Immer mehr Unternehmen widmen sich der Schaffung von Rahmenbedingungen, die ihren Beschäftigten eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen. Häufig stehen dabei Mitarbeiter mit Kindern im Zentrum. Gerade Betriebe mit einem höheren Durchschnittsalter der Belegschaft, also dort, wo viele ältere Mitarbeiter tätig sind, sollten jedoch den Familienbegriff weiter fassen und auch das Thema „Beruf und Pflege“ in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stellen.
Denn in unserer alternden Gesellschaft kommen ungeahnte Herausforderungen auf Unternehmen zu. Ein neuer Leitfaden gibt einen konkreten Überblick über die Möglichkeiten für Betriebe und hilft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Beruf und Pflege – längst keine Zukunftmusik mehr
Rund 460.000 Menschen beziehen in Österreich Pflegegeld in den sieben unterschiedlichen Stufen. Setzt man dieser Zahl die Zahl der erwerbstätigen Menschen, nämlich rund 4,22 Millionen, gegenüber, dann lässt sich schon erahnen, dass es in den meisten Betrieben einen gewissen Prozentsatz an Personen geben muss, die unmittelbar von einer Pflegesituation in ihrer Familie betroffen sind. Meist trifft die Verantwortung wieder einmal Frauen zwischen 50 und 60 Jahren, aber auch darüber. Rund 85% aller Pflegeaufgaben werden zu Hause, also im häuslichen Umfeld statt. 5% über 24-Stunden-Kräfte, 15% über mobile Dienste und 55% über nahe Angehörige. Vielfach kündigen betreffende Mitarbeiter ihre Stelle, um dieser wichtigen Verpflichtung nachzukommen.
2014 hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Pflegekarenz und Pflegeteilzeit bereits auf diesen Umstand reagiert. Soferne Arbeitgeber zustimmen und die Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Auszeit / Teilzeit von bis zu 3 Monaten genommen werden, um in der ersten Phase der Doppelbelastung die Pflege zu regeln. Aber Arbeitgeber haben noch viele andere Möglichkeiten, adäquat mit dem Thema Pflege umzugehen und ihre Mitarbeiter dabei zu unterstützen. Denn eines ist jetzt schon klar: eine immer geringer werdenden Anzahl an Beschäftigten steht jetzt und künftig noch mehr, eine immer größere Zahl älterer Menschen gegenüber.
Der neue Leitfaden des BMFJ hilft Arbeitgebern und Betroffenen
Die Zahl der Unterstützungsmöglichkeiten durch Arbeitgeber ist groß. Eine EU-Studie fasst die wichtigsten Anliegen betroffener Mitarbeiter folgendermaßen zusammen (vgl. Kohnle, M, 2016):
- Information und Unterstützung bei Behördengängen, idealerweise durch zentrale Ansprechperson oder Anlaufstellen
- Finanzielle Entlastung
- Offene und enttabuisierende Kommunikation über die Pflege im Unternehmen
- Akzenptanz und Verständnis durch Kollegen und Führungskräfte
- Flexibilität des Arbeitssettings wie Arbeitszeiten oder außerplanmäßiges Freinehmen
- Verbindliche unternehmerische Regelungen, die Sicherheit geben
Der neue „Praxisleitfaden Vereinbarkeit Beruf und Pflege“ des BMFJ bzw. der Familie&Beruf Management GmbH zeigt nicht nur zahlreiche mögliche Ansatzpunkte und Maßnahmen inkl. entsprechender Best-Practice-Beispiele österreichischer Unternehmen, sondern bietet auch umfangreiche Informationen für betroffene Mitarbeiter. Gut aufbereitete Checkfragen, Checklisten und Muster für zB eine entsprechende Mitarbeiterbefragung runden den Leitfaden ab.
Der Praxisleitfaden ist als e-book erschienen (PDF) und kann auf der Seite der Familie&Beruf Management GmbH hier (https://www.familieundberuf.at/sites/familieundberuf.at/files/event/2017/15962/praxisleitfaden_vereinbarkeit_pflege_und_familie.pdf) aktuell heruntergeladen werden.
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege – ein neuer Leitfaden hilft