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Poleposition beim Start in die Lehre

15Sep2016
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Für viele Jugendliche beginnt im September der „Ernst des Lebens“, die letzten Schulferien sind zu Ende und sie steigen in ihren neuen Lehrberuf ein. Eine aufregende Zeit und ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Ein optimaler Start für beide – den ausbildenden Betrieb und den auszubildenden Lehrling – ebnet den Weg für eine gute Zusammenarbeit über die gesamte Lehrzeit.

Die ersten Schritte

Der erste Tag im neuen Betrieb ist von großer Bedeutung für einen jungen Menschen. Alles ist neu und ungewohnt, Nervosität und Unsicherheit sind da nichts Ungewöhnliches. Der Arbeitsalltag unterscheidet sich deutlich vom gewohnten aus der Schulzeit. Die Tage sind nicht nur länger, auch die körperliche Anstrengung sind viele Jugendliche nicht gewöhnt, werden die Tage in der Schule doch eher im Sitzen verbracht. Betriebe, die Erfahrung mit Lehrlingen haben, wissen über die anfänglichen Hindernisse Bescheid und bieten schon bevor erste Probleme auftreten Hilfestellungen an.

Kick-off-Veranstaltungen haben sich in der Praxis bewährt, sie sorgen gleich für den richtigen Spirit zu Beginn der Lehrzeit. Hier bekommen die Jugendlichen und fallweise auch deren Eltern nicht nur umfassende Informationen über den Betrieb und den Ausbildungsplan, sondern lernen auch die Geschäftsführung und die zuständigen Personen persönlich kennen. Der erste Tag im Betrieb bekommt damit eine besondere Wichtigkeit und die neuen Mitarbeiter fühlen sich von Anfang an wertgeschätzt und willkommen geheißen.

Willkommensmappen mit den wichtigsten Infos und den Abläufen der ersten Arbeitstage geben Struktur und Sicherheit. Ebenso hilfreich hat sich erwiesen, Lehrlingen von Anfang an eine Bezugsperson in der Firma vorzustellen die als Ansprechpartner für Fragen oder Unklarheiten fungiert, die duale Ausbildung begleitet und auch über den Lernstand in der Berufsschule Bescheid weiß. Bei ersten auftretenden Schwierigkeiten in der Berufsschule kann so frühzeitig reagiert werden und mit Nachhilfe oder internen Förderprogrammen einem negativen Abschluss entgegengesteuert werden. Förderungen dafür gibt es von der WKO.

Auch die Einbeziehung der Mitarbeiter auf allen Ebenen, auch wenn diese nicht unmittelbar mit dem Lehrling zu tun haben, schafft von Beginn an eine Atmosphäre, in der sich der Neuankömmling willkommen fühlt. Am ersten Tag sollte daher eine Runde durch den Betrieb bzw. durch die Abteilung mit Vorstellung bei den Kollegen stattfinden. Ebenfalls am Programm für den ersten Tag sollte die Vorbereitung des Arbeitsplatzes (Arbeitskleidung, Passwörter, Unterlagen, Spind, etc.) stehen.

Im Vorfeld können Ausbildner und Kollegen geeignete Aufgaben aus den anfallenden Arbeiten im Betrieb auswählen, die in den ersten Arbeitstagen bewältigt werden müssen. Geben Sie Ihrem Lehrling klare Aufgabenbereiche und viel Zeit zum Üben! Perfektion entsteht durch Zeit zum Trainieren. Die Aufgaben sollten eine Relevanz zum Beruf und Ausbildungsziel haben und auf das Können des Lehrlings aufbauen. Es ist nicht sinnvoll, den Lehrling als billigen Hilfsarbeiter zu missbrauchen. Beim Ausbildungsplan ist es wichtig, eine Balance aus Anforderung mit dem passenden Schwierigkeitsgrad ohne den Auszubildenden zu überfordern zu finden. So mancher Jugendliche mag uninteressiert wirken, weil er aus Unsicherheit keine Fragen stellt. Mitunter aber auch deshalb, weil er unterfordert ist. Junge Menschen wollen in der Regel lernen und sich als wertvolles Mitglied des Teams erleben.

Klare Regeln und eine Hausordnung werden am besten schriftlich mitgegeben. Der Umgang mit Pausen, Rauchen und auch mit dem Handy ist damit von Anfang an geklärt und der Lehrling weiß, worauf er Rücksicht nehmen soll und welches Verhalten erwünscht ist.

Die Vorbereitung für die Lehrabschlussprüfung beginnt am ersten Arbeitstag

Der erste Tag stellt bereits die Weichen für die folgende Lehrzeit des jungen Auszubildenden. Die Lehrabschlussprüfung stellt das letzte Ziel der Ausbildung dar. Bis dahin gilt es Zwischenziele zu definieren: Richtziele umreißen das Ausbildungsziel laut Ausbildungsplan, Grobziele werden abgestimmt auf den Ausbildungsplan und dessen Inhalt. Feinziele (Methoden, Werkzeuge, Material, genaue Arbeitsvorgänge) sind für den Bewertungsschlüssel zur Erfolgsevaluierung hilfreich. Hilfreich dabei ist es, Aufgaben in einzelne, nachvollziehbare Arbeitsschritte zu zerlegen, um mögliche Fehlerquellen schneller aufspüren zu können.

Geben Sie Ihrem Lehrling und sich im Laufe der ersten Wochen der Lehre Zeit, diese Ziele und den Ausbildungsplan im Detail zu besprechen und die Ziele nach Bedarf anzupassen.

Zum Abschluss des ersten Tages ist es zielführend, sich Zeit nehmen um zu reflektieren, wie der Auszubildende den ersten Tag erlebt hat und eine Vorschau darauf zu geben, was den Lehrling die nächsten Tage erwartet. Dabei ist es wichtig, bei dem Neuling ein positives Gefühl zu hinterlassen.

Probezeit für Lehrlinge

Die ersten drei Monate gelten nach BAG (Berufsausbildungsgesetz) als Probezeit, das Lehrverhältnis kann in diesem Zeitraum von beiden Seiten ohne Angaben von Gründen gelöst werden. Regelmäßige Gespräche und Rückmeldungen durch den Ausbildner während der Probezeit geben dem Lehrling Sicherheit und Anhaltspunkte und können etwaige Missverständnisse bereits im Vorfeld beseitigen. Ein Gesprächsleitfaden dazu hilft solche Gespräche besser zu planen und zu strukturieren

Rollenerwartungen an Ausbildner

Als Ausbildner von Lehrlingen haben Sie unterschiedliche Erwartungen und Rollen zu erfüllen. Sie sind Erzieher, Vorbild, Experte durch Ihre fachliche Kompetenz, Vorgesetzter. Die Eltern, der Betrieb und auch der Lehrling selbst haben unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen an die Rolle des Ausbildners.

Jugendliche Lehrlinge sind meist in der Pubertät und an der Schwelle zum Erwachsenwerden, ihre Persönlichkeit ist noch nicht gereift und sie brauchen klare Richtlinien und Führung. Die Herausforderung für Vorgesetzte einerseits partnerschaftlich und auf Augenhöhe aber auch als Vorgesetzter und Ausbildner zu agieren erfordert Selbstreflexion (Selbstbild vs. Fremdbild) und Auseinandersetzung mit dem eigenen Führungsstil.

Spezifisches Fachwissen über Teambildung – Phasen der Teambildung, Rollen im Team – und Motivation – wie kann ich meine Lehrlinge motivieren? – bereitet Sie als Ausbildner auf diese herausfordernde und verantwortungsvolle Tätigkeit mit jungen Menschen vor.
Wenn Sie deren Motivationslagen erkennen, können Sie Ihre Lehrlinge auch für unattraktive oder schwierige Aufgaben gezielt motivieren.

Ob der erste Ausbildungstag ein voller Erfolg wird, liegt einerseits in der Hand des Auszubildenden, der mit seinem Engagement und seinem Lerneifer punkten kann, andererseits aber auch in der Verantwortung des Betriebs, der von Anfang an für klare Strukturen sorgt und damit von Beginn an die Spielregeln und Rahmenbedingungen für die weitere Zusammenarbeit im Laufe der Ausbildung festlegt.

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