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Eventbericht | Wiener Leadership Kongress 2016: Möchten wir Schafe sein oder Eigenverantwortung übernehmen?

15Nov2016
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Wiener Leadership Kongress 2016, 10+11nov2016, Wien

 

„Das Geheimnis voranzukommen, ist anzufangen“ (Mark Twain)

 

Der Wiener Leadership Kongress jährte sich 2016 bereits zum zweiten Mal. Im wunderschönen Ambiente des Palais Eschenbach standen im Fokus des diesjährigen Kongresses die Themen Sinn und Zusammenarbeit. Diese beiden spannenden Themen zogen sich wie ein roter Faden durch eineinhalb überaus mitreißende und packende Kongresstage.

Donnerstag

Wiener Leadership KongressBeim Auftakt am Donnerstagabend berichtete die Veranstalterin Mag. Karin Weigl, MSc (Foto rechts), Motivatorin und Impulsgeberin für bewusstes Leadership und Zusammenarbeit auf Augenhöhe, von den herausfordernden Vorbereitungsarbeiten für den Kongress. Ihre offene und ehrliche Eröffnungsrede war die erste und wichtige Basis für viel Zusammenarbeit und Offenheit unter den zahlreichen Kongressteilnehmern. Der Schlüssel sei es, im Jetzt zu sein und sich einzulassen, meinte Weigl, und betonte, dass man immer die Wahl habe, bei Herausforderungen in Krise und Panik zu verfallen oder aber Herausforderungen gelassen zu nehmen.

Die erste Keynote Speakerin des Abends war Univ. Prof. Dr. Renée Schroeder, Molekularbiologin und Universitätsprofessorin am Department für Biochemie der Max F. Perutz Laboratories. Der Titel Ihrer Keynote: Führung aus dem Blickwinkel der Evolution. Die nicht minder spannende Eröffnungsfrage: Wollen wir Schafe sein oder Eigenverantwortung übernehmen? Schroeder, die seit vierzig Jahren über den Ursprung des Lebens forscht, betonte, wie wichtig es sei, Eigenverantwortung zu haben, um kreativ arbeiten zu können. Es gehe viel Energie verloren, wenn man seinen Chef verachtet, meint sie. Schroeder erklärte mit den klaren und fesselnden Worten einer höchst erfahrenen Wissenschaftlerin, dass die Evolution keinen Plan und kein Ziel hat und dass nur wir Menschen die Fähigkeit haben, abstrakt zu denken, also Dinge zu denken, die es nicht gibt.

Es folgte ein anregender Auftritt von Uwe Lübbermann, dem „Forrest Gump der Unternehmensführung“. Lübbermann – für alle, die ihn noch nicht kennen – ist „Zentraler Organisator“ des Premium-Getränkekollektivs in Hamburg. Er hat keinen Plan, aber Strategie, sagt er. Er sieht ein Unternehmen als System, das mit anderen interagiert. Lübbermanns Grundprinzip: Gleichwertigkeit. Im Kollektiv wird das Modell der Konsensdemokratie gelebt – alle Entscheidungen werden unter Einbindung aller Partner getroffen. Mengenrabatte bekommt man bei Lübbermann nicht, denn das widerspräche dem Grundsatz der Gleichwertigkeit. Transparenz und Vertrauenskultur sind für Lübbermann ebenso wichtig wie Flexibilität, Eigenverantwortung, Selbstverantwortung und Konzentration. Lübbermanns Gedanken zur viel bemühten „Work-Life-Balance“: Mitarbeiter sollen nicht die Freizeit um den Job bauen. Auf private Herausforderungen soll Rücksicht genommen werden. Er berichtete den gebannt zuhörenden Teilnehmern unter anderem, dass er mit keinem seiner derzeit 1.700 Partner einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen habe und auch noch keinen Rechtsstreit hatte. Er brachte viele packende Botschaften, etwa: Durch Teilen hat man mehr. Und: Du kannst machen, was du willst; zum Beispiel auch in bunten Socken vortragen, wie Lübbermann vorzeigte.

In der folgenden Diskussionsrunde hatten die Teilnehmer viele spannende Fragen. Die Ziel- und Gewinnorientiertheit von Strukturen wurde in Frage gestellt und festgestellt, dass durch fixe Vorstellungen und zu viel Planen so einiges auf der Strecke bleiben kann. Viele Teilnehmer ließen den Abend bei Wein und Broten ausklingen.

Freitag

Freitagmorgen starteten die Teilnehmer voller Neugier in den zweiten Kongresstag. Die Veranstalterin Mag. Karin Weigl, MSc. erzählte den Teilnehmern von einer Reise in China vor 10 Jahren: Als sie im Nachzug nach Pingyao fuhr und dieser plötzlich anhielt, war zunächst nicht klar, ob sie bereits am Ziel angekommen war. So stand sie plötzlich vor der Entscheidung, schnell aus dem Zug auszusteigen oder weiterzufahren, wobei sie nicht wusste, was jeweils auf sie warten würde. Sie ließ sich ein auf etwas, ohne zu wissen, was als Nächstes kommt. Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die in derartigen Situationen gebraucht werden, seien auch bei Leadership von Bedeutung: Feinfühligkeit, mit Situationen und Menschen umzugehen, Zeichen zu lesen und deuten, Impulsen zu vertrauen, den Plan zu adaptieren und sich auf etwas einzulassen.

Impulsvorträge

Nach einer witzigen Vorstellungsrunde der Speaker folgten 15-minütige Impulsvorträge von Dipl. Ing.(FH) Manuel Grassler, Mag. Tanja Ineichen, Mag. Karl Friedl und Kurt Huber.

  • Dipl. Ing.(FH) Manuel Grassler stellte anhand von vier Modellen verschiedene Organisationsstrukturen vor. Er verdeutlichte, dass funktionierende Systeme entstehen, wenn Organisationsdesign und Selbstverständnis der einzelnen Personen zusammenpassen, und dass nicht jede Organisationsstruktur zu jedem Menschen passt.
  • Mag. Tanja Ineichen erzählte von den „Sechs Kraftquellen der Autorität auf Augenhöhe.“ Sie stellte das klassische, hierarchische Machtverständnis einem neueres Machtverständnis gegenüber, bei dem die gemeinsame Zielerreichung im Mittelpunkt steht. Sie verwies auch auf ihr Buch „Commitment gewinnen als laterale Führungskraft“ und die Wichtigkeit von Reflexion.
  • Mag. Karl Friedl, geschäftsführender Gesellschafter M.O.O.CON GmbH, befasste sich mit modernen Leadership-Formen und sieht konzentrische Verantwortungskreise an die Stelle von „klassischen“ hierarchischen Management-Formen treten. Er zeigte praxisnah, wie dieser Wechsel möglich ist.
  • Zum „Paradigmenwechsel im Führungsverständnis: der Reifegrad der Persönlichkeit als Schlüssel für die Zukunft“ sprach Kurt Huber von der Doka Group. Er erklärte den gebannten Teilnehmern viel Wissenswertes über Unternehmenskultur und Wege zur Veränderung der Unternehmenskultur, Reifegrade, Reflexion und Feedback.

wiener-leadership-kongressAnschließend konnten die Teilnehmer an drei Diskussionsrunden zu den vier Impulsvorträgen teilnehmen. Die Auswahl fiel schwer und die Diskussionen vergingen den Teilnehmern viel zu schnell und wurden beim Stehlunch unter den Teilnehmern – inzwischen alle per Du – nahtlos fortgesetzt. Am Nachmittag folgten drei weitere Impulsvorträge, einer spannender als der andere:

  • Den Anfang machte Ing. Theodor Hebnar, Geschäftsführer der Stadt Wien – Wiener Wohnen Kundenservice GmbH. Er berichtete, welche Ansätze es gibt, Vernunft und Bauchgefühl zu vereinen und wie schwierig das Spannungsfeld zwischen logischem Verstand und Bauchgefühl für die Unternehmenssteuerung sei.
  • Ihm folgte Mag. Milena Bekerle, HR Expertin. Sie sprach aus dem Blickwinkel einer Psychologin über Kultur im Wandel. Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen man gesund und motiviert arbeiten kann, sei wichtig. Voraussetzung für Gesundheit sei, dass das Leben verstehbar, machbar und sinnhaft ist. Sie strich die Bedeutung von Unternehmenskultur und aktiver Kommunikation auf Augenhöhe als Basis für funktionierende und bereichsübergreifende Zusammenarbeit hervor.
  • Die dritte Impulsgeberin des Nachmittags war Dr. Birgit Feldhusen, Bewusst-Macherin an der Schnittstelle Wissenschaft und Wirtschaft, organizing future. Sie erzählte aus eigener Erfahrung, dass viele Mitarbeiter kündigen, weil der Job keinen Sinn mehr für sie macht, weil sie nicht mehr das Gefühl haben, zur Einheit zu gehören. Der Gedanke von Laotse, dass der Sinn die Einheit erzeuge, war der rote Faden durch ihren Impulsvortrag.

Inspiriert von den Impulsvorträgen und gestärkt von Kaffee und Kuchen, konnten die Teilnehmer sich anschließend wie vormittags in drei Diskussionsstationen, moderiert durch die Impulsgeber des Vormittags, austauschen. Jede Diskussionsrunde brachte unerwartet spannende und packende Diskussionen und Erkenntnisse.

Wrap Up

Den krönenden Abschluss des offiziellen Teiles des Kongresses war ein großer Common Ground & Wrap Up im Plenum. Das Ergebnis der Feedback-Runde und des anschließenden Ausklanges bei Getränken zeigte eindeutig: Der zweite Wiener Leadership Kongress war auf allen Linien ein voller Erfolg. Ein Kongress voll neuer Erfahrungen und Bekanntschaften, über den die Teilnehmer noch viel reflektieren und die gewonnenen Erkenntnisse hoffentlich in ihrer Praxis umsetzen werden.

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