# demograFischer Wandel Österreich / demograPHischer Wandel Österreich
Demografischer Wandel Österreich: Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft zählt in Österreich zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen und hat damit einen bedeutenden Einfluss auf Wirtschaftswachstum, Einkommen, Beschäftigung und regionale Entwicklung. Der österreichische Tourismus weist, bezogen auf die Landesgröße, ein relativ hohes Niveau auf. Der Marktanteil Österreichs im internationalen europäischen Tourismus beträgt etwa 6% (gemessen an den Tourismusexporten der EU-15). Experten sprechen jedoch nur von möglichen, moderaten Zuwachsraten für die folgenden Jahre.
Der folgende Beitrag Ist Teil der HRweb-Serie „Demografischer Wandel Österreich & Lebenslanges Lernen“. Er baut auf den beiden HRweb-Artikeln
♦ „Lebensphasen im Fokus: Eine Antwort auf die demografische Herausforderung?“ und
♦ „Alte Mitarbeiter sind … Was sagen Studien über Alters-Stereotype für ältere Arbeitnehmer?“
♦ „Demographischer Wandel Österreich – wie sieht die Weiterbildungssituation in österreichischen Betrieben aus?“
auf und beleuchtet das Thema Lernen, Beschäftigungsfähigkeit und Alter.
Wie verändert nun der demografische Wandel den Tourismus?
Der steigende Anteil älterer Personen an der Gesamtbevölkerung bringt Expansionsmöglichkeiten für den Tourismus, wenn das Angebot dementsprechend adaptiert wird. Die Ansprüche an Urlaubsaktivitäten älterer Gäste, ein stark wachsendes Segment, verschieben bzw. verändern sich. Hier kann u.a. ein Trend weg vom Alpin Ski, hin zu Langlauf oder Schneeschuhtouren verzeichnet werden. Dieser geht unserer Ansicht nach aber nicht nur mit dem Alter einher, sondern ist auch auf das Preis-Leistungsverhältnis im Wintersport zurück zu führen.
Wir können auch davon ausgehen, dass der Wellnesstourismus weiterhin einen starken Boom erfahren wird. Die gesundheitstouristischen Nächtigungen nehmen einen Anteil von rund 23% (18 Mio.) an den gesamten gewerblichen Nächtigungen in Österreich ein, davon sind wiederum 75% dem (alpinen) Wellness-Tourismus zuzuordnen (Studie der Donau Uni Krems aus dem Jahr 2014). Das Reiseverhalten von älteren Menschen kann wie folgt beschrieben werden: sie verreisen häufiger, tätigen höhere Ausgaben, bevorzugen Pauschalreisen, verzeichnen tendenziell eine eher längere Aufenthaltsdauer, ihre Nachfrage hat relativ niedrigere Saisonschwankungen, der Inlandsanteil ist höher und die Gesundheitsorientierung ist relativ ausgeprägt (Lohmann et al 2012). Eine dementsprechende Ausrichtung der Angebotsstruktur für Betriebe im Tourismus ist somit unumgänglich.
Demografischer Wandel Österreich: Tourismus als Jobmotor mit neuen Herausforderungen!
Der demografische Wandel fordert den Tourismus aber nicht nur auf Kundenseite, es gibt auch einen starken Wettbewerb um junge, qualifizierte Arbeitskräfte sowohl in Österreich als auch international. Das Institut für Höhere Studien belegt durch unterschiedliche Studien, dass der Tourismus weiterhin Jobmotor über die Branche hinaus ist und bleibt.
Die Altersstruktur im Tourismus ist im Vergleich zu anderen Branchen deutlich jugendzentrierter. 3/4 (!!!) der Beschäftigten im Beherbergungs- und Gaststättenwesen sind unter 45 Jahre alt. Vergleichsweise sei an dieser Stelle der Bankensektor genannt, wo der Großteil der Mitarbeiter über 45 Jahre alt ist. Faktoren, die die Attraktivität von Tourismusjobs beeinträchtigen sind u.a. die Lohnstruktur sowie die Stabilität der Beschäftigungsverhältnisse. Eine oftmals diskutierte saisonale Entzerrung würde somit eine Ganzjahresbeschäftigung sowie eine einhergehende Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit sich bringen; das liegt ganz stark an der Ausrichtung des Angebots. Während attraktivere Rahmenbedingungen, zB durch bessere Entgeltung in weiterer Folge zu höheren Arbeitskosten, somit höheren Preisen für die Konsumenten und einer möglichen Verschlechterung der Wettbewerbsposition führen können (Lohmann et al 2012).
Der Artikel Alte Mitarbeiter sind … Was sagen „Studien über Alters-Stereotype für ältere Arbeitnehmer?“ dieser Serie hat sich dem Thema Altersstereotype gewidmet und klar aufgezeigt, dass in österreichischen Unternehmen aktuell noch zu wenige Maßnahmen gesetzt werden, die ältere Mitarbeiter, deren unterschiedliche Ansprüche an Führung, Motivation, Arbeitsbedingungen sowie Vorurteile ihnen gegenüber thematisieren.
Wir können davon ausgehen, dass insbesondere in stark jugendzentrierten Branchen wie dem Tourismus nochmals ein verstärkter Nährboden für Stereotype gegeben ist, da der in der Literatur aufgezeigte förderliche intergenerationelle Kontakt oft zu kurz kommt.
Eine im Jahr 2015 durchgeführte Online-Umfrage mit Berufstätigen und Studenten in der Tourismusbranche (n=308), untersuchte den demografischen Wandel im Tourismus (Ferrari 2015). Die Ergebnisse dieser Studie konnten ansatzweise die zwei übergreifenden Kernelemente der Vorurteile über ältere Personen bestätigen. Diese werden mit eher niedrigerer Kompetenz aber/und hoher Herzlichkeit wahrgenommen (beschrieben u.a. von Nelson, 2002; Cuddy et al., 2005; Blaine, 2013). In der durchgeführten Umfrage erkennen interessanterweise weniger als die Hälfte (45% der Befragten) den Mangel an Arbeitskräften und 40% den Verlust an Wissen als unmittelbar bevorstehende Gefahren. Das mag unter Umständen auch an dem Sample – eher jüngere Mitarbeiter – liegen. Als wichtigste Voraussetzungen für den Wissenstransfer von älteren zu jüngeren Mitarbeitern, und umgekehrt, werden ein vertrauensvolles Umfeld, die Unternehmenskultur und die Führung des Managements genannt.
Fazit
„It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives.
It is the one that is most adaptable to change.”
(Charles Darwin)
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der demografische Wandel auf nationaler sowie auch auf regionaler Ebene überwiegend Chancen für den Tourismus bringt, wenn dieser es vermag, die Angebote an die neue (ältere) Gästestruktur anzupassen. Als eher herausfordernd kann man die Folgen für den touristischen Arbeitsmarkt beschreiben, insbesondere wenn der Studie von Ferrari folgend die Themen Attraktivität der Branche und Wissenstransfer nicht aufgegriffen werden. Erste Ansatzpunkte liefert die Studie von Ferrari (2015): vertrauensvolles Umfeld, die Unternehmenskultur und die Führung des Managements als zentrale Einflussfaktoren – Aspekte, welche in der Literatur oft beschrieben und diskutiert werden, im Unternehmensalltag aber leider genauso oft nicht die notwendigen Ressourcen gewidmet werden. Weiters sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass die Arbeitsbedingungen bei Stellen, welche insbesondere körperlich tätig sind, angepasst werden müssen. Eine Initiative, welche „Productive Ageing in Tourism“ aufgegriffen hat, war der Young Hotelier Award 2015 (ein Nachbericht dazu hier), wo Mitarbeiter von Hotelbetrieben in Wien innovative Konzepte vorstellten. Zusammen mit dem Fachverband Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich wird der Award österreichweit ausgetragen. Hierdurch konnten viele Impulse für die Branche gewonnen werden.
Co-Autor
Sebastian Ferrari ist deutscher Herkunft und in Italien aufgewachsen. Er gewann mit seinem Forschungsprojekt über Productive Ageing (“From roots to fruits”) im April 2015 die dritte Platzierung beim Young Hotelier Award. Im Juli 2016 wird er seinen Master of Science in Sustainable Development, Management and Policy an der Modul University, welches aufgrund seiner hervorragenden akademischen Leistung durch ein Stipendium finanziert wird, abschließen. Kontakt: sebastian.ferrari@tutanota.com
Literaturverzeichnis (demografischer Wandel Österreich)
- Blaine, E. B. (2013). Understanding the Psychology of Diversity. Thousand Oaks, CA.: SAGE Publications.
- Cuddy, A. J.; Norton, M. I. and Fiske, S. T. (2005). This Old Stereotype: The Pervasiveness and Persistence of the Elderly Stereotype. Journal of Social Issues, Vol. 61, Nr. 2, pp. 265 – 283.
- Donau Uni Krems (2014): Gesundheitsmanagment in Österreich 2014. Endbericht. Online hier abrufbar: http://www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/Endbericht_Gesundheitstourismus_2014_mit_Deckblatt.pdf
- Ferrari, Sebastian (2015): Demographischer Wandel im Tourismus. Unveröffentlichte Projektarbeit Young Hotelier Award 2015.
- James, J. B.; Swanberg, J. E. and McKechnie, S. P. (2007). Generational Differences in Perceptions of Older Workers’ Capabilities, pp. 1 – 10. Boston, MA.: The Center on Aging & Work.
- KMU Forschung Austria (2008): Tourismus und Freizeitwirtschaft. Herausgeber AWS Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule. Online hier abrufbar: http://www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/mp_tourismus_und_freizeitwirtschaft%5B1%5D.pdf
- Lohmann, M., Müller, H., Pechlaner, H., Smeral, E. & K. Wöber (2012): Österreich Tourismus: Überwindung der Stagnation. Chancen und Wege. Bericht des Expertenbeirats „Tourismusstrategie“. Onine hier abrufbar: http://www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/Bericht%20des%20Expertenbeirats_2012.pdf
- Nelson, T. D. (2002). Ageism: Stereotyping and Prejudice against Older Persons. Cambridge, MA.: MIT Press.
Branchen Case-Study: Demografischer Wandel (Österreich) im Tourismus