die Aufgabe einer Führungskraft natürlich in der Koordination und Weiterentwicklung der Kompetenzen der Mitarbeiter, um die Bedürfnisse der Kunden des Unternehmens bestmöglich zu erfüllen. Nicht Mitarbeiter- oder Führungskraft-Zentrierung im Führungsstil ist entscheidend. Wichtig ist die Fähigkeit, die Kompetenzen der Mitarbeiter bestmöglich im Sinne der Unternehmenskunden einzusetzen und weiterzuentwickeln. Und das alles idealerweise in einer Form, dass sowohl das Unternehmen als auch die darin tätigen Menschen blühen und gedeihen.

Wie sehen die Führungsstile in der Praxis der Führungskräfte aus?

Mag. Eva-Maria Ayberk (Hernstein): Im Spannungsfeld Führung gilt es die Balance zu halten zwischen den verschiedenen Führungsstilen. Als Führungskraft das adäquate Maß der Belastung und der Ressourcen bei sich und bei anderen wahrzunehmen, und sich selbst und andere beim Umgang mit Stressoren effektiv zu unterstützen, ist eine zentrale Herausforderung. Dies verlangt den bewussten Umgang mit belastenden Situationen und die Fähigkeit, passende Bewältigungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden. Selfcare im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung und der auf ganzheitliche Entwicklung ausgerichteten Weiterbildung ist dafür zentral. Innehalten hilft, um die Komplexität des Führungsalltags auf den Moment zu fokussieren und zu portionieren. Jegliche Formen von Labeling und Schubladisierung von MitarbeiterInnen sind zu vermeiden, da immer eine subjektive Wahrnehmung und Befindlichkeiten einfließen, die diese vorschnellen Be-urteilungen schnell ad absurdum führen können.

Günther Mathé, MBA (careercenter): Meiner Meinung nach muss der Mitarbeiter-zentrierte Führungsstil im Fokus jeder guten Führungskraft stehen, darauf lege ich besonderen Wert. Das heißt für mich jedoch auch: Über das eigene ICH, zum gemeinsamen WIR zur Sache (Eisbergmodell). Die eigene menschliche Komponente der Führungskraft und entsprechende Führungsinstrumente führen meiner Meinung nach dazu einen Mitarbeiter-zentrierten Führungsstil zu entwickeln und entsprechend umzusetzen.
Leider fehlt dieser Entwicklungsschritt in der Praxis häufig, da viele Führungskräfte „gewachsene“ Führungskräfte sind, die aufgrund ihrer guten fachlichen Qualifikation immer mehr Verantwortung übernommen haben und so auch immer mehr zum Führen von Mitarbeitern gekommen sind. Hier wird übersehen, den neuen Führungskräften auch die notwendigen Werkzeuge zum guten Mitarbeiter-zentrierten Führen mitzugeben. Es ist wichtig, dass die Führungskräfte Führungsinstrumente kennenlernen und die Führungsarbeit ernst und wahrnehmen.

Mag. Wolfgang Grilz, MSc (Trigon): Vor allem jüngere Mitarbeiter der Generation Y haben immer konkretere Vorstellungen in Hinblick auf ihre persönliche Arbeitsgestaltung, aber auch bezüglich ihrer persönlichen Weiterentwicklung. Umgekehrt erwarten Kunden und Unternehmensleitung ein immer höheres Maß an Kundenorientierung und immer raschere Anpassung an die Erfordernisse des Marktes und des Unternehmens. Differenzen in den Bedürfnissen der Beteiligten sind hier unvermeidlich. Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, diese Differenzen zu managen und entstehende Konflikte zu bearbeiten. In der Praxis haben viele Führungskräfte das Gefühl, dieser Aufgabe nicht ausreichend Zeit widmen zu können. Die tägliche Prioritätensetzung zwischen ihren fachlichen Agenden und ihren Führungsaufgaben ist nicht leicht zu schaffen. Zudem ist es ja entscheidend für die Qualität ihrer Führungsarbeit, dass sie selbst mit all ihren Lebensbereichen in Balance bleiben und sich nicht dauerhaft überfordern.

Veronika Aumaier, MAS, MSc (Aumaier Coaching | Consulting): Aufgrund meiner Beobachtungen, ist Führung noch immer sehr inhaltlich und operativ getrieben.
Das zählt meines Erachtens mittlerweile zur Pflicht. Die Kür ist das Vermögen einer Führungskraft, die Ergebnisse der Managementtätigkeit in akzeptabler, annehmbarer Form zu vermitteln, Ängste mit Zuversicht und Optimismus abbauen zu können, das Vertrauen in die gemeinsamen Fähigkeiten entwickeln und spürbar machen zu können – alles Grundparameter, damit gesteckte Ziele, definierte Maßnahmen mit Schwung und Freude in die erfolgreiche Umsetzung kommen.
Ja, diese Fähigkeiten zu erlernen und zu entwickeln ist bei grundsätzlicher Führungseignung möglich!
Nein, diese Fähigkeiten sind nicht mit der Ernennung zur Führungskraft automatisch erwachsen.
Speziell die Soft Skills des Leaderships sind mindestens so intensiv zu erlernen wie die hards skills des Managements.

Worauf kommt es bei Führung also wirklich an?

DI Dr. Clemens Widhalm (Dale Carnegie Austria): Heute geht es in der Führung darum, Herzen und Hirne der Menschen zu gewinnen und so volles Engagement und Leistungsbereitschaft zu erzielen. Es geht darum, eine starke Identifikation mit dem Unternehmen zu erzeugen, damit die Menschen wirklich an das glauben, wofür sie arbeiten. Und es geht darum, dass tragfähige Beziehungen mit den Vorgesetzten entwickelt werden, damit eine hohe intrinsische Motivation entstehen kann. Insgesamt gilt es also, eine gewinnende Führungspersönlichkeit zu sein und so Leadership zu zeigen.

 

Die Gesprächspartner

Führungsstile – Mitarbeiter-zentriert? Führungskraft-orientiert! Unternehmens-Ziel-fokussiert.


widhalmDI Dr. Clemens Widhalm
Managing Partner

Dale Carnegie Austria


aumaier_veronikaVeronika Aumaier, MAS, MSc
Geschäftsführerin

Aumaier Coaching | Consulting


HRwebGünther Mathé, MBA
Geschäftsführer

careercenter


Ayberk_Eva_hernstein, copyright Petra SpiolaMag. Eva-Maria Ayberk
Institutsleitung

Hernstein Institut für Management und Leadership


Grilz_Wolfgang_trigonMag. Wolfgang Grilz, MSc
Berater und Gesellschafter

Trigon Entwicklungsberatung


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