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Lohn- und Sozialdumpinggesetz – Hintergründe & Hindernisse für Arbeitgeber.

16Feb2015
6 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Lohndumping, Sozialdumping, Lohndumping Gesetz, Bekämpfung von Unterentlohnung – diese und ähnliche Begriffe sind seit dem Jahreswechsel wieder verstärkt zu hören. Mit dem ASRÄG 2014 (siehe HRweb-Artikel „Änderungen im Arbeitsrecht Österreich 2015 : Arbeitszeitaufzeichnungen“) wurden zahlreiche Änderungen im Bereich Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung eingeführt.

Ein eigenes Lohn- und Sozialdumpinggesetz gibt es nicht. Die Bezeichnung wird aber landläufig verwendet. Was Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung eigentlich ist, was neu ist was Arbeitgeber unbedingt beachten sollten und einiges über Hintergründe und Hindernisse, schildert dieser Beitrag:

Lohndumping-Gesetz – was ist das?

Lohndumping (Österreich) wird gesetzlich nicht definiert. Allgemein wird darunter das Zahlen von Löhnen, die unter den Mindestlöhnen liegen, verstanden. Durch Lohndumping versuchen manche Unternehmen, billiger als die Konkurrenz sein zu können und so einen Wettbewerbsvorteil zu haben.

Schon vor 1jan2015 war die Entlohnung unter dem kollektivvertraglichen Grundlohn in Österreich verboten. Durch das ASRÄG 2014 sollten einerseits Unklarheiten für die Praxis beseitigt werden, andererseits Unterentlohnung stärker und effektiver der Kampf angesagt werden. Die Änderungen sind mit 1jan2015 in Kraft getreten und gelten für Fälle, die sich ab 1jan2015 ereignet haben.

Lohn- und Sozialdumpinggesetz – was ist neu?

Nachstehend ein Überblick über die für die Praxis wichtigsten Änderungen:

Ausweitung des dem Lohndumping zugrunde liegenden Entgeltbegriffs

Bis 31dez2014 wurde „nur“ der „Grundlohn“ kontrolliert. Ab 1jan2015 sehen sich die zuständigen Behörden nicht mehr nur den Grundlohn an – alle beitragspflichtigen Entgeltbestandteile können kontrolliert werden, also etwa auch Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), Überstundenzuschläge und Zahlungen aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses. Sonstige Entgeltbestandteile, die in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Arbeitsvertrag vereinbart wurden (z.B. Bonuszahlungen), fallen jedoch weiterhin nicht unter die Lohnkontrolle. Auch nicht unter die Kontrollen fallen beispielsweise Auslagenersätze, Schmutzzulagen oder Abfertigungen.

Ein Verschulden des Arbeitgebers für die Strafbarkeit ist nicht erforderlich. Dies stellt die Praxis vor nicht zu unterschätzende Probleme, da nur eine 100 % fehlerfreie Lohnverrechnung eine Strafbarkeit verhindern könnte. Nach der neuen Rechtslage macht sich ein Arbeitgeber schon strafbar, wenn er Überstunden nicht mit dem richtigen Zuschlag auszahlt, die Einstufung oder Vorrückung im Kollektivvertrag nicht korrekt vorgenommen oder Dienstzeiten nicht richtig angerechnet hat. Problematisch ist dabei besonders, dass solche Zuordnungen in der Praxis oft alles andere als einfach sind und es viele Graubereiche gibt. Selbst wenn der richtige Kollektivvertrag angewendet wird – was oft schon nicht zweifelsfrei feststellbar ist –, gibt es zahlreiche tückische Fehlerquellen bei der Entgeltbe- und abrechnung.

Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass für die Beurteilung einer etwaigen Unterentlohnung Überzahlungen auf kollektivvertragliche und gesetzliche Ansprüche anrechenbar sind – dies aber wiederum nur unter engen Voraussetzungen. Überkollektivvertragliche Entlohnung schützt nicht automatisch vor Strafen!

Ausweitung der Informationsrechte des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer sind von der Gebietskrankenkasse zu informieren, wenn über ihren Arbeitgeber ein Strafbescheid betreffend ihr Arbeitsverhältnis erlassen wird. Dass diese Regelung Arbeitnehmer dazu veranlassen könnte, Forderungen gegen ihre Arbeitgeber z.B. aus Überstunden oder wegen falscher Einstufung geltend zu machen, liegt auf der Hand.

Ausweitung der Anzahl der möglichen Strafen

Die Strafen werden ab 1jan2015 nicht –wie bisher oft argumentiert wurde – je Arbeitgeber oder je Vorfall verhängt, sondern je Arbeitnehmer. Das bedeutet: Je eine Verwaltungsstrafe (z.B. für nicht bereitgehaltene oder nicht übermittelte Unterlagen) je Arbeitnehmer.

Ausweitung des Strafrahmens

Der Strafrahmen für die Behinderung der Lohnkontrolle, die Verweigerung der Einsichtnahme in Lohnunterlagen, das Nichtbereithalten/Nichtbereitstellen von Lohnunterlagen wird erhöht und liegt nun bei € 1.000 bis € 10.000 je Arbeitnehmer. Im Wiederholungsfall drohen Strafen von € 2.000 bis € 20.000 für jeden Verstoß. Und: Sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, erhöht sich der Strafrahmen auf € 2.000 bis € 20.000 fürs erste Mal und auf € 4.000 bis € 50.000 im Wiederholungsfall.

Besonders drastisch sind die Größenordnungen der Mindeststrafhöhen, die nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen und bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe unterschritten werden können. Weiters gibt es verschiedene Möglichkeit, ein Absehen von der Strafe oder Nachsicht zu beantragen. Von diesen Möglichkeiten ist unbedingt Gebrauch zu machen, da die Strafen sonst besonders für Unternehmen mit vielen Arbeitnehmern rasch in einen sechs- oder siebenstelligen Bereich kommen können.

Ausweitung der Verjährungsfrist für die Strafen

Nach der alten Rechtslage war die Strafverfolgung möglich, solange der Arbeitgeber den vorenthaltenen Grundlohn nicht nachzahlt und danach während eines Jahres ab Nachzahlung der Unterentlohnung. Durch die geänderte Rechtslage ab 1jan2015 beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, und zwar ab Fälligkeit des Entgelts. Bei einer kontinuierlichen Unterentlohnung, die mehrere Lohnzahlungszeiträume umfasst, beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst mit der Fälligkeit des Entgelts der letzten Lohnzahlungsperiode!

Möglichkeit zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten

Für den Bereich Anti-Lohn- und Sozialdumping kann ein verantwortlicher Beauftragter bestellt werden. Wird kein verantwortlicher Beauftragter bestellt oder ist die Bestellung unwirksam, haften für Verstöße und Strafen die zur Vertretung des Arbeitgebers nach außen befugten Personen (bei einer GmbH etwa der/die Geschäftsführer).

Ein verantwortlicher Beauftragter haftet für Verstöße und Strafen in diesem Bereich persönlich. Die Vereinbarung, dass eine allfällige Strafe ohnedies der Arbeitgeber zahlt, ist unzulässig. Der verantwortliche Beauftragte muss der Bestellung nachweislich zustimmen. Die Bestellung muss schriftlich der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung oder bei der Gebietskrankenkasse mitgeteilt werden. Bestellung und Zustimmungserklärung sollten unbedingt schriftlich erfolgen. Die Übermittlung an die Zentrale Koordinationsstelle sollte per eingeschriebenem Brief erfolgen.

Lohn- und Sozialdumping & Entsendung – Ausländische Arbeitgeber im Visier

Die obigen Änderungen sind besonders auch für ausländische Arbeitgeber relevant, die ihre Arbeitnehmer nach Österreich entsenden oder sonst in Österreich einsetzen. Die Pflichten sind auch von ausländischen Arbeitgebern einzuhalten.

Bis 31dez2014 konnte eine Verwaltungsstrafe für die Nichtmeldung einer Entsendung, das Nichtbereithalten einer Kopie der Entsendemeldung sowie der Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung am Arbeitsort verhängt werden. Ab 1jan2015 ist zusätzlich auch die Nichtübermittlung dieser Unterlagen an die Abgabenbehörde verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Voraussetzung ist eine Aufforderung der Abgabenbehörde. Die in deutscher Sprache am inländischen Einsatzort (!) bereitzuhaltenden Lohnunterlagen sind nun explizit aufgelistet: Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung.

Hinsichtlich der zwingend vom Auftragnehmer/Arbeitgeber zu erstattenden Entsendemeldung wurden die verpflichtenden Angaben erweitert. Das Formular ZKO3 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung wurde bereits entsprechend geändert und ist in der neuen Version online abrufbar.

Lohn- und Sozialdumpinggesetz: Offene Fragen und Ausblick

Österreich hat es durch das ASRÄG 2014 auf der Liste der EU-Länder mit den strengsten Gesetzesbestimmungen gegen Lohndumping noch weiter nach vorne geschafft. Das ist begrüßenswert, jedoch wird erst die Praxis zeigen, ob durch die Gesetzesänderungen das „echte Lohndumping“ tatsächlich verhindert bzw. zumindest eingedämmt werden kann.

Für (in- und ausländische) Arbeitgeber ist größte Vorsicht geboten. Kontrollen werden verstärkt durchgeführt und Strafen verhängt. Ob von den Erleichterungen zu Arbeitszeitaufzeichnungen (siehe HRweb-Artikel „Änderungen im Arbeitsrecht Österreich 2015 : Arbeitszeitaufzeichnungen“) tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist ebenfalls kritisch zu überlegen. Aufzeichnungen sind eine wichtige Grundlage für die Bemessung des zustehenden Entgelts. Dem Konzept der Vertrauensarbeitszeit haben die oben beschriebenen Änderungen fürs erste einmal eher eine Absage erteilt.

Ein Arbeitgeber, der sich vor Strafen wegen Lohn- und Sozialdumping effektiv schützen will, muss noch mehr als bisher kontrollieren. Auch wenn nicht jeder Fehler in der Entlohnung notwendigerweise zu Strafverfahren führt, ist es wichtig, durch entsprechende und regelmäßige Maßnahmen (etwa Schulungen) Gesetzesverstöße zu vermeiden.

Lohn- und Sozialdumpinggesetz – Hintergründe & Hindernisse für Arbeitgeber.

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