Welche Recruiting-Kanäle bevorzugen Sie? Social Media sind ja der neueste Schrei. Wurden Sie dort bereits fündig? Ich möchte wissen, wie es die Profis machen und rufe ein Experten-Interview ins Leben und frage Personalberater: welche Suchstrategien haben die Personalberater und in wie fern hängen die Strategien von der konkreten Position ab?
Experten-Interview
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Ich persönlich setze beim Recruiting auf methodische Breite: persönliche Empfehlung & Online-Stellenbörsen & Social Media & natürlich HRweb als Webpage selbst. Das ist meines Erachtens ein ganz guter Mix. Doch mein Erachten bringt mir wenig, denn der Erfolg ist mäßig. Schade, denn ich hätte es eigentlich als methodisch schlau angesehen. Und Recruiting-Erfahrung habe ich ja auch im Gepäck. Meine Ausrede kann noch lauten, dass es an der Stelle an sich liegt, denn Vertrieb ist nun mal schwer zu besetzen. Vielleicht bringt mich ja dieses Experten-Interview weiter:
Mit welchen Suchstrategien arbeiten Sie bevorzugt?
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Ich setze immer auf einen Methodenmix. Die Mischung besteht meist aus Online-Stellenanzeige, Talentpools und Social Networks. Die Gewichtung der Kanäle orientiert sich am jeweiligen Stellenprofil. Zudem spielen Empfehlungen eine große Rolle. Sowohl die aus meinem Netzwerk, als auch die von Mitarbeitern aus dem jeweiligen Unternehmen. Daneben ermutige ich meine Auftraggeber dazu, mittels Wikis, Blogs oder Podcasts auf die Stelle aufmerksam zu machen und so die Interaktion mit zukünftigen Bewerbern zu ermöglichen. In Summe überwiegt auf jeden Fall, das aktive Zugehen auf die Kandidaten.
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Ich setze nach wie vor auf die Kombination von Internetinseraten und gezielten Platzierungen auf sämtlichen Social Media Kanälen (Facebook, Xing, LinkedIn). Bei jedem Suchprojekt wird natürlich auch die eigene Datenbank nach passenden Kandidaten gescreent.
Ing. Christoph Seewald (Trenkwalder Personaldienste): Nach detaillierter Definition des Anforderungsprofils legen wir gemeinsam mit unserem Kunden die Suchstrategie fest. Am häufigsten wird ein Suchlauf in unserer umfangreichen Bewerberdatenbank bevorzugt. Oft können wir bereits aufgrund des ausgezeichneten Beziehungsmanagements unserer Recruiting-Spezialisten geeignete Bewerber für die jeweilige Vakanz vorschlagen. In den meisten Fällen wird auch eine zielgruppenorientierte Direktansprache über Plattformen wie XING oder LinkedIn durchgeführt, um an qualifiziertes Personal zu kommen. Bei speziellen Positionen v.a. im IT-Bereich oder bei Führungskräften gilt es auch kreative Suchstrategien wie z.B. Mitarbeiterempfehlungsprogramme zu nutzen.
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen, 2blickwinkel): Direct Search steht bei uns im Vordergrund, unterstützt durch unsere über viele Jahre aufgebaute Datenbank und den Einsatz von Social Media. Direktsuchen schlagen wir für Führungskräfte und Manager, aber auch für gesuchte Experten vor. Für die alleinige Schaltung eines Inserates braucht es nur bei anonymen Suchen einen Personalberater.
Erweitern Sie die Personalsuche auch ins Ausland wenn Sie innerhalb Österreichs nicht fündig werden?
Ing. Christoph Seewald (Trenkwalder Personaldienste): Derzeit ist dies abhängig von der Branche; am ehesten erfolgt grenzüberschreitender Search im IT-Bereich. Ansonsten ist unserer Erfahrung nach die Mobilität des Bewerbermarktes im europäischen Raum immer noch eingeschränkt. Hinzu kommt, dass es die Kunden aufgrund der massiv erhöhten Kosten im internationalen Recruiting nicht immer wünschen.
Inwieweit hängt die Suchstrategie von der gesuchten Position ab?
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Bei manchen Positionen (Spezialisten) macht eine breite Suche über Internet, Print oder Social Media Kanäle wenig Sinn. Die Wahrscheinlichkeit dabei die wenigen passenden Bewerber anzusprechen, ist viel zu gering. In diesem Fall schlagen wir unseren Kunden ein Headhuntingprojekt vor, bei dem wir ganz gezielt interessante Bewerber herausfiltern und ansprechen. Wenn die Personalsuche allerdings sehr dringend ist (ein Headhuntingprojekt dauert insgesamt ca. 6-8 Wochen bis die ersten Kandidaten vorgestellt werden können), kombinieren wir Headhunting auch mit anderen Suchwegen. Somit verliert man keine Zeit und womöglich bewirbt sich ein interessanter Kandidat direkt auf unser Stelleninserat.
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen, 2blickwinkel): Ganz stark. Umfassende Kenntnisse zu Position, Team, aktuellen Herausforderungen und zum Unternehmensumfeld sind für die Definition der Suchstrategie unerlässlich. Das persönliche Briefing ist daher immer der 1. Schritt. Erst mit diesem Wissen schlagen wir unseren Kunden ein maßgeschneidertes Paket vor.
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Das tut sie natürlich immer. Für potenzielle Mitarbeiter, die ich weder über Jobbörsen, noch über Business-Netzwerke erreichen kann, wird die Suche deutlich aufwendiger. Das Herangehen an die Zielgruppe orientiert sich dann im ersten Schritt nicht so sehr an der Qualifikation und Berufserfahrung. Vielmehr suche ich einen Zugang über die Interessen und Gewohnheiten der Zielgruppe. Natürlich muss ich in diesem Fall „viele Frösche küssen“ bis ich jene mit den richtigen Qualifikationen erreiche.
Ing. Christoph Seewald (Trenkwalder Personaldienste): Je nach einschlägiger Berufserfahrung oder Qualifizierung wird die Suchstrategie angepasst. Man muss natürlich hinterfragen was der Kunde wünscht. Geht es ihm z. B. um eine möglichst hohe Anzahl von Bewerbern, aus denen er selektieren möchte, muss man die Strategie entsprechend ausrichten. Oftmals beeinflusst auch die Zeitspanne, in welcher eine Vakanz besetzt sein muss, die Suchstrategie.
Welche Positionen sind leichter zu besetzen? Top- und mittleres Management oder Spezialistenebene?
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Eindeutig Positionen im Topmanagement! Bei diesen Positionen kann man aus dem Vollen schöpfen. Während gerade bei diesen Positionen früher öfter Headhunting eingesetzt wurde, sind die Datenbanken der Berater heute voll an Top Führungskräften. Die Schaltung eines Internetinserats bringt auch hier sehr guten und raschen Rücklauf. Anders sieht es mit Positionen auf der Spezialistenebene aus. Hier muss man als Berater sämtliche Suchwege einsetzen, um an gute Bewerber heranzukommen.
Werden Stellenanzeigen schon bald der Vergangenheit angehören?
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Dass Inserate ganz verschwinden denke ich nicht. Aber vermutlich gibt es in der Zukunft ganz andere Formen, Jobangebote darzustellen. Gegenwärtig sind Stellenanzeigen jedenfalls ein sehr wichtiger Kontaktpunkt zwischen potenziellen Mitarbeitern und Unternehmen. Den gilt es natürlich zu nutzen, um Talente anzuziehen. Ein magerer Rücklauf auf ein Stellenangebot kann natürlich mit der Verknappung von Fachkräften zusammenhängen. Manchmal kann es aber auch am Anzeigeninhalt liegen. In vielen Stelleninseraten liest man sich durch Worthülsen und die bloße Auflistung von Tätigkeiten. Bewerber lassen sich aber vielmehr durch Authentizität und einer packenden Aufgabenbeschreibung zur Bewerbung motivieren.
Wie sieht der nächste Schritt nach Festlegung der Suchstrategie aus – wie stellen Sie sicher, die richtige Person für den richtigen Job zu präsentieren?
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen, 2blickwinkel): Wir wissen, dass nicht immer der fachlich beste Kandidat der richtige für die aktuelle Position ist. Die Persönlichkeit entscheidet. Welche Bedeutung wird der zukünftige Stelleninhaber für das Team, für das Unternehmen haben? Mittels auf die Position zugeschnittenen Interviews und der anschaulichen Darstellung der Aufgaben und aktuellen Themen im Unternehmen matchen wir beide Profile. Durch mehrfache Gespräche mit den zuletzt in Frage kommenden Kandidaten festigt sich so das Bild. Ergänzen können wir dies in der Letztauswahl durch eine Potenzialanalyse und die Einholung von Referenzen. Unser Ziel ist immer die nachhaltige Besetzung, die Kandidaten und Unternehmen erfolgreich machen.
Danke für die Gesprächs-Runde.
Mein Fazit, das ich daraus ziehe: der Mix macht’s. Und die Erfahrung plus idealer Weise eine gute (und gut gewartete) Bewerberdatenbank. Gepaart mit der zielgerichteten Ansprache der Bewerber abhängig von Branche / Position.
Wo aber finde ich jetzt tatsächlich meinen Vertriebs-Mitarbeiter? Beim Personalberater? Ja, kann gut sein.
Die Gesprächspartner
Recruiting-Strategien | Wie finde ich die richtige Person für den richtigen Job? Wo finden SIE sie?
Mag. Verena Irrschik Karrieremanufaktur Ing. Christoph Seewald Trenkwalder Personaldienste GmbH Dr. Susanne Gruber-Kolbesen Chvalina & Kolbesen • 2blickwinkel.at Daniela Schlick Daniela Schlick Personalconsulting |