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Bitte nicht noch eine Glücksanleitung!

20Mrz2015
3 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Endlich. Wir pflegen den Pessimismus und das Unwohlsein. Genug des Schönredens, genug mit der kollektiven Glücksdiktatur. Hier finden Sie eine Anleitung die wirklich mal der Realität entspricht. Leiden ist das neue Glück.

Es reicht?

Jetzt ist es so weit. Der „große“ Tag. Spüren Sie es schon kribbeln?? Heute, am 20mar2015, ist internationaler Glückstag

Sie spüren noch nichts und wollen auch, dass es so bleibt? Hervorragend! Dann sind Sie hier genau richtig! Wir retten gemeinsam das gepflegte Unwohlsein. Oder wie Paul Watzlawick es formuliert: „Der Sozialstaat braucht die stetig zunehmende Hilflosigkeit und Unglücklichkeit seiner Bevölkerung so dringend, dass diese Aufgaben nicht den wohlgemeinten, aber dilettantischen Versuchen des einzelnen Staatsbürgers überlassen bleiben kann.“ Also wohl voran, so geht’s!

Alles im grauen Bereich! Back to Bad.

Die ultimative – wenn auch leider nicht vollständige – Anleitung zum Unglücklichsein. Je mehr Punkte sie miteinander kombinieren, desto besser wirkt es!

1.      Sie können sich sicher sein: Ihre Meinung ist die einzig Richtige. Vergessen Sie Feedback und ignorieren Sie die Ansichten und Ideen anderer. Jede Änderung Ihrerseits ist garantiert nur eine Änderung zum Schlechteren.

2.      Lassen Sie sich bei jeder Gelegenheit lang und breit darüber aus, wie gut und schön es doch früher war, als es noch bzw. noch keine …. gab! Die Vergangenheit wird allgemein unterschätzt. Herrlich war es früher! Alles!

3.      Gehen Sie bitte immer vom Schlimmsten aus. Das schützt vor negativen Überraschungen. Jeder will Sie übers Ohr hauen oder ausnutzen. Keiner mag sie, alle tun aber so als ob. Selbsterfüllende Prophezeiungen bewahrheiten sich zwar üblicherweise, aber Sie sind ja darauf vorbereitet.

4.      Bleiben Sie bitte abends zu Hause, schauen Sie lange fern oder surfen Sie im Internet. Lesen Sie bitte alle Horrormeldungen und seien Sie versichert, dass es keine guten Nachrichten gibt.

5.      Ziehen Sie auf jeden Fall virtuelle Freundschaften echten Begegnungen vor und vermeiden Sie neue Bekanntschaften. Verlieben ist auch sinnlos, denn nach dem ersten Hormonschub ist eh wieder alles vorbei und schlimmer als vorher. Und bitte: Lassen Sie sich nicht verunsichern. Zweimal jährlich Sex ist definitiv genug.

6.      Finden Sie heraus, wer alles schuld an Ihrer derzeitigen Lage ist. Vergessen Sie niemanden, gehen Sie dabei gründlich vor und unbedingt bis in Ihre früheste Kindheit zurück.

7.      Bleiben Sie unbedingt in der Stadt und am besten in geschlossenen Räumen. Meiden Sie bitte Bewegung, vor allem in der Natur.

8.      Setzen Sie sich ausschließlich bewunderungswürdig große und praktisch unerreichbare Ziele. Wenn Sie ein Ziel erreichen, kommt eh nur der Katzenjammer und Sie fallen in ein tiefes Loch. Denn, was dann? Also besser sehr groß denken und niemals ankommen.

9.      Gehen Sie weiterhin davon aus, dass Menschen Hellsehen bzw. Gedanken lesen können. Sie können sich also ruhig unklar und schwammig ausdrücken und Ihre Gefühle und wahren Wünsche verschweigen. Wer Sie liebt, wird einfach wissen, was Sie wirklich wollen. Und wenn nicht, dann ist auch alles klar…

10.  Und abschließend zum Hier& Jetzt. Vergessen Sie es. Lassen Sie Ihre Gedanken schnell wieder in die glorreiche Vergangenheit oder zu den Schuldigen Ihrer misslichen Lage wandern oder alternativ zu Ihren sensationellen Zukunftsträumen oder Zukunftssorgen. Und bitte: Meditieren Sie niemals! Das ist Gift für Sie. Schalten Sie lieber den Fernseher wieder ein, schnell!!

So hoffnungslos einfach ist die Lösung?

Sie haben ganz viele Punkte erreicht? Bravo, weiter so! Und stellen Sie sich bitte nicht die folgende Frage: Wenn wir nun erfolgreich die Schöpfer unseres Unglücks sein können, können wir nicht auch die Schöpfer unseres Glücks sein?

„Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist alles, alles! Wer das erkennt, der wird gleich glücklich sein, sofort, im selben Augenblick…“ aus F. M. Dostojewski, „Die Dämonen“

Sollte die Lösung so hoffnungslos einfach sein? Können wir unsere Wirklichkeit wirklich neu erschaffen? Hmm. Fragen Sie mal eine Glückspsychologin. Zufällig kenn ich da eine…

 


Literatur/Quellen

  • Paul Watzlawick (1983), „Anleitung zum Unglücklichsein“, Piper-Verlag
  • Franziska Fink in „Ursache & Wirkung“, Heft 91/Frühling 2015, S. 43

Bitte nicht noch eine Glücksanleitung!

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