Bereits im Frühjahr 2012 stellte ich die Frage nach „HR-Software & mobilem Anwendungs-Möglichkeit“. Ich recycle die Frage. Nicht wegen Ideen-Armut, sondern aufgrund der Aktualität. Damals tendierten die Antworten zu „Ja, wir sind bereits in den Startlöchern und die Nachfrage ist am aufkeimen. Die kommenden Jahre werden ein verstärktes Wachstum zeigen“. Grund genug, um jetzt – 2 Jahre später – nachzuhaken.
Experten-Interview
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Los geht’s:
Welche mobilen Möglichkeiten werden derzeit nachgefragt wenn es um HR-Software geht?
Mag. Matthias Dietrich (rexx systems): Meist geht es um Self Services z.B. im Bereich Zeiterfassung oder bei der Genehmigung von Anträgen. Weiterführende HR Funktionen werden zwar selten für Smartphone, immer häufiger aber für Tablets nachgefragt. Der Grund dafür liegt v.a. daran, dass ab einem gewissen Umfang und einer gewissen Komplexität von Informationen – selbst bei guter Aufbereitung – eine Bildschirmgröße von zumindest 7“ oder 8“ als minimale Voraussetzung für effizientes Arbeiten angesehen wird.
Mag. Gregor Gutzelnig (Workflow EDV): Nachfrage besteht vor allem bei Employee- und Manager-Self-Service Funktionen. Heute ist es für unsere Kunden selbstverständlich, dass man per Smartphone Zeit erfassen kann, Projektzeiten bucht oder schnell den Urlaubsantrag eines Mitarbeiters genehmigt. Viele Endbenutzer unserer Cloud-Applikation nutzen hauptsächlich das Smartphone als Erfassungsmedium.
Mag. (FH) Sandra Petschar, MSc (Textkernel): Da immer mehr Bewerber Jobs mit mobilen Endgeräten suchen und sich auch mit ihrem Tablet oder Smartphone bewerben möchten, ist die Nachfrage in diesem Bereichen sehr hoch. Bei mobilen Bewerbungen geht es darum relevante Informationen schnell und übersichtlich den Interessenten zu präsentieren. Auf mobilen Endgeräten besteht weder die Möglichkeit sich seitenlange Informationen über freie Stellen anzusehen noch lange Formulare auszufüllen. Gutes semantisches Matching ist also essentiell, um den Jobsuchenden nur die für sie relevanten Jobs zu präsentieren und im Anschluss die Bewerbung mit einem Klick möglich zu machen. Gerarde die Ein-Klick-Bewerbung wird immer beliebter, da hochqualifizierte Bewerber ein positives Bewerbererlebnis und einen schnellen Prozess schätzen. Auch für Talentmanagement- und Recruiting-Portale innerhalb der Unternehmen wird ein mobiler Zugang für Mitarbeiter und Manager immer wichtiger. Wir haben z.B. so ein Portal für eine niederländische Bank entwickelt.
Welche mobilen Funktionen stellten sich in der Vergangenheit als kontraproduktiv bis sinnlos heraus?
Mag. (FH) Sandra Petschar, MSc (Textkernel): Zu Beginn dieser Entwicklung setzten viele Unternehmen auf firmenspezifische Apps. Ich denke, Jobsuchende sind jedoch weniger an diesen spezifischen Applikationen interessiert, da niemand 10 verschiedene Apps von seinen favorisierten Unternehmen downloaden möchte. Wichtiger ist, ein positives Bewerbererlebnis anzubieten. Es ist erschreckend, dass die Karriereseite von 95% der Fortune 500 Unternehmen nicht für mobile Endgeräte optimiert ist.
Mag. Matthias Dietrich (rexx systems): Wir verfolgen hier den Ansatz, dass proprietäre Apps für einzelne Betriebssysteme häufig keine ideale Lösung darstellen, da oft unterschiedlichste Geräte von den Usern eingesetzt werden und die Pflege der Apps für alle System und Versionen sehr aufwändig und fehleranfällig ist. Unserer Ansicht nach bewährt sich der Ansatz auf für Mobilgeräte optimierte Webversionen zu setzen – Stichwort „responsive design“.
Reinhold Immler (JoinVision E-Services): Die Möglichkeit, als Jobsuchender den kompletten Bewerbungsprozess mobil zu bewältigen, hat zwar Charme, ist allerdings mit Hürden versehen, die es doch angezeigt lassen, sich weiterhin vom „eigenen Schreibtisch“ aus zu bewerben. Den Lebenslauf aktuell zu halten, Anschreiben auf die ausgeschriebene Stelle hin zu optimieren, Attachements vorhalten, das ist mobil mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden.
Wenn ich in 2 Jahren wieder die selben Fragen stellen würde: wie wird – aus heutiger Sicht – Ihre Antwort lauten?
Reinhold Immler (JoinVision E-Services): Die Frage 2 hat das Potential, in 2 Jahren einer Korrektur unterzogen werden zu müssen, da es in der Recruiting-Szene Signale gibt, dass der „Old-school-„Bewerbungsprozess ein Ablaufdatum hat.
Lorenz Gräff, BSc, MBA (ePunkt Internet Recruiting): Mittelfristig wird sich der Markt stärker in Richtung mobiler Endgeräte entwickeln, „Bring your own Device“ Programme werden dafür den Weg bereiten. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, auch die Backends der Bewerbermanagementlösungen auf mobilen Zugriff zu optimieren beziehungsweise eigene mobile Applikationen zur Benutzung auf den Markt zu bringen.
Mag. Matthias Dietrich (rexx systems): Ich denke, dass die Tendenz der Entwicklung zu immer mehr mobiler Arbeit bleiben wird und sich der Fokus auf Tablet-Nutzung weiter verstärken wird.
(FH) Sandra Petschar, MSc (Textkernel): Wenn man bedenkt, dass ca. 30% des Webtraffics schon von mobilen Endgeräten stammt, wird ein mobiler Zugang auch im Recruiting sicher Standard sein. Semantische Technologien werden dabei sehr wichtig sein, um nur relevante Informationen aufzuzeigen. Ich denke auch, dass der Umbruch für eine Dynamik im HR und Recruitment Markt sorgen wird.
Verliert so mancher Recruiter vor lauter Mobilität den Boden unter den Füßen?
Reinhold Immler (JoinVision E-Services): Zweifellos ist es aktuell modern und schick, sich „mobile“ und „active“ durch die Recruiting-Welt zu bewegen. Allerdings fehlt bis dato noch der seriöse Nachweis des Erfolgs. Momentan steht noch das „da-muss-man-einfach-mitmachen“ zu sehr im Vordergrund.
Die Gesprächspartner
„HR-Software – Mobilität macht sich breit“
JoinVision E-Services GmbH Mag. Matthias Dietrich rexx systems GmbH Mag. (FH) Sandra Petschar, MSc Textkernel Mag. Gregor Gutzelnig Workflow EDV GmbH Lorenz Gräff ePunkt Internet Recruiting GmbH |