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Warum Konflikte oft eskalieren – Oder: A Schrift’l is a Gift’l

17Jun2016
4 min
2fists

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in unserer Gesellschaft werden zunehmend schwieriger. Das merkt man nicht zuletzt daran, wie schnell heute Konflikte in den sozialen Medien eskalieren. Aber auch an den Unternehmen geht diese Entwicklung nicht spurlos vorüber, denn immer öfter brechen langjährige Konfliktsituationen auf.

Permanente Umstrukturierungen, Einsparungsvorgaben, Generationenkonflikte und nicht zuletzt die zunehmenden Sorge um den Arbeitsplatz bringen Führungskräfte und Mitarbeiter immer stärker unter Druck. Das führt dazu, dass Emotionen schneller hochkochen und die Suche nach Sündenböcken und Schuldigen als „Ventil“ für diese Sorgen und Ängste benutzt wird.

Diese Dynamik wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Und damit wird eine gut ausgeprägte Konfliktkultur zum wirtschaftlichen Überlebensfaktor für jedes Unternehmen.

Sprachlosigkeit als Brandbeschleuniger in Konflikten

In der Gesellschaft und damit auch in den Unternehmen führt vor allem ein Aspekt zu einem rascheren Eskalieren von Konflikten: Es wird immer weniger miteinander geredet. In Zeiten von Smartphone und Social Media kommunizieren viele Menschen nur mehr mittels technischer Hilfsmittel. Wenn aber Argumente nicht mehr face-to-face ausgetauscht werden, gehen wesentliche Elemente in der Interaktion und Kommunikation verloren.

Denn nur 7 % der Wirkung einer Nachricht betreffen das gesprochene oder geschriebene Wort. Aber über 90 % der Wirkung in der Kommunikation werden durch Tonalität und Körpersprache bestimmt. Bei der Verwendung von sozialen Medien fehlen genau diese Aspekte. Welche Mimik und Gestik jemand aufsetzt, wenn er ein Mail schreibt oder auf facebook postet, ist für den Empfänger nicht sichtbar. Damit wird das Risiko, eine Nachricht falsch zu verstehen, dramatisch hoch. Vor allem dann, wenn es sich um den Austausch von unterschiedlichen Standpunkten handelt.

„A Schrift’l is a Gift’l“ – dieses alte Sprichwort zeigt, dass bereits Generationen vor uns erkannt haben, wie heikel die Verwendung der Schriftform in kontrovers geführten Diskussionen sein kann. Manchmal mag es erforderlich sein, um relevante Standpunkte zu dokumentieren. Sehr oft ist aber der Umstieg auf die Schriftform in Konflikten ein Zeichen dafür, dass die Streitparteien nicht mehr bereit sind, konstruktive Gespräche zu führen. Dieser Kommunikationsabbruch wirkt dann wie ein Brandbeschleuniger in Richtung Konflikteskalation.

Konflikte bearbeiten – Der frühe Vogel fängt den Wurm

Viele Führungskräfte sind bereits in „ruhigen Zeiten“ mit einer lösungsorientieren Konfliktarbeit überfordert. Kopf in den Sand und hoffen, dass sich die Dinge wieder von alleine regeln – das ist die natürliche Reaktion vieler Manager in unangenehmen Situationen. Das mag lange Jahre mehr schlecht als recht funktioniert haben. Aber in Zeiten massiver Veränderungen ist ein frühzeitiges Erkennen und Ansprechen von Konflikten wichtiger denn je. Je früher interveniert wird, desto geringer ist das Risiko von Konfliktfolgekosten. Wird zum Beispiel ein Schlüsselmitarbeiter „sprachlos“, kann das ein Anzeichen einer bevorstehenden Kündigung sein.

Immer mehr Unternehmen erkennen, wie wichtig es ist, Konflikte bereits auf einem möglichst niedrigschwelligen Niveau zu thematisieren. Und schaffen  präventive Konfliktstrukturen, um die Streitkultur innerhalb der Organisation nachhaltig zu verbessern. Zum Beispiel durch die systematische Installation von internen Konfliktlotsen bzw. Konfliktberater als „Ersthelfer“ im Anlassfall.

Dieser in der Konfliktanalyse und in der lösungsorientierten Gesprächsführung bestens ausgebildete Personenkreis wird quer über die Organisation verankert. Ob Führungskraft, HR-Mitarbeiter oder Projektleiter: Diese Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und dienen allen Mitarbeitern als erste Anlaufstation im Konfliktfall. Mit der Zielsetzung, je nach Analyse der Problemstellung entweder selber lösungsorientiert zu coachen oder an einen externen Moderator weiter zu leiten.

Konflikte lösen – Durch’s Reden kommen d’Leut z’samm

Wenn die Stimmung in der Gesellschaft aufgeheizt ist, scheint es angebracht, sich an die Sprüche unserer Ahnen zu erinnern: „Durch’s Reden kommen d’Leut z’samm“ – „A Schrift’l is a Gift’l“ – „Mia wern kan Richter brauchen“ – „Mia wern net glei streitad wern“ – „Da erste Verdruss is da Beste“ und noch einige mehr. Darin liegt viel Erfahrungswissen – vor allem die Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn es den Menschen einmal wirklich schlecht geht. Davon sind wir – noch – weit entfernt.

Für Unternehmen heißt es in der Konfliktarbeit heute: Neue Zeiten erfordern neue Wege. Ähnlich wie im betrieblichen Gesundheitsmanagement geht es auch im Konfliktmanagement darum, die Organisation und die in ihr tätigen Menschen an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen.

Und auch hier ist ein ganzheitlicher Ansatz der Schlüssel zum Erfolg. Das heißt, nicht nur die handelnden Personen sind entsprechend zu sensibilisieren und zu qualifizieren, sondern auch die organisatorische Strukturen müssen die Entwicklung einer lösungsorientierten Konfliktkultur unterstützen. Um sicherzustellen, dass das persönliche Gespräch nicht gegen ein eskalierendes Mail-Posting getauscht wird.

 „Wo es kein Gespräch mehr gibt, beginnt Gewalt.“
(Sokrates, griechischer Philosoph)

 


Tipp zum Thema

  • Lehrgang: Ausbildung zum internen Konfliktlotsen/-berater
  • Start: Dezember 2016
  • Anbieter: seminarconsult
  • Lehrgangs-Leitung: Harald Schmid

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