Gemäß Studien führen rd. 80% der Großunternehmen im deutschsprachigen Raum mehr oder weniger regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch. Manche fokussieren auf „Mitarbeiterzufriedenheit“, andere auf „Mitarbeiterengagement“. Aber wo ist da eigentlich der Unterschied?
Unternehmen wünschen sich motivierte und produktive Mitarbeiter. Mitarbeiter wünschen sich einen Arbeitsplatz an dem sie motiviert der eigenen Tätigkeit nachgehen können und produktiv-sinnvolle Arbeitsaufgaben erledigen. Ich glaube, dies wird kaum einer in Frage stellen. Soweit liegen diese Aussagen im „Common Sense“. Unternehmen unternehmen auch viel um die Stimmungslage in der eigenen Belegschaft zu hinterfragen und zu messen wie motiviert und produktiv Mitarbeiter derzeit sind. Aber worauf sollte man sich fokussieren? Auf die Messung von Mitarbeiterzufriedenheit oder Mitarbeiterengagement?
Arbeitszufriedenheit
Im alltäglichen Sprachgebrauch neigt man oft dazu Dinge nicht allzu genau zu unterscheiden und bei schnellem Hinhören könnte man meinen, dass zufriedene Mitarbeiter auch automatisch motivierte und engagierte Mitarbeiter sind. Dem ist aber nicht so. Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeitermotivation bzw. Mitarbeiterengagement sind zwei sehr unterschiedliche Paar Schuhe. Unter Arbeitszufriedenheit versteht man in der Arbeitspsychologie allgemein hin eine grundlegende Einstellung eines Menschen gegenüber der eigenen Erwerbsarbeit. Sie äußert sich dabei als emotionale Reaktion auf eine gewisse Situation hin und ist wohl als Mix verschiedener Einstellungen zu verstehen.
Klassische Ansätze (bspw. das berühmte Zwei-Faktoren-Modell von Herzberg) verstehen dabei Arbeitszufriedenheit als einen Soll-Ist-Vergleich. Man setzt als Mensch die eigenen Erwartungen und Erfahrungen mit der gegenwärtigen Situation in Bezug. Ist der Vergleich positiv, ist man zufrieden; ist der Vergleich negativ ist, man unzufrieden. Modernere Ansätze (bspw. Bruggemanns Modell dynamischer Arbeitszufriedenheit) betonen die Dynamik des Prozesses in dem sich Zufriedenheit herausbildet. Sie gehen nicht mehr von einem dichotomen „Zufrieden vs. Unzufrieden“ aus, sondern kennen Abstufungen von der resignativen Zufriedenheit („Es ist okay. Es könnte schlimmer sein.“) bis hin zur fixierten Arbeitsunzufriedenheit („Ich bin unglücklich, aber ich kann eh nichts verändern.“)
Aber egal, ob ich in diesen Zusammenhängen Arbeitszufriedenheit als eher statisches oder dynamisches Konstrukt verstehe: Es bleibt ein Soll-Ist-Vergleich, der eher einem transaktionalen Denkmuster folgt, also einem Art Austauschverhältnis.
Mitarbeitermotivation & Mitarbeiterengagement
Unter Motivation versteht man im Allgemeinen die Beweggründe, die einen Menschen zum Handeln bewegen. Es ist ein sehr wichtiger Begriff in der Psychologie, da so gut wie alle psycho-physischen Aktivitäten durch die Grundmotivation eines Menschen beeinflusst werden. Unter Engagement versteht man intensiven persönlichen Einsatz, eine Anstrengung, ein aktives Bemühe oder auch den Willen einen Beitrag zu leisten. Engagement beschreibt die willentliche Erhöhung des eigenen Aktivitätsniveaus um bestimmte Ziele zu erreichen. Mitarbeiterengagement wird dabei auch häufig als Beobachtungskriterium für Mitarbeitermotivation herangezogen.
Ich kann dabei hoch engagiert und dennoch (oder trotzdem) unzufrieden sein. Denken Sie nur an Freiwilligenarbeit in Krisengebieten wo hoch engagierte Menschen unter unsagbar schlechten Arbeitsbedingungen Großartiges leisten. Engagement & Motivation sind gegenüber der reinen Zufriedenheit weitaus aktiver.
Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterengagement sind dabei weniger von einem transaktionalen als vielmehr von einem transformationalen Gedanken bestimmt. Im Zentrum steht nicht der reziproke Austausch von Arbeit gegen Lohn, sondern vielmehr Schlagworte wie Autonomie, Sinn und Anerkennung. Tritt Engagement auf, so treffen förderliche Rahmenbedingungen auf die positive Ausschöpfung persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Fazit
Was in der Managementpraxis oft synonym genutzt wird – die Begriffe der Zufriedenheit und des Engagements – entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als sehr verschiedene Konzepte, die unterschiedlichen Paradigmen folgen. Mitarbeiterzufriedenheit folgt dem transaktionalen Muster von Leistung und Gegenleistung. Engagement & Mitarbeitermotivation folgt dem transformationalen Muster von Sinn, Bedeutung und gemeinsamen Zielen.
Worauf sollte sich eine Mitarbeiterbefragung nun eigentlich fokussieren? Aus meiner Ansicht auf beides! Die Zufriedenheit der Belegschaft mit wesentlichen Rahmenfaktoren gibt dabei Auskunft über mögliche wichtige Hygienefaktoren und deren Ausprägung. Der Fokus auf das Engagement bzw. Motivation gibt wesentliche Hinweise auf den Handlungsimpuls und die Leistungsbereitschaft im Alltag. Engagement ist dabei wesentlich komplexer zu erfassen und bedarf entsprechend elaborierter Fragebatterien.
Aber auf jeden Fall rate ich Ihnen darüber nachzudenken, was Sie mit Ihrer Mitarbeiterbefragung eigentlich messen wollen, bevor Sie diese vorschnell als „Zufriedenheitsbefragung“ oder „Engagement-Survey“ bezeichnen.
Gesucht: zufrieden und engagiert. Der Unterschied zwischen Arbeitszufriedenheit und Mitarbeitermotivation