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Kreativ-Baustelle statt Präsentations-Friedhof

17Aug2017
4 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Präsentationen

Da stehen Sie nun und präsentieren und blicken in weitgehend unbeteiligte Gesichter. Nein, danke! Machen Sie doch einfach mal etwas anderes und lassen Sie die Zuhörer mitmachen. Hier gibt es spannende Anregungen dazu:

„Wenn ich nur alle Beteiligten gut informiere, dann habe ich den Prozess richtig gesteuert.“  So oder ähnlich könnte ein zentraler Glaubenssatz in der Personalentwicklung lauten. Stimmen Sie mir da zu? Als Schnittstelle im Unternehmen ist Information tatsächlich sehr wichtig. Aber leider reicht Faktenvermittlung nicht aus. Wir erinnern uns meist noch gut, wie wenig ein Frontalvortrag in der Schule hinsichtlich Commitment, Begeisterung und Merkleistung erreicht hat, trotzdem machen wir es mit unseren Präsentationen nicht anders. Wieso sollte dann auch etwas anderes herauskommen?

Ein sperriges Wort kann da helfen: Neurodidaktik. Was passiert tatsächlich in unserem Gehirn wenn wir lernen? Und was brauchen wir, damit unsere grauen Zellen in die Startlöcher hüpfen?  Ein zentrales Ergebnis der Gehirnforschung ist, dass Menschen selbstgesteuert und selbstreferentiell lernen. Nachdem beide Begriffe das Wort „selbst-“ beinhalten ahnen Sie es wohl schon: Vorsetzen und füttern bringt (fast) nichts, die Lernenden müssen schon selber zu Messer und Gabel greifen und das Lernmaterial zerschnipseln und kosten…  Klingt banal? Aber was macht man nun tatsächlich, wenn man z.B. ein neues Personalentwicklungsprogramm entwickelt hat? Wie kann man die Zielgruppe einer möglichen Präsentation damit selbst tun lassen und die Inhalte auf ihre Erfahrungswelt (=selbstreferentiell) beziehen lassen? Tauchen wir ein in ein paar ungewöhnliche Herangehensweisen!

Mach du mal, bitte 😉

Stellen Sie sich vor, Sie und Ihre Kollegen haben die Präsentation des neuen PE-Konzeptes fertig und sollen es nun an den Betriebsrat vermitteln. Alle kommen in den Raum und setzen sich hin und warten auf die Kinoberieselung. Da packt Sie eine Idee und Sie sagen: „Ich hab da von einer sehr erfolgreichen aber ungewöhnlichen Methode gehört. Die möchte ich heute gerne ausprobieren. Ich bitte Sie (den Betriebsrat) rauszukommen und uns unsere Präsentation zu zeigen bzw. zu erklären.“ (Für solch ungewöhnliche Interventionen eignen sich übrigens v.a. beim ersten Mal externe Berater ganz gut.) Nachdem prinzipielles Vertrauen in Sie gegeben ist und Sie erklärt haben, dass Sie selbst so viel über Ihr Konzept lernen können, sind die Betriebsräte einverstanden. Die Rollen werden getauscht (Na, was glauben Sie, wie aktiviert ihr Zielpublikum nun ist??) und Sie schieben auch noch die Tische zur Seite und erklären, dass hier am Boden eine Skala von 0 bis 100% verläuft, die als stilles Feedback dient. Wenn die Folien entsprechend Ihrer eigenen Intention interpretiert werden, dann stellen sie sich ganz nach vorne zu 100%, wenn die Interpretation mit ihren Absichten und Überlegungen gar nicht zusammenpasst dann stellen Sie sich ganz hinten in den Raum auf 0%. Und so bewegen sich Sie und Ihre Kollegen während der Präsentation hin und her, können natürlich zwischendurch auch was erläutern und sind hocherstaunt, wie ihr Konzept in den Köpfen von anderen ankommt. Auf diese Insights wären Sie sonst nicht so schnell gekommen und der Betriebsrat ist in Ihrem Konzept schon mittendrin (Commitment!) und füllt es mit Leben und eigenen Erfahrungen.

Wer nicht hören will, muss fühlen.

Oje, was für ein schrecklicher Satz! Gleich vergessen wir die emotionalen Assoziationen dazu wieder! Apropos, hatten Sie emotionale Assoziationen? Höchstwahrscheinlich. Eine weitere Erkenntnis: Lernen ist immer mit Emotion verbunden und je emotionaler (am besten positiv!), desto besser das Lernergebnis.

Für unsere zweite Intervention ändern wir den Satz in „Wer nicht zuhören muss, darf fühlen.“ Wir wollen ein Thema symbolisch lebendig und emotional werden lassen. Mit dem ganzen Körper hinfühlen dürfen, wie sich das Thema anspürt, ob man fein damit ist oder ob es noch Widerstand gibt, was man noch braucht, welche Fragen man dazu hat… Also, keine Powerpoint-Berieselung, sondern eine körperliche Begehung des Themas. Also stellen Sie sich zum Beispiel vor, es geht um einen neuen Prozess, den Sie an die Beteiligten vermitteln wollen. Dann stellen Sie z.B. bereits vorab den Prozess mit Stühlen symbolisch im Raum dar und die Teilnehmer sitzen bei der kurzen Einführung schon mittendrin, sind schon Teil des Prozesses. Dann könnten Sie die einzelnen Prozessschritte mit Karten oder Flipcharts am Boden auflegen und die Teilnehmer wandern einzeln hindurch. Sie stellen sich auf jede Position drauf und fühlen mal, wie es ihnen damit geht. Fragen und Assoziationen und ja auch Gefühle (!), die auftauchen schreiben die Personen jeweils auf ein Kärtchen. Im Anschluss schreiten Sie gemeinsam den Prozess noch mal ab und besprechen die Assoziationen/Ideen/Einwände. Wetten, Sie alle lernen eine ganze Menge dabei?

Na, haben Sie Lust bekommen, mal etwas Neues auszuprobieren? Lassen Sie in Ihrer Rolle als Personalentwickler selbstgesteuerte und erfahrungs-orientierte Prozesse wirksam werden, anstatt vorwiegend Fakten zu vermitteln und direkt appellhaft steuern zu wollen. Viel Spaß dabei!


Quelle / weitere spannende Tipps zum kreativen Lernen:

Dipl. Ing. Ralf Besser versteht sich als ein Übersetzer zwischen den Gehirnforschern und den Anwendern in der Moderation von (Lern-)Prozessen in Unternehmen und hat dazu viele spannende Ideen, umgesetzt z.B. in der Kartenbox „Neurodidaktik“. Link:  www.besser-wie-gut.de

Kreativ-Baustelle statt Präsentations-Friedhof

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