Teilzeitjob / Teilzeitbeschäftigung (Österreich): Eine neue Studie schafft Klarheit.
„Meine Teilzeitkräfte leisten in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit viel mehr als meine Vollzeitkräfte“, „Die machen weniger Pausen“ und „Sie arbeiten einfach effizienter“. Sätze wie diese werden immer wieder von Führungskräften genannt. Gleichzeitig aber gibt es vielerorts noch zahlreiche Vorbehalte gegen die Einstellung von Teilzeitkräften. Dieses Spannungsfeld rund um den Teilzeitjob war Grund genug für mich, eine Studie in Auftrag zu geben, die sich mit genau diesen Fragen beschäftigt. Sind Teilzeitkräfte tatsächlich effizienter und leistungsfähiger? Und wer behauptet das? Was spricht für oder gegen Teilzeitbeschäftigung?
Teilzeitjob | Das Studiendesign
Die Studie wurde im Auftrag der Arbeitswelten Consulting gemeinsam mit der Familie&Beruf Management GmbH an der FHWien der WKW in Auftrag gegeben. Zwei Semester lang beschäftige sich eine Gruppe von 36 Studierenden am Institut für Personal und Organisation intensiv mit den Fragestellungen rund um den Teilzeitjob.
Zwischen Februar 2016 und Juni 2016 wurde dazu eine qualitative Vergleichsstudie durchgeführt mit dem Ziel, Hypothesen für die quantitative Befragung zu generieren. Die quantitative Befragung, die zwischen Oktober 2016 und Jänner 2017 stattfand, fokussierte entsprechend der qualitativen Ergebnisse auf Teilzeitkräfte mit unklarem Output („Wissensarbeiter_innen“), da hier die Frage der Effizienz und Leistungsfähigkeit diffiziler ist und nicht automatisch mit der Anzahl der geleisteten Stunden korreliert.
Befragt wurden insgesamt 576 Mitarbeiter sowie Führungskräfte österreichischer Unternehmen, sowohl Personen mit und ohne Betreuungspflichten sowie in Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung. Die Verteilung hinsichtlich der Betreuungspflichten, dem Geschlecht der befragten Personen sowie den Gründen der Teilzeitbeschäftigung und der Häufigkeit entspricht dem Durchschnitt der Erwerbstätigen in Österreich.
Die wesentlichen Ergebnisse
Teilzeitjob-Ergebnis 1: Teilzeit- und Vollzeitkräfte unterscheiden sich aus Sicht der Führungskräfte größtenteils nicht in Bezug auf ihre Effizienz
Die Befragung der 169 Führungskräfte zeigte, dass 62,1% der Führungskräfte keinen Unterschied sehen bei der Frage, inwieweit „Teilzeitkräfte fokussierter arbeiten als Vollzeitkräfte“. Von den verbleibenden 37,9% nahm der überwiegende Teil (78,1% davon) Teilzeitkräfte als effektiver wahr. Vor allem, dass sich „Teilzeitkräfte stärker auf das Wesentliche konzentrieren“ stach hervor.
Allerdings zeigte sich kein Unterschied in Hinblick auf Ablenkung durch E-Mails, Sorgfältigkeit oder Fehleranfälligkeit in stressigen Arbeitsphasen.
Auch Vollzeitkräfte sehen zu 62,8% keinen Unterschied im fokussierten Arbeiten. Bei den Teilzeitkräften sahen 53,1% die Teilzeitkräfte als fokussierter, interessanterweise erfolgte dieses Ergebnis unabhängig davon, ob mit der Teilzeitbeschäftigung eine Betreuungsverpflichtung einhergeht.
Deutlich sichtbar wird die Wahrnehmung der Teilzeitkräfte aus Sicht der Führungskräfte im Polaritätsprofil, in dem die Führungskräfte Teilzeit- sowie Vollzeitkräfte anhand verschiedener Faktoren beurteilten:
Hier wird deutlich, dass die wahrgenommenen Unterschiede zwischen Voll- und Teilzeitkräften tatsächlich gering sind, bis auf die beiden Faktoren „Verfügbarkeit“ und „Überstundenbereitschaft“, was zur zweiten Erkenntnis führt:
Teilzeitjob-Ergebnis 2: Der Höhere Koordinationsaufwand ist für Führungskräfte das relevanteste Hindernis bei der Beschäftigung von Teilzeitkräften
Die obige Grafik zeigt das Ergebnis bei der Frage nach der „Schwierigkeit bei der Koordination von Terminen“. Hier ist sichtbar, dass alle Gruppen (Führungskräfte, Vollzeitbeschäftigte und Teilzeitbeschäftigte) bei Teilzeitbeschäftigen höhere Schwierigkeiten sehen. Auch Fragen nach der „Verteilung der Arbeit“ und „Unterstützung bei Engpässen“ zeigten ein recht ähnliches Bild. Die Verfügbarkeit ist offensichtlich ein wesentliches Kriterium für Führungskräfte, bei dem Teilzeitbeschäftigte deutlich schlechter abschneiden als ihre Vollzeitkollegen (siehe oben)
Teilzeitjob-Ergebnis 3: Die Selbstwahrnehmung von Teilzeitkräften ist positiver als die Fremdeinschätzung der Vollzeitkollegen
Deutliche Abweichungen zeigten sich bei der Eigenbeurteilung der Teilzeitkräfte im Vergleich zur Fremdeinschätzung durch die Vollzeitkollegen. Während sich die Teilzeitkräfte deutlich besser einschätzten, wurden sie von ihren Vollzeitkollegen wesentlich schlechter beurteilt.
Interessant ist, dass Teilzeitkräfte in puncto „Bereitschaft zu Überstunden“ in der Selbsteinschätzung nahe der Überstundenbereitschaft aus der Selbsteinschätzung der Vollzeitkräfte liegen, also aus eigener Sicht nicht bedeutend weniger zu Überstunden bereit sind, wie ihre Vollzeitkollegen.
Legt man die Aussagen aller 576 Befragten übereinander, dann erhält man eine leicht positivere Beurteilung der Teilzeitkräfte. Wieder mit den beiden Ausnahmen „Verfügbarkeit“ und „Überstundenbereitschaft“.
Bedeutung für die Praxis
Die Studie liefert einige interessante Erkenntnisse, die für die Unternehmenspraxis wichtige Schlüsse ermöglichen.
1.) Zurückhaltung in der Anstellung von Teilzeitkräften ist unbegründet
Ein wesentlicher Teil der Führungskräfte sieht keinen Unterschied in der Effizienz zwischen Teilzeit- und Vollzeitkräften. Da, wo ein Unterschied gesehen wird, wird mehrheitlich den Teilzeitkräften höhere Effizienz zugeschrieben. Die Skepsis gegenüber Teilzeitkräften als Mitarbeiter ist in vielen Branchen daher unnötig, zumal hier effiziente Arbeitskräfte gefunden werden können – übrigens unabhängig von der Familiensituation wie die Studie gezeigt hat.
2.) Flexibilität und Verfügbarkeit sind zwei Schlüsselfaktoren für Teilzeitkräfte
Haupthemmnis für die Einstellung von Teilzeitkräften sind offensichtlich die Themen „Verfügbarkeit“ und „Überstundenbereitschaft“. Arbeitgeber scheinen viel eher bereit zu sein, Teilzeitkräfte einzustellen, wenn sie von diesen die Zusage für zeitliche Flexibilität und nötigenfalls auch Bereitschaft zu Mehrleistung erhalten. Teilzeitmitarbeiter bzw. -bewerber, die ihren Arbeitgeber diese beiden Faktoren bieten können und wollen, sind daher klar im Vorteil.
Gleichzeitig sind hier aber auch Unternehmen gefordert, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Teilzeitbeschäftigung geht fast immer mit einem privaten / familiären Anliegen, etwa Kinderbetreuung, Betreuung von Angehörigen oder aber nebenberuflicher Weiterbildung, einher. Von Teilzeitkräften automatisch Mehrleistungen zu verlangen, widerspricht der Grundidee von Teilzeitbeschäftigung. Es liegt wohl an beiden Seiten, ein entsprechendes Entgegenkommen sicherzustellen, sodass Arbeitgeber wie Arbeitnehmer zufrieden sein können.
Für die Politik, aber auch Unternehmen, ist der Ausbau eines breiten Kinderbetreuungsangebots wohl einmal mehr Gebot der Stunde. Zumal dieses direkte Auswirkung auf die Verfügbarkeit von Teilzeitbeschäftigten mit Kinderbetreuungsplichten hat.
3.) Das Potenzial von Teilzeitkräften mehr nutzen
Teilzeitkräfte schätzen sich deutlich besser ein, als ihre Vollzeitkollegen dies tun. Dies wäre nicht weiter verwunderlich, zumal die eigene Gruppe ihresgleichen in der Regel immer bessere Werte zuschreibt. Allerdings könnte man auch schließen, dass Teilzeitkräfte grundsätzlich sehr bereit sind, sich sehr effizient und leistungsstark einzubringen. Aber lassen wir sie auch? In vielen Betrieben bekleiden Teilzeitkräfte Positionen mit geringerer Verantwortung, geschweigedenn nur selten Führungspositionen. Viele wären aber bereit für mehr – in ihrem zeitlichen Rahmen.
Wertschätzung in Unternehmen wird immer noch stark über die zugebrachte Zeit definiert. Dort, wo also der zeitliche Rahmen der einzige Grund für geringere, zugetraute Verantwortung ist, sollten Arbeitgeber nochmals dringend nachdenken, welches Potenzial sie möglicherweise brach liegen lassen.
Studie: Teilzeitjob / Teilzeitbeschäftigung: Sind Teilzeitkräfte effizienter und leistungsfähiger?