Intelligenz wird erheblich von der genetischen Disposition beeinflusst, wenn wir uns den üblichen Einflüssen ausliefern, wie es allgemein geschieht. Mit der neuerdings möglichen Kompetenz können wir ihren Einfluss auf weit unter 50 % drücken. Das (intelligent) zu tun, liegt in unserer Hand.
Denn unser Gehirn lässt sich ähnlich wie der Rest unseres Körpers trainieren und mit einfachen körperlichen Mitteln sehr funktionsfähig machen. Die Parallelen zur körperlichen Fitness sind dabei erstaunlich hoch. Mit welchen einfachen und erprobten Methoden Sie Ihr Gehirn fit für die Anforderungen für die Informations- und Wissensgesellschaft machen können und welche positiven Effekte es für Ihr Leben sonst noch hat, verrät Dr. Lehrl:
Eine Repräsentativstudie zeigt: Die deutschen Erwachsenen wollen an erster Stelle geistig fit und intelligent sein. Der Wunsch nach Wohlbefinden, Gesundheit und körperlicher Fitness rangiert erst dahinter.
Die meisten Erwachsenen tun auch etwas für ihre geistige Fitness undIntelligenz. Es ist aber nicht genug und teils das Falsche, sogar bei den Intelligenz-Bestien. Denn selbst diese könnten, wie wissenschaftliche Studien belegen, noch wesentlich besser sein.
Wenig intelligent: Der ungewollte Verzicht auf Leben und viele Annehmlichkeiten
Und weil nahezu alle weit unter ihrer geistigen Leistungsmöglichkeit vor sich hinwerkeln und –leben, bringen sie als Schüler, Studenten und Azubis deutlich suboptimale Leistungen. Außerdem besetzen sie weniger gute Berufe bzw. weniger hohe Stellen, als sie sie haben könnten. Nicht zuletzt deshalb ist ihr Einkommen relativ niedrig. Damit nicht genug: Sie leiden obendrein öfter an gesundheitlichen Störungen und Krankheiten. Insbesondere steigen die Risiken für Süchte, Depressionen und im reifen Alter für Altersdemenzen. Schließlich leben sie weniger lang. Diese reduzierte Lebensdauer ist nicht zum Ausgleich von einer höheren Lebensqualität erfüllt, sondern vollzieht sich – im Gegenteil – auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Diese vielen Benachteiligungen der nicht voll erreichten geistigen Fitness belegen die vielen wissenschaftlichen Studien. Das trifft zwar nicht immer im Einzelfall zu, stimmt aber für die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung.
Warum leben viele von uns fast stumpfsinnig vor sich hin oder tun vielleicht etwas, um ihre geistige Fitness intelligent zu fördern, aber nicht genug, um ihre Möglichkeiten an Intelligenz auszuschöpfen?
Besser geringe als überschätzte eigene Intelligenz
Knapp ein Fünftel der Erwachsenen und die Kinder bis etwa zur Pubertät sind nicht klug genug, um zu verstehen, welche Vorteile die gesellschaftliche Schlüsselgröße für Erfolg allgemein und für sie im Besonderen hat. Sie sind auf die Führung durch andere, die es besser wissen, angewiesen. Mit deren Hilfe können sie aber wesentliche Verbesserungen ihrer Lage erreichen und sich schließlich vielleicht sogar selbst managen.
Das schätzungsweise gute Drittel an Erwachsenen, das ihnen an geistiger Leistungsfähigkeit etwas, jedoch nicht viel überlegen ist, ist hingegen erfolgsresistent. Ihr Problem: Intuitiv ahnen sie, dass geistige Fitness auf vielen Gebieten wichtig ist. Aber sie halten sich, wie übrigens die große Mehrheit der Erwachsenen für überdurchschnittlich intelligent, was in den früheren Muskelgesellschaften wahrscheinlich ein Überlebensvorteil war. Doch, dieser besteht nicht mehr in der Informations- und Wissensgesellschaft. Die soeben Beschriebenen erweisen sich in objektiven Tests und in Schule und Beruf als höchstens durchschnittlich intelligent bzw. in Vielem inkompetent, was sie trotz vieler Hinweise typischerweise nicht in ihr Selbstbild aufnehmen. Deshalb schlussfolgern sie: „Weil ich ohnehin sehr intelligent bin, brauche ich nicht noch extra was dafür zu tun.“ Diese Haltung schützt sie zudem davor, sich mit Schriftwerken und Experten zu befassen, die sie ohnehin nicht verstehen.
Aber für die Hälfte der Erwachsenen ist alles drin
Nach Abzug derer, die nicht können und derer, die nicht wollen, sind es rund die Hälfte der Erwachsenen, die sich aus eigenen Stücken geistig deutlich steigern können. Doch ein Teil glaubt nicht, dass dies geht. Es sind besonders die – durchaus – gebildeten Personen, die den beiden seit 110 Jahren verbreiteten Irrtümern der europäischen Intelligenz- und Pädagogikforschung anhängen:
- Alle entfalten ihre vorgegebene Intelligenz, wenn man sie nicht massiv daran hindert;
- ab dem 15. Lebensjahr ist das individuelle Maximum erreicht. Zehn Jahre später geht es geistig nur noch bergab.
Das ist inzwischen durch viele Studien gründlich widerlegt: Die geistige Leistungsfähigkeit ist keine fixe Größe. Wir müssen uns täglich darum bemühen. Und nicht wenige Menschen steigern sich durch geeignete Maßnahmen noch im späteren Erwachsenenalter über das höchste Niveau, das sie jemals zuvor im Leben hatten.
An die fixe geistige Leistungsfähigkeit zu glauben verhindert, sie ständig zu fördern. Eine zweite, ebenfalls weit verbreitete Fehleinstellung, blockt den Zugang zu sehr wirksamen, teils äußerst einfach anzuwendenden körperlichen Maßnahmen ab: Wer sich das Geistige abgelöst vom Körper, sprich Gehirn, vorstellt, kommt nicht im Entferntesten auf die Idee, die Aufmerksamkeit und Fähigkeit des Mitdenkens beim Besuch eines Vortrags oder Verfolgen eines Fernsehberichts durch simples Kaugummikauen erheblich zu erhöhen. Es fehlt auch die Einsichtsfähigkeit in den Nutzen „gehirngerechten“ Essens und Trinkens für kurz- und langfristige mentale Hochleistungen bei insgesamt gehobener Lebensqualität. Für gehirngerechte Bewegungen, Entspannung einschließlich Schlaf und Sinnestüchtigkeit gilt das Gleiche.
Wer auf TV-Quiz setzt, verliert an Boden
Es sind schätzungsweise maximal ein Viertel der Erwachsenen, die sich nicht durch Vorurteile hemmen und die auch 50 % mehr Zeit als die anderen, nämlich im Mittel zwei Stunden pro Tag dafür einsetzen, ihre geistige Fitness und psychische Gelassenheit zu fördern. Dabei investieren sie jedoch nicht nur in nützliche Aktivitäten, sondern machen, wie eine Studie zeigt, viel Falsches. Dazu gehören die vermeintlich geistige Ertüchtigung durch das Einschalten von TV-Quiz-Sendungen, tägliche Beschäftigungen mit Kreuzworträtseln, Sudokus oder Gedächtnistrainings. Derartige Beschäftigungen können zwar für den Kopf etwas bringen. Dies aber nur unter sehr speziellen Umständen.
Wer tut, was Lieschen Müller vorschlägt, wird wie Lieschen Müller
Warum diese zeitliche und energetische Fehlinvestition? Weil es kaum verlässliche Orientierungen darüber gibt, was der Kopfleistung wirklich gut tut. Die Mehrheit der Angebote an Trainingskursen und -seminaren für Konzentration, Intelligenz und Gedächtnis hat deshalb manchmal einen respektablen Zulauf an Teilnehmern, weil sie etwas wie z. B. ein perfektes Gedächtnis durch Mnemotechniken versprechen, wie es sich Lieschen Müller als Grundlage für Erfolg beim Lernen und für geistige Fitness vorstellt. Allerdings reicht das, was man dabei lernt kaum aus, ein Hochschulstudium zu schaffen oder eine höhere berufliche Position zufriedenstellend auszufüllen. Stattdessen festigen solche Trainings eher die deutlich submaximale geistige Leistungsfähigkeit.
Wenn derartige Kurse und Seminare erfolgreich sind, dann liegt das am Kriterium. Denn ihr Erfolg wird an den Besucherzahlen und nicht an dem tatsächlichen Zugewinn an Kopfleistung gemessen. Der Veranstaltungserfolg orientiert sich demnach an den Vorstellungen der Teilnehmer und nicht an den Erkenntnissen der Intelligenz- und Informationspsychologie sowie Neurowissenschaften. Was wurde hier festgestellt?
Was machen wir anders?
Zuerst geht es um die Schlüsselgröße. Sie ist nicht das Gedächtnis, sondern die geistige Fitness, wozu es interessanterweise bei AMAZON keine Rubrik gibt. Dort werden auch Trainingsbücher für geistige Fitness dem Gedächtnistraining zugeordnet, obwohl die Psychologie bereits seit über einem halben Jahrhundert deren Nutzlosigkeit in vielen Fällen nachgewiesen und in jüngster Zeit mehrfach bestätigt hat. Schon deshalb kann es für Bürger einer Informations- und Wissensgesellschaft nicht relevant sein. Für die geistige Fitness müsste es eine eigene Rubrik geben.
Die geistige Fitness wird im Brain-Tuning durch die je messbare Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Merkspanne und das geistige Durchhaltevermögen präzisiert. Jede dieser Komponenten lässt sich fördern. Dazu bedarf es allerdings verschiedener Maßnahmen. Die Auswirkungen auf die Lebensbereiche unterscheiden sich, je nach Maßnahme: Steigerung der Sicherheit beim Autofahren, besseres Verständnis von Gesprochenem und Geschriebenem, schnellerer Erwerb eines differenzierten Wortschatzes, längere Konzentration bei Rechenaufgaben usw. und sogar höhere subjektive Vitalität und geringere Krankheitskosten. Und die Nachwirkungen des Trainings sind obendrein nachhaltig. Sie werden noch nach Monaten und sogar Jahren festgestellt.
Dreitakt
Individuelle geistige Hochleistungen erbringen wir nicht einfach so. Mentale Aktivitäten auf diesem Niveau müssen wir wie der Leistungssportler durch ein Warming-up minutenlang vorbereiten. Und, nach getaner Hochleistung dürfen wir das Herunterfahren der geistigen Aktivitäten nicht unterlassen. Nur durch diesen Dreitakter „mentale Aktivierung – mentale Hochleistung – mentale Relaxation“ sichern wir eine insgesamt hohe geistige Fitness über lange Zeit, über Monate und Jahre.
Für jeden Takt gibt es eigene, einfache Übungen. Sie beugen nicht nur Erschöpfungen oder gar Burnout-Syndromen vor. Sie machen sogar Spaß und begünstigen Glückserleben, speziell das aktive des Flow und das passive der Gelassenheit, die zusammen zur Lebenszufriedenheit beitragen.
Bestimmte körperliche Maßnahmen, die für eine hohe Funktionsfähigkeit des Gehirns sorgen, unterstützen die mentale Seite: gehirngerecht essen und trinken, sich bewegen, die Sinne in Schuss halten und den Haupt- und Zwischenschlaf nutzen.
Die mentalen und körperlichen Maßnahmen sind schließlich der individuellen Lage des Nutzers anzupassen. Das macht eine zusätzliche Wirkung des Brain-Tuning aus – verstanden als Feineinstellung des Gehirns auf persönliche geistige Anforderungen. Wie das konkret zu meistern ist, prägt sich schnell ein. Denn es integriert sich schon in die Lebensführung, sobald aufmerksam darüber gelesen wird.
Wer jetzt weiß, worum es geht, kann sich erheblich steigern
Da es um „die“ Schlüsselgröße für ein erfolgreiches, qualitativ hochwertiges und langes Leben in der Informations- und Wissensgesellschaft geht, kann die Entscheidung leicht fallen, anstelle eines der vielen belanglosen Kriminal- oder Liebesromane sich mal das Buch „Brain-Tuning“ vorzunehmen.
Wie stehen Ihre Chancen, Ihren Nutzen daraus zu ziehen? Um dies einzuschätzen, haben Sie einen verlässlichen Anhaltspunkt: Wenn Sie diese Zeilen im Großen und Ganzen verstehen, dann bereitet Ihnen auch das Buch keine Probleme und Sie ziehen daraus einigen Gewinn – für sich; falls Ihnen daran liegt, auch für andere.
Gastautor:
Der Dipl.-Psychologe Dr. Siegfried Lehrl lehrte lange Jahre an der Universität Erlangen Medizinische Psychologie. Er ist seit 1997 Präsident der internationalen Gesellschaft für Gehirntraining e.V. (GfG). Die von ihm entwickelten Intelligenztests und eine informationspsychologische Intelligenztheorie sind Basis des Gehirnjoggings, aus dem sich das mentale Aktivierungstraining (MAT) und das Arbeitsspeicher-Management entwickelt haben.
Intelligent ist man nicht – Intelligent wird man | Intelligenz