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Bullshit Busters: Schluss mit Stuss | Irrtümer und Mythen aus Seminaren und Vorträgen

09Okt2017
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Christoph Wirl (Magazin TRAiNiNG) und Axel Ebert (wortwelt) haben gemeinsam ein Buch geschrieben und es frech „Bullshit Busters“ genannt, in dem sie mit häufigen Irrtümern in der Weiterbildungsbranche aufräumen.

Christoph ist langjährig in der österreichischen Weiterbildungs-Szene unterwegs und hat schon so einiges gesehen. Axel Ebert ist wortgewandt, hat Witz und Esprit. Was hat diese beiden dazu gebracht, ein Buch zu verfassen? Auf zum Interview!

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Wirl Christoph, Ebert Axel: Bullshit Busters. 21 Irrtümer und Mythen aus Vorträgen, TV und Büchern. Goldegg Verlag, 2017, ISBN 978-3990600351

Christoph Wirl Alex Ebert

Fotos: links Alex Ebert, rechts Christoph Wirl

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Was war der Anlass, „Bullshit Busters“ zu schreiben?

Christoph Wirl: Ich gehe nun seit mehr als 15 Jahren regelmäßig auf Seminare um darüber zu berichten. Dabei ist mir immer häufiger aufgefallen, dass viele Trainer immer die gleichen Geschichten erzählen. Ich konnte schon nicht mehr hören, dass die Hummel gar nicht fliegen kann, oder dass wir nur 10 % unseres Hirns nutzen. Daher habe ich begonnen, manche Behauptungen und Geschichten zu überprüfen. Mit interessantem Ergebnis: Einiges, was häufig erzählt wird, ist schlichtweg falsch, und wird von den Trainern und Vortragenden nicht überprüft sondern, einfach weitererzählt. Daher haben wir in diesem Buch die häufigsten Irrtümer auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und richtiggestellt.

Axel Ebert: Das Thema ist generell aktueller denn je. Fake News, alternative Fakten und „Truthiness“ sind in aller Munde – oft mit Fingerzeig auf die US-Politik. Dabei reicht ein Blick auf die heimische Weiterbildungs-Branche. Hier werden gut klingende Geschichten unreflektiert übernommen, um eigene Botschaften möglichst bunt zu illustrieren.

Weshalb, denken Sie, ist das so?

Axel Ebert: Das „Bullshit-Phänomen“ wurde von Harry G. Frankfurt, Princeton-Philosoph, in seinem Buch „Bullshit“ definiert: Dem bullshit artist ist es gleichgültig, ob seine Behauptungen korrekt sind oder nicht. Er legt sie sich so zurecht, dass sie seiner Zielsetzung dienen. Dabei sieht Frankfurt hier einen klaren Unterschied zum Lügner, der bewusst die Wahrheit verdreht.

Die Ursachen: Neben Überforderung sieht H. G. Frankfurt vor allem den weit verbreiteten Antirealismus als Ursache. Denn, wer nicht an die Realität glaubt, dem ist es nicht so wichtig welche Wirklichkeit er schildert. Dabei wird das Ideal der Richtigkeit zum Ideal der Aufrichtigkeit. Wenn Tatsachentreue nicht mehr zählt, dann geht es nur noch darum, sich selbst treu zu sein. Behauptungen müssen dann nur „gefühlten Wahrheiten“ entsprechen, die oberflächlich plausibel klingen. Bullshit ist besonders problematisch, wenn es nicht um pointierte Anekdoten geht, sondern um falsche Tatsachenbehauptungen und verzerrte Forschungsergebnisse. Das Renommee der Wissenschaft, mit ihren hohen rationalen Standards, wird als Bullshit-Quelle missbraucht.

Nicht nur die Behauptungen selbst sind häufig reine Fiktion, auch die Aussage dahinter sind oft problematisch – oder sogar als gefährlich einzustufen.

Christoph Wirl: Ein Trainer hat häufig auch gar nicht die Zeit, alle Geschichten und Aussagen auf seine Wahrheit zu überprüfen. Sie erachten es manchmal als gar nicht so wichtig, ob eine Metapher stimmt, sofern die Aussage dahinter wahr ist.

Haben Sie in Ihrem Buch eben deshalb so darauf geachtet, ob genau die Aussage auch stimmt?

Christoph Wirl: Ja genau. Wir haben sowohl die Geschichten überprüft, als auch die dahinterliegende Aussage. Also um bei dem Beispiel von vorhin zu bleiben: Die Behauptung, die Hummel kann nach den geltenden Gesetzen der Physik nicht fliegen, aber weil sie das nicht weiß, fliegt sie dennoch, ist ganz klar widerlegt. Das haben wir im Buch ausführlich dargestellt. Aber auch das Konzept, das dahinter liegt ist zu hinterfragen. Die Geschichte soll Aussagen, dass wir nur an uns glauben müssen, und wir können alles erreichen und Unmögliches möglich machen.

Und genau das stimmt nicht. Unmögliches heißt so, weil es unmöglich ist. Solche Behauptungen bergen Risiken und bringen manche Teilnehmer zu naiven Handlungen. Natürlich können manchen Menschen mehr als in diesem Moment. Doch es ist auch die Aufgabe eines Trainers auf die Risiken hinzuweisen. Nur zu oft gilt diese Willensstärke als das einzige Wundermittel, das es braucht um erfolgreich zu sein. Studien zeigen jedoch ein völlig anderes Bild.

Was sind Ihre persönlichen Lieblingskapitel in „Bullshit Busters“?

Axel Ebert: Ich habe mich im Zuge der Recherchen viel mit Sprache beschäftigt. Und eines meiner Lieblingskapitel ist „Nicht wirkt nicht“. Unser Unterbewusstsein kann – so lehren es viele Trainer – nicht zwischen positiven und negativen Gedanken unterscheiden. Wer sagt „Ich will nicht mehr rauchen“ signalisiert seinem Unterbewusstsein „Ich will mehr rauchen“- so wird es in Büchern behauptet. Das passt ins magische Weltbild von NLP und Positiv-Thinking. Alltagserfahrung und Forschung zeigen jedoch ein anderes Bild. In der Hypnose funktionieren Negationen. Über Tausend negative Werbeslogans („Nichts ist unmöglich“) sind wirkungsvoll, weil Negatives emotional aktiviert. Und viele Studien aus der Gesundheitsvorsorge zeigen, dass auch Negatives wirkt, weil wir Menschen es vermeiden wollen und Verlustaversion motiviert.

Christoph Wirl: Mir haben ehrlich alle Kapitel viel Spaß gemacht beim Schreiben. Besonders gerne habe ich am Kapitel über den Feuerlauf geschrieben. Trainer behaupten manchmal: „Wenn Sie es schaffen über einen Teppich aus glühenden Kohlen zu gehen, werden Sie in Zukunft selbstsicherer durchs Leben gehen, denn Sie haben bewiesen, dass Sie auch Unmögliches schaffen.“ Angeblich wird durch Meditation und Hypnose ein Zustand erreicht, in dem jeder seinen Geist über die Materie stellen kann – und dadurch unverletzt über die Glut gehen kann. In Wirklichkeit ist das Phänomen physikalisch leicht erklärbar: Holzkohle und Haut haben eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Es dauert eine gewisse Zeit, bis die Hitze von Kohle auf die Haut übertragen wird. Experimente zeigen: Jeder Mensch kann einen Feuerlauf absolvieren – ganz ohne mentale Tricks.

Wer sollte Ihr Buch lesen?

Christoph Wirl: Natürlich JEDER! Nein, Spaß beiseite. Interessant ist es sicherlich für alle Personen, die entweder selber trainieren oder viel mit Trainern zu tun haben. Trainer, Speaker, Personalentwickler, Führungskräfte aber auch Coaches sollten zumindest einen Blick ins Inhaltsverzeichnis riskieren um zu schauen, ob das eine oder andere was sie erzählen vielleicht auch Bullshit ist.

Und die wichtigste Frage. Wo kann man ihr Buch kaufen?

Axel Ebert: Das Buch gibt es in jedem guten Büchergeschäft, online wie offline, natürlich bei amazon, auch als eBook. Wer eine persönliche Widmung möchte, kann es ebenfalls gerne direkt bei den Autoren bestellen (axel.ebert@wortwelt.at und christoph.wirl@magazintraining.com). Das Buch ist im Goldegg Verlag erschienen, kostet 22,– Euro.

Bullshit Busters: Schluss mit Stuss | Irrtümer und Mythen aus Seminaren und Vorträgen

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