Viele Arbeitnehmer fürchten diese Situation – die Firma versetzt sie völlig überraschend an einen anderen Standort oder zieht selbst um. Diese berufsbedingten Umzüge kommen immer häufiger vor. Oft hängen sie mit einer Fusion, Konzentration bzw. Kostenreduzierung zusammen. Ein Umzug ist ungeachtet der Distanz zum alten Wohnort immer ein tiefgreifender Einschnitt im Leben der Beteiligten, der viel mehr umfasst, als den bloßen Wechsel der Wohnung selbst.
Autorin: Philipp Meier
Angestellte müssen bei der Frage, wie sie sich in einem solchen Fall verhalten sollen, den Arbeitsvertrag beachten. Damit erübrigt sich möglicherweise der unangenehme Weg vor das Gericht. Was im Vertrag unter dem Paragrafen „Arbeitsort“ vereinbart wurde, ist meistens entscheidend und bindend. Ist darin der bisherige Arbeitsort festgelegt, kann der Arbeitnehmer eine Versetzung ablehnen. Dies könnte jedoch zu einer Kündigung führen, wenn das Unternehmen dies damit begründet, dass die an den bisherigen Arbeitsort gebundene Beschäftigung aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Möglicherweise erwägen beide Parteien schließlich, den Arbeitsvertrag dahingehend zu ändern, dass die Klausel bezüglich des Arbeitsorts eine mögliche Versetzung vorsieht.
Zumutbarkeit und Perspektiven sind entscheidend
Keineswegs Zumutung stellt die Ausweitung des Arbeitswegs um nur wenige Kilometer dar. Wenn das tägliche Pendeln zur neuen Arbeitsstätte jedoch zur Belastung oder schier unmöglich wird, liegt eine andere Situation vor. Zudem erschweren zum Beispiel die Finanzierung eines Gebäudes oder die eventuelle Aufgabe von Wohneigentum einen jobbedingten Umzug, genauso wie etwa die momentan lukrative Arbeit des Partners oder aber gemeinsames Sorgerecht (Obsorge) im Trennungs- oder Scheidungsfall. Mit derartigen Streit- und Problemfällen sehen sich Gerichte immer wieder konfrontiert.
Viele Österreicher sind Untersuchungen zufolge im Vergleich zu anderen Europäern besonders heimatverbunden. Wie dieser Bericht belegt, kann sich laut einer Umfrage zunächst in etwa jeder Zweite vorstellen, für einen neuen Job umzuziehen. Einen Auslandsaufenthalt erwägen sogar 62 Prozent. Allerdings würde lediglich jeder Fünfte seinen bisherigen Wohnort verlassen, um überhaupt eine Arbeit zu bekommen. Ein Drittel lehnt einen Umzug schließlich ganz und gar ab.
Aus einer anderen Umfrage ging hervor, dass nur 18 Prozent der Österreicher bereit waren, für den Job ins Ausland zu ziehen. Insgesamt ziehen die Bürger hierzulande etwa vier Mal, Mieter dabei fünf, Eigentümer drei Mal in ihrem Leben um. Sie zählen damit zu den eher sesshaften Europäern und liegen deutlich hinter Schweden oder Finnen mit etwa sechs Umzügen. Amerikaner wechseln im Allgemeinen sogar elf Mal ihren Wohnort.
Prinzipiell bleiben Heimat, Familie und Freundeskreis von zentraler Bedeutung. Besonders für Familien muss der neue Wohnort über ein entsprechend pädagogisches Angebot und Freizeitmöglichkeiten verfügen. Höheres Gehalt, die Aussicht auf eine langfristige Anstellung oder Selbstverwirklichungsmöglichkeiten schaffen jedoch ebenfalls einen nicht zu unterschätzenden Anreiz, um die gewohnte Umgebung aufzugeben.
Junge Leute sind deutlich eher zu einem Umzug bereit als vor allem Fünfzig- oder Sechzigjährige. Viele lockt auch das Ausland. Anhand dieses Diagramms zur lebensphasenorientierten Arbeitszeit wird ersichtlich, dass sich junge Arbeitnehmer zwischen zwanzig und dreißig Jahren in der Hochleistungsphase befinden, bevor die Karenzzeit (Elternzeit) beginnt. Sie sind demnach am ehesten in der Lage, ihr Arbeitsleben flexibel zu gestalten. Allerdings verbleiben sie in zunehmendem Maße in der elterlichen Wohnung, um wegen Wohnungsnot und Arbeitsmarktproblemen Kosten zu sparen.
Diese Argumente verlocken besonders zum Umzug:
- höheres bzw. attraktives Gehalt
- Aussicht auf langfristige Anstellung
- Perspektiven, auch für die Familie (Betreuung und Freizeitangebot)
- berufliche Freiräume wie etwa Home-Office-Modelle
- Selbstverwirklichungsmöglichkeiten
- individuell: Angebote der Großstadt oder ländliche Idylle
- Unterstützung durch den Arbeitgeber
Der eigentliche Umzug – chaotisch oder entspannt?
Unabhängig davon, ob die Entscheidung für einen Umzug aus beruflichen Gründen gefallen ist oder aus anderen – es sind zahlreiche Schritte vonnöten. Zunächst stellt sich die Frage, wer für den mehr oder weniger großen Kraftakt benötig wird – keinen, Freunde oder eine Firma? Oft muss der Umzug schnell vonstattengehen, sodass sich zum Beispiel die Nebenkostenermittlung verzögert, da der Mieter es versäumt hat, die Uhren oder Zähler abzulesen. Eine weitere Problematik merken viele mitunter erst deutlich später – wenn nämlich Briefe immer noch an die alte Adresse geliefert werden. Behördengänge sind unumgänglich und sollten rechtzeitig erledigt werden. Weiteren Rat und Hilfe zur Organisation und Entscheidungsfindung bei derartigen Fragen und Problemen bietet immobilienscout24.at in einem Ratgeber zum Thema Umzug an.
Für entspannten Einstieg sorgen
Arbeitgeber können dafür sorgen, Mitarbeitern etwaige Umzüge zu erleichtern oder im besten Fall lukrativ zu gestalten. Dazu zählen keineswegs nur gehobenes Gehalt oder das Angebot, dass jene sich weitgehend frei entfalten oder vielleicht einen Teil der Woche in Heimarbeit verbringen können. Die Unternehmen können darüber hinaus bezahlten Sonderurlaub gewähren, vielleicht sogar bei einem nicht notwendigen, sondern erwünschten Umzug. Als sehr hilfreich erweisen sich zudem steuerfreie Umzugskostenvergütungen (Informationen zum § 49 Abs. 3 Z 4 ASVG sind auf dieser Seite (https://www.jusline.at/49_Entgelt_ASVG.html) zu finden), Vorabinformationen über geeignete Wohnmöglichkeiten oder Servicemaßnahmen bei Behördengängen. Diese sogenannten „Relocation Services“ sind besonders, aber keineswegs ausschließlich von Bedeutung, wenn sich der neue Arbeitsort im Ausland befindet.
Am neuen Standort ist es wichtig, dass das Team oder zumindest ein Ansprechpartner den neuen Kollegen verständnisvoll empfängt und einarbeitet. Dazu gehört auch, dass der Arbeitsplatz vorbereitet ist. Auf keinen Fall darf beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, dass er stört oder belastet. Nicht zuletzt tragen Informationen über Freizeitmöglichkeiten dazu bei, den vielleicht neuen Lebensabschnitt entspannt zu starten.
Pendeln oder umziehen?
Etliche Angestellte oder auch Freiberufler, die erst einen Arbeits- bzw. Dauerauftrag mit einem Unternehmen beginnen möchten, der einen Umzug zumindest nahelegt, müssen sich entscheiden: Inwieweit und mit welchem Verkehrsmittel können und wollen sie pendeln? Mieten oder finanzieren sie Wohnraum am neuen Arbeitsort? Ziehen sie um? Wollen sie einen längeren täglichen Arbeitsweg in Kauf nehmen, sollten sie großzügig Verkehrsprobleme und besonders klimatische Bedingungen einkalkulieren.
Jeder zehnte Büromitarbeiter arbeitet mittlerweile im Home-Office. Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden hat durchaus seine Vorteile: kein Arbeitsweg, dafür Selbstständigkeit und – wenn möglich – Ruhe. Doch nur ein Teil der Heimarbeiter kann ein ganzes Büro sein Eigen nennen. Viele sehen sich gezwungen, täglich den Esstisch zum Arbeitstisch umzufunktionieren. In vielen Fällen sehen die Arbeitsverträge vor, dass die Mitarbeiter im Home-Office zu festen Terminen oder spontan in den Räumlichkeiten des Arbeitsgebers zu erscheinen haben. Dies ist zum Beispiel bei Besprechungen oder Tagungen der Fall. Angesichts der Entfernung und der Häufigkeit stellen sich auch dann fallabhängig die Fragen, wie der Arbeitsort erreicht und ob eine Unterkunft vor Ort notwendig wird.
Gastautorin
Philipp Meier ist 1984 in Wien geboren und hat Germanistik und Politikwissenschaft studiert. Seit drei Jahren ist er als Redakteur in einem renommierten Verlag für Kinderbücher angestellt. Wir freuen uns, dass er uns mit seiner Expertise zur Seite steht.
Wohnortwechsel für den Job: Wie Flexibilität sollte ein Arbeitnehmer heute sein?