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Interkulturelle Kompetenz unter Nachbarn – ist das überhaupt notwendig? Feine Unterschiede zwischen D & Ö

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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Ein Beitrag zur Diskussion über feine Unterschiede zwischen Deutschen und Österreichern.

 

„Interkulturelle Kompetenz“, „interkulturelles Management“, „kulturelle Diversität“. Schlagworte, mit denen man sich vor dem Hintergrund der heutigen globalen und vernetzten Welt, in der internationale Unternehmenszusammenschlüsse, Kooperationen und Allianzen eine zentrale Rolle einnehmen, häufig konfrontiert sieht. Kaum ein Managementbuch, ein Ratgeber oder Berater, der dieses Thema nicht in irgendeiner Art und Weise aufnimmt. Wer heute nicht versiert am Klavier der interkulturellen Nuancen spielen und Fettnäpfchen gekonnt ausweichen kann, hat mit Sicherheit einen Wettbewerbsnachteil gegenüber seinen kulturell kundigen Kontrahenten. Schließlich scheitern mind. 30% (!) der Projektdeals aufgrund von mangelnder kultureller Sensibilität.

Interkulturelle Kompetenz unter Nachbarn: oder Legal Aliens? Deutsche in Österreich

Mit weiterhin steigender Tendenz leben 2015 nun über 170.00 Deutsche in Österreich (Quelle: Statistik Austria) und stellen mit Abstand die größte Migrantengruppe im Land dar. Sie alle sind wie in Stings Song „Englishman in New York“ legal aliens, die trotz (oder gerade wegen) der gemeinsamen deutschen Sprache unverkennbar durch ihren Akzent als Nicht-Österreicher identifiziert werden.

Doch die gemeinsame Sprache und deren Verwendung und ob nun im Wortschatz „Tüte“ oder „Sackerl“, „Eiskasten“ oder „Kühlschrank“ u.v.m. verwendet wird, bilden nur eine von vielen kulturellen Herausforderungen. Viele Missverständnisse entstehen, weil viele Deutsche sich oft gar keine so großartige Andersartigkeit erwarten – oder wenn in anderen Bereichen. Diese getroffenen Annahmen werden dann revidiert, wenn die Dinge nicht so laufen (oder rennen) wie man es geglaubt hat. Im Folgenden werden ein paar von vielen möglichen Herausforderungen genannt:

Sprache kann als ein Teil von Kultur und interkultureller Kompetenz betrachtet werden. Zur Sprache kommen nonverbale und kommunikative Faktoren dazu, wie etwas ausgedrückt wird, u.a. Diskurskonventionen, wie Länge und Themen von Small Talk oder die Lautstärke einer Unterhaltung.

Eine der größten kulturellen Herausforderungen ist neben der Erwartungshaltung die Kommunikationsart. Die deutsche Kommunikationsweise gerade im Berufsleben gilt als sehr explizit und direkt, mit einem sehr schwachen Kontext. Das heißt, dass ohne „doppelten Boden“ kommuniziert wird, was gesagt wird, ist auch so gemeint, ohne Umschweife oder Verschönerungen. Man muss nicht erst zwischen den Zeilen lesen können, Sachverhalte werden klar und eindeutig benannt. Dies sind für Deutsche positiv konnotierte Werte.

Österreicher empfinden diese Kommunikationsform aber oft als unhöflich, undiplomatisch und teilweise als rücksichtslos. Sie sind weitaus indirektere Kommunikation gewöhnt. Hier greifen andere Werte und viele missverständliche Situationen entstehen aus dieser unterschiedlichen Herangehensweise. Dies findet auch in einer anderen Verwendung der Sprache Niederschlag, Österreicher bedienen sich laut Sprachwissenschaftlern einer gewissen Nonchalance.

Diese Faktoren werden auch wirksam beim Äußern von kritischen Dinge: Österreicher tendieren eher zu Harmoniestreben und Konfliktvermeidung im Gegensatz zu vielen Deutschen. Dies hat auf beiden Seiten positive wie negative Aspekte: oftmals werden auch Deutsche auf Posten berufen oder nehmen die Rolle ein, kritische Dinge gegenüber Autoritäten zu äußern. Ja manches Mal wird es fast sogar erwartet. Wohingegen Österreicher eher Beziehungen und das Gesicht des Gegenübers wahren wollen und zu diplomatischeren Aussagen greifen.

Die „verfreundeten Nachbarn“ Österreich und Deutschland verbindet eine langjährige Geschichte in ihrer Nachbarschaft und eine große Ambivalenz: aus historischen Gründen musste Österreich sich in seinem Selbstbild nach dem Zweiten Weltkrieg von Deutschland abspalten. Gleichzeitig ist natürlich eine kulturelle Nähe geblieben. Dies führte auch zu einem gewissen Konkurrenzverhältnis: Deutschland ist in Österreich die Referenznation Nr. 1. Nicht nur beim Fußball und der Hoffnung, „Córdoba“ endlich wiederholen zu können, auch bei anderen Ereignissen ist dies oft spürbar. Das kollektive Bild – auch über die verfügbaren deutschen Medien- über Deutschland ist fest verankert in der österreichischen Wahrnehmung, manches Mal auch als Feindbild mit dennoch positiven Vorzügen. Erst in den letzten Jahren hat sich das Deutschlandbild gewandelt und war noch nie so positiv wie jetzt. Ob das etwas mit den vielen Deutschen in Österreich zu tun hat? Zuerst noch vorsichtig haben bereits immer mehr und mehr Österreicher bei der letzten WM mit Deutschland mitgefiebert und somit den WM-Sieg unterstützt und zu einer positiven Stimmung beigetragen.

Was kann HR tun? Interkulturelle Sensibilisierungstrainings!

Interkulturalität im Alltag!? In London und New York leben Menschen aus fast 200 Ländern. Wien ist seit 2013 nach Berlin die zweitgrößte deutschsprachige Stadt und folgt Frankfurt/Main in Bezug auf die Ausländerquote von 28,7% mit fast 21%. Berücksichtigt man den sogenannten Migrationshintergrund, also auch das Geburtsland zumindest eines Elternteils, dann ist heute knapp die Hälfte der Wiener Bevölkerung selbst oder ihre Eltern aus dem Ausland zugewandert. Kulturelle Diversität begegnet bzw. begleitet uns täglich!

Cultural awareness, also interkulturelle Sensibilisierung, ist das internalisierte Verständnis dafür, dass die allgemeine Einstellung einer Kultur einen starken Einfluss auf die Werte, das Verhalten, die Ansichten und den Glauben eines Individuums hat. Für die Interaktion und Kommunikation mit Angehörigen fremder Kulturen wird somit das Verständnis kultureller Einflüsse vorausgesetzt. Durch Kultursensibilisierungstraining wird das Bewusstsein für die eigenen Prägungen (Self Assessment) und die Diversität von Kulturen vermittelt. Als Grundlage für einen dauerhaften Erfolg zielen Sensibilisierungstrainings darauf ab in einem ersten Schritt kooperationsstörende Gewohnheiten aufzudecken und in einem weiteren Schritt aufzuzeigen wie essentiell die Offenheit, aber auch Kenntnis fremdkultureller Orientierungssysteme ist, um dauerhaft Erfolg zu haben. Ganz klar liegt bei Sensibilisierungstrainings der Fokus nicht auf der Vermittlung von Dos und Don’ts, welche oftmals ohne die notwendige Sensibilisierung nur zu weiteren Stereotypisierungen beitragen. Im Kontext von Auslandsentsendungen stellen Sensibilisierungstrainings den zentralen Erfolgsfaktor dar.

Expatriation – Internationales Personalmanagement – Interkulturelles Personalmanagement

Frühzeitig abgebrochene Auslandsentsendungen können Kosten in Höhe des drei- bis vierfachen Gehalts im Heimatland verursachen – Folgekosten nicht berücksichtigt. Laut diverser Studien bewegen sich Abbruchraten von Auslandsentsendungen zwischen 20 und 50%. Als Hauptgründe werden u.a. mangelnde Sprachkompetenz und Frustration aufgrund von Unverständnis der kulturellen Unterschiede genannt. Doch nicht nur bei internationaler Geschäftstätigkeit sind kulturelle Faktoren von Bedeutung, denn Mitarbeiter aller Unternehmensebenen und Unternehmensbereiche werden mit rasch zunehmenden interkulturellen Einflüssen an ihrem Arbeitsplatz bzw. in ihren Funktionen konfrontiert. Aber nicht nur durch die Globalisierung, sondern auch durch die verstärkte Zuwanderung nach Westeuropa entwickelt sich unsere Gesellschaft zu einer multikulturellen Vielfalt. Nicht zu vergessen, die oft größeren Unterschiede, welche erst in der Zusammenarbeit mit unseren deutschen Nachbarn zutage treten.

“It is not our differences that divide us. It is our inability
to recognize, accept, and celebrate those differences.”
(Audrey Lorde)

HRweb-Artikel:

Ein weiterer HRweb-Artikel zum Thema: „Interkulturelle Kompetenz im Unternehmen aufbauen – jetzt wird es konkret!

Literaturempfehlung:

  • Alexander Thomas & Saskia Lackner (2013): Beruflich in Österreich: Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte.
  • Simon L. Dolan & Kristine M. Kawamura (2015): Cross Cultural Competence. A field guide for developing global leaders and managers.

lackner_saskiaCo-Autorin: Dipl.-Psych.in Saskia Lackner (Stv. Vorsitzende SIETAR Austria/Ansprechpartnerin für Veranstaltungen) ist Diplom-Psychologin mit dem Schwerpunkt Kulturpsychologie, Philosophie und dem Zusatzstudium „Internationale Handlungskompetenz“. Neben ihrer (bildungs-) wissenschaftlichen Auseinandersetzung über das Selbstbild in transkulturellen Biographien an der Universität Wien, arbeitete sie im Bereich Diversity und Integration/ Inklusion. Seit 2012 ist Saskia am Institut für Kommunikation, Marketing & Sales der FH Wien tätig. Saskia vertritt SIETAR Austria im Board von SIETAR Europe und hat weitere Funktionen in diversen Komitees SIETAR Europe. saskia.lackner@sietar.at

Interkulturelle Kompetenz unter Nachbarn – ist das überhaupt notwendig? Feine Unterschiede zwischen D & Ö

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