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BMW-Projektbericht: Gesund führen

13Okt.2015
7 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

In modernen Gesundheitsmanagement-Systemen spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, denn sie prägen mit ihrem Verhalten die Kultur und Arbeitsatmosphäre in ihren Bereichen. Außerdem haben sie für ihre Mitarbeiter eine Vorbildfunktion. Dieses Bewusstsein vermittelt das Unternehmen BMW seinen Führungskräften – unter anderem in einem Weiterbildungsprogramm.

Viele Unternehmen verfolgen bereits seit Jahren im Bereich Gesundheitsförderung einen pro-aktiven Ansatz. Das heißt, ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement-System orientiert sich nicht an dem negativen Präventionsverständnis „Krankheit vermeiden“, sondern an dem positiven Ansatz und Ziel „die Gesundheit der Mitarbeiter fördern und bewahren“. Entsprechend umfassend ist die Palette von Maßnahmen, die viele (Groß-)Unternehmen ihren Mitarbeitern und Führungskräften zum Fördern und Bewahren ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit offerieren.

Dabei gilt jedoch: Wie aktiv und intensiv die Mitarbeiter diese Angebote nutzen, hängt auch stark davon ab, inwieweit sie diese auch als persönlichen Gewinn erfahren – beruflich und privat. Und dies wird wiederum davon beeinflusst, inwieweit ihre Führungskräfte ein gesundheitsförderndes und -bewahrendes Verhalten zeigen und propagieren. Deshalb spielen in allen modernen Gesundheitsmanagement- und -förder-Systemen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle – denn sie prägen durch ihre Entscheidungen und ihr Verhalten die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter. Außerdem haben Führungskräfte stets eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter.

Ziel: ein gemeinsames Gesundheitsbewusstsein

Das erkennen immer mehr Unternehmen. Also vermitteln sie in Weiterbildungsprogrammen ihren Führungskräften das entsprechende Bewusstsein und Können. So müssen zum Beispiel beim Autohersteller BMW, nachdem es zuvor bereits ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm für die außertariflichen Führungskräfte gab, seit 2014 auch alle tariflichen Führungskräfte der operativen Ebene verbindlich ein dreitägiges Seminar zum Thema „Gesund führen“ besuchen, das der Konzern mit Unterstützung des Machwürth Teams entwarf. So fördert das Unternehmen hierarchie- und bereichsübergreifend ein gemeinsames Verständnis dafür, was „gesund führen“ im Führungsalltag konkret bedeutet.

Bei der Konzeption der drei Module, aus denen das Seminar besteht, war es BMW wichtig, dass sich in ihm folgende drei Ebenen des Lernens verzahnen:

  • Wissen – das heißt: Vermitteln von Wissen zu den Themen Gesundheit und Führung sowie deren Wechselwirkung,
  • Können – das heißt: praktische Übungen aus dem Führungsalltag zum Fördern der eigenen Gesundheit sowie der der Mitarbeiter und
  • Wollen – das heißt: Stärkung der eigenen Motivation, ein gesundheitsfördernden Verhalten zu zeigen, weil dies auch als persönlicher Gewinn erfahren wird und Austausch der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen.

Deshalb wird in den Seminaren sehr intensiv mit den eigenen Erfahrungen der Teilnehmer sowie Beispielen und Situationen aus deren Führungsalltag gearbeitet.

Modul 1: Die Führungskraft als Vorbild – Selbstverantwortung stärken

Führungskräfte müssen positive Vorbilder für ihre Mitarbeiter sein, denn an ihnen orientieren die Mitarbeiter ihr Verhalten. Das heißt, wenn Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen oder erwarten, dass diese gewisse Werte leben, dann müssen sie ihnen das entsprechende

Verhalten vorleben. Das gilt auch für das Thema Gesundheit. Daraus folgt: Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter zu einem gesundheitsfördernden Verhalten motivieren möchten, dann sollten sie in der Regel zunächst ihr eigenes Verhalten hinterfragen:

  • Wie gehe ich als Führungskraft mit meiner Gesundheit um?
  • Was tue ich für mein körperliches und geistiges Wohlbefinden?

Sich mit solchen Fragen aktiv zu befassen, ist gerade für Führungskräfte auf der operativen Ebene wichtig, denn aufgrund ihrer „Sandwich-Position” in der Organisation

sind sie nicht nur mit sehr vielen Anforderungen und Erwartungen konfrontiert, sondern auch solchen, die sich teils widersprechen. Entsprechend groß ist der Druck, der auf ihnen lastet, und entsprechend konfliktgeladen können die Herausforderungen sein, vor denen die Führungskräfte stehen. Deshalb dreht sich das Modul 1 vorrangig um folgende Fragen:

  • Was tue ich bereits für meine Gesundheit?
  • Wo liegen meine Handlungsfelder in Bezug auf Gesundheit?
  • Was sollte ich zudem oder noch konsequenter tun?
  • Wie und woran erkenne ich Symptome von Belastung bei mir?
  • Worauf sollte ich achten?
  • Was sind meine Belastungsfaktoren? Was belastet mich konkret?
  • Wie kann ich mit den belastenden Faktoren so umgehen, dass meine Gesundheit gewahrt bleibt?

Diese Fragen werden in Modul 1 mit Hilfe folgender Konzepte und Übungen diskutiert und bearbeitet:

  • die fünf Ebenen ganzheitlicher Gesundheit,
  • das Resilienz-Konzept (Abb. 1) mit seinen sieben Säulen für innere Stärke und Widerstandskraft sowie
  • Achtsamkeit als Haltung und Fähigkeit.

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Abb. 1: Die 7 Säulen für innere Stärke und Widerstandskraft

Modul 2: Führungsverantwortung für Mitarbeiter leben

Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass ihr Bereich seinen Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leistet. Zugleich haben sie jedoch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern. Bereits im Jahr 2000 wies Prof. Peter Nieder von der Helmut-Schmidt Universität in Hamburg in seiner berühmten VW-Studie nach: „Eine Führungskraft nimmt ihren Krankenstand mit, wenn sie versetzt oder befördert wird.“ Das zeigt: Beim Fördern und Bewahren der Gesundheit ihrer Mitarbeiter spielen die Führungskräfte – bewusst oder unbewusst – eine zentrale Rolle. Denn mit ihrem (Nicht-)Tun sowie ihrem Führungs- und Kommunikationsstil beeinflussen sie das Arbeitsklima in ihrem Bereich und lenken das Empfinden und Befinden ihrer Mitarbeiter und Teams.

Deshalb stehen in diesem Modul Fragen zentral wie:

  • Was kann und sollte eine Führungskraft tun, um in ihrem Bereich die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern und zu stärken?
  • Wie weit reicht die Verantwortung der Führungskraft? Wo liegen die Grenzen?
  • Spreche ich als Führungskraft zum Beispiel Mitarbeiter auf Belastungen an, die ihre Wurzeln (auch) in deren privaten Bereich haben (zum Beispiel Übergewicht, Beziehungs-/Eheprobleme)?
  • Woran erkennt eine Führungskraft psychische Belastungen bei Mitarbeitern?
  • Was sind die Ursachen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz?
  • Was kann und sollte eine Führungskraft tun, wenn bei einem Mitarbeiter der Verdacht auf eine – beruflich oder privat bedingte – psychische (Über-)Belastung besteht?
  • Wo finde ich als Führungskraft Unterstützung? Wen oder was kann ich nutzen?

Inhaltliche Konzepte und Themen, die in Modul 2 bearbeitet werden, sind zum Beispiel (Abb. 2):

  • meine Antreiber und die Antreiber meiner Mitarbeiter,
  • Vertrauen und Wertschätzung als Basis der Zusammenarbeit,
  • konstruktives Feedback geben,
  • psychische Belastungen erkennen und angemessen darauf reagieren.

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Abb. 2: Werkzeugkoffer „Gesundheitsgerechte Führung“

Modul 3: Der Rahmen – ein funktionierendes Unterstützungssystem

Führungskräfte sind wichtige Schlüsselpersonen, wenn es um das Schaffen einer gesundheitsfördernden Kultur in ihren Bereichen geht. Doch hierbei benötigen sie Unterstützung. Deshalb geht es im letzten Modul vor allem darum, auf welche Ressourcen die Führungskräfte hierbei im Unternehmen zurückgreifen können und wie Synergien zwischen den verschiedenen Förder- und Unterstützungsmaßnahmen geschaffen werden können.

Das Konzept der Salutogenese (Abb.2), das davon ausgeht, dass bestimmte Faktoren die Widerstandskraft von Menschen erhöhen und ihre Gesundheit bewahren, bietet mit seinen drei Grundsäulen

  • Transparenz und Verstehbarkeit,
  • Sinnhaftigkeit und Bedeutsamkeit und
  • Möglichkeit zur Mitgestaltung und Partizipation

gute Handlungsansätze für ein gesundheitsgerechtes und -förderndes Gestalten der  (Zusammen-)Arbeit in einem Bereich. Zum Unterstützungssystem der Führungskräfte zählen insbesondere deren eigene Vorgesetzte; des Weiteren fachlich kompetente Ansprechpartner aus dem Bereich Personal, aber auch bei der Arbeitnehmervertretung.

Das Unterstützungssystem vieler (Groß-)Unternehmen, so auch bei BMW, ist in Bezug auf eine nachhaltige Gesundheitsförderung sehr breit aufgestellt. Es umfasst außer den gesetzlich geregelten Arbeitsschutz- und -sicherheitsmaßnahmen unter anderem folgende Elemente:

  • einen eigenen Gesundheitsdienst und eigene Werksärzte,
  • Gesamtbetriebsvereinbarungen zu den Themen „Anwesenheitsmanagement“ und „Betriebliches Eingliederungsmanagement“,
  • ein breites Weiterbildungs- und Seminarangebot zum Themenkomplex Gesundheit, Selbstmanagement sowie Stressmanagement/-prävention,
  • einen sozialpsychologischen Dienst der Betriebskrankenkasse,
  • vielfältige Informationsmöglichkeiten über das Intranet (zum Beispiel auch eine tägliche Fitness-Mail mit einer kleinen Pausenübung),
  • Gesundheitstage, Sportveranstaltungen und Sportgruppen bis hin zu
  • Wasserspendern in allen Bereichen.

Für eine nachhaltige Gesundheitsförderung in Unternehmen ist es jedoch nicht primär ausschlaggebend, wie umfassend und umfangreich das Unterstützungssystem ist. Mindestens ebenso wichtig ist, wie gut die unterschiedlichen Akteure vernetzt sind und wie intensiv und selbstverständlich die Angebote genutzt werden. Deshalb diskutierten in diesem Modul auch Werksärzte mit den Führungskräften gesundheitsrelevante Fragen und Probleme.

Fazit

Führungskräfte beeinflussen – bewusst oder unbewusst – das Wohlbefinden und somit die Arbeitszufriedenheit und -motivation ihrer Mitarbeiter. Also haben sie auch eine Mitverantwortung für deren Gesundheit. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, benötigen sie das erforderliche Rüstzeug und die nötigen Werkzeuge. Außerdem ist eine kompetente Begleitung und Unterstützung von ihnen, sei es durch ihre Vorgesetzten und/oder Gesundheitsexperten, nötig. Denn nur dann können sie sich selbst und andere achtsam sowie gesundheitsfördernd und -bewahrend führen.

Das ist dem Unternehmen BMW bewusst; ebenso, dass die Ursachen für Gesundheit und Krankheit sehr vielfältig und individuell verschieden sind. Deshalb verfolgt es beim betrieblichen Gesundheitsmanagement einen ganzheitlichen, integrativen Ansatz. In ihm spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, weil sie die Treiber einer entsprechenden Kulturentwicklung sind. Das setzt bei den Führungskräften außer einem gewissen Selbstverständnis auch gewisse Kompetenzen voraus. Das ist dem Unternehmen BMW bewusst. Deshalb entwickelt es diese bei seinen Führungskräften gezielt und mit System.


Gastautorinnen

„BMW-Projektbericht: Gesund führen“

Die beiden Autorinnen arbeiten als Senior Consultants für das Trainings- und Beratungsunternehmen Machwürth Team International, Visselhövede (www.mticonsultancy.com). Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem in der Führungskräfteentwicklung und im Betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Dr. Sarina Keiser ist Dipl. Psychologin sowie Trainerin und hat eine systemische Ausbildung als Organisationsberaterin und Coach absolviert.

Ute Leopold ist Betriebswirtin, Trainerin sowie systemische Organisationsberaterin und verfügt über langjährige Erfahrungen als Führungskraft.

BMW-Projektbericht: Gesund führen

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