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Fire and Hire? Oder: Erst gefeuert, dann geheuert!

16Juli2015
4 min
fire and hire

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Ehemalige Spitzenmitarbeiter als spannende Ressource für Unternehmen?

 

Im Sport ist es nichts Ungewöhnliches: Fußballtrainer, oft mit großem Presserummel von ihren Aufgaben entbunden, werden ein paar Jahre später beim selben Club wieder unter Vertrag genommen. Bestes Beispiel: Franko Foda wurde nicht einmal ein Jahr nach dem Gewinn der Meisterschaft nach wochenlangen Diskussionen gefeuert. Dann nach nicht einmal zweieinhalb Jahren holte ihn sein Verein im letzten Herbst zurück und ist jetzt gemeinsam erfolgreich. Ähnlich Weltmeister Kimi Raikkönen in der Formel 1, der trotz eines bestehenden Vertrages gefeuert und vier Jahre später von Ferrari wieder zurückgeholt wurde.

Was ist eigentlich „Boomerang Hiring?“

Boomerang Hiring“ ist eine personalpolitische Methode zur gezielten Wiedereinstellung von ehemaligen Mitarbeitern.

Es ist ein strategischer Weg – insbesondere bei Führungskräften und Spezialisten- der zukünftig ansteigenden Angebotsknappheit entgegen zu wirken. Wird auch von Betriebsräten gefordert, nämlich zunächst jene Mitarbeiter ein zu stellen, die in Folge einer Restrukturierung entlassen wurden.

Es entspricht der im Vertrieb üblichen Strategie der kostengünstigeren Stammkundenbindung im Vergleich zur Neukundengewinnung.

Häufiges Motto im Umgang mit Ex-Mitarbeitern: „They never come back“

Das Motto aus der Boxszene, welches besagt, dass Champions die einmal den Titel verloren haben, nicht wiederkehren, scheint wie die unausgesprochene Devise der Unternehmen zu sein wenn es um ehemalige Führungskräfte geht.

Die bisherige Wertschätzung gegenüber den Ehemaligen ist oft nicht besonders hoch. Kennzeichen dafür sind die oft mangelhafte Trennungskultur, reduziert auf den administrativen Trennungsvorgang, d.h. Arbeitszeugnis – letzte Gehaltszahlung – fertig. Von da an hört die Firma auf eine Beziehung zu diesem Menschen zu haben. Viele Ex-Mitarbeiter sind da oft weiter. Sie sind meistens über lange Zeit noch mit den ehemaligen Kollegen verbunden und pflegen ihre Netzwerkkontakte. Unternehmen tun sich aber deutlich schwerer – warum eigentlich – und verschenken meist die Chance sich auf organisatorischer Ebene möglichst viele Ex-Mitarbeiter als Stakeholdergruppe für sich zu organisieren und zu nutzen.

Sparsam, motiviert, nahtloser Übergang und höhere Bleiberate

Der Return on Investment (ROI) ist bei kaum einer anderen Maßnahme im Personalmanagement so hoch wie bei Boomerang Recruiting. Es ist keine Stellenausschreibung notwendig, das Risiko einer Fehlbesetzung ist minimal und daneben sind auch Schulungskosten und Einarbeitungszeit geringer.

Ehemalige identifizieren sich meistens neu und verstärkt mit dem Unternehmen und arbeiten hoch motiviert. Oft sind sie auch gut kalkulierbare Größen für Teams und Vorgesetzte.

Für wettbewerbsintensive Branchen ist es auch wichtig, dass Topleute nicht mehr für den Mitbewerber arbeiten. Dies wirkt sich dann noch motivierend auf die aktuelle Belegschaft aus, das Betriebsklima verbessert sich. Wenn Entlassene zurückkehren, werden aktuelle Mitarbeiter auch ihren Arbeitsplatz als sicherer ansehen.

Brad Harris von der Universität Illinois, hat Boomerang Angestellte untersucht und ein zusätzliches Argument gefunden: „Da sie für die Konkurrenz tätig waren, verfügen sie über zusätzliches Know-How, verstehen die Organisationskultur und wissen, dass das Gras auf der anderen Seite auch nicht immer grüner ist. Dadurch ist die Bleiberate auch höher als bei Neueinstellungen“

Leistungsträger wieder ins Boot holen

Qualifizierte Leute zu finden, die genau das können was die Firmen brauchen wird immer schwieriger. Die Lücke füllen sollen nun ehemalige Angestellte. John Sullivan von der Uni San Francisco: „Man bittet nicht jeden zurück. Man holt sich die Top-Performer wieder.“

Bereits bei der Trennung können Unternehmen sich positiv im Gedächtnis verankern. Dabei sollte im Exit-Interview bezüglich der Trennungsgründe nichts beschönigt werden, weil sich Umstände aber auch ändern können, soll zu diesem Zeitpunkt erfragt werden, ob sich der Mitarbeiter eine Rückkehr vorstellen kann, sollten die Voraussetzungen wieder stimmen.

Nutzen Sie soziale Netzwerke wie Xing/LinkeIn oder eine eigene Alumni Plattform um mit den Ehemaligen in Kontakt zu bleiben. Besonders effizient sind exklusive Portale die nur für ehemalige Leistungsträger und nicht für jedermann zugänglich sind. Fragen wie „Wie gefällt Ihnen Ihr neuer Job? Inwieweit wurden Ihre Erwartungen bisher erfüllt?“ sind nach einer gewissen Zeit durchaus opportun.

Fazit

Man trifft sich im Leben meist zwei Mal, daher ist es im eigenen Unternehmensinteresse eine wertschätzende Trennung zu gewährleisten und der scheidenden Führungskraft, dem Spezialisten oder dem Techniker mittels Outplacement zu helfen einen adäquaten neuen Job zu finden. Diese Art von Trennung wird Boomerang Hiring ermöglichen und dadurch Personalengpässen bei Top-Performern erfolgreich entgegen wirken.


walter_reisenzein

Gastautor: Mag. Walter Reisenzein, Geschäftsführer Lee Hecht Harrison / OTM (vormals DBM), wreisenzein@lhhaustria.at.
Lee Hecht Harrison, www.lhh.com berät Organisationen und deren Mitarbeiter bei Veränderungsprozessen und Personalwechsel in Folge von Akquisitionen, Fusionen und Restrukturierungen.

Lee Hecht Harrison / OTM Österreich (vormals DBM), www.lhhaustria.at ist seit 1988 erfolgreich tätig. Über 2400 Kandidaten, von mehr als 700 Firmen wurden bisher beraten und haben eine adäquate Stelle als Angestellte oder Selbständige gefunden.

Fire and Hire? Oder: Erst gefeuert, dann geheuert!

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