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Cultural Intelligence-Strategie: die metakognitive Dimension

02Nov2017
7 min
CQ2

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Im letzten Beitrag dieser Serie zu „Cultural Intelligence“ haben wir „CQKnowledge/Wissen, also inwieweit jemandem die Unterschiede zwischen der eigenen und anderen Kulturen bewusst sind und inwiefern jemand dafür auch Verständnis hat, vorgestellt. Dieser Beitrag stellt nun eine weitere Dimension im Detail vor.

Heute: CQ Strategie: die metakognitive Dimension, welche das Ausmaß an Planung, des Bewusstseins und der Kontrolle, vor, während und nach interkulturellen Interaktionen beschreibt.

Autoren: Andrej Juriga, Mag. Barbara Covarrubias Venegas

HRweb

CQ Strategie – Intuition oder Planung?

Man könnte sagen „Bitte nicht übertreiben. Wir sind doch alle Menschen und wir haben dasselbe Ziel. Man muss einfach authentisch sein und in Situationen intuitiv handeln.“ Intuition kann wirklich in manchen Situationen hilfreich und ausreichend sein. Je entfernter die Kultur aber ist und dahingehend auch zumeist unterschiedlicher, desto einschneidender können Missverständnisse sein, wenn wir uns „nur“ auf unsere Intuition verlassen. Intuition bedeutet, dass wir in einer uns natürlichen Art und Weise reagieren. Was uns aber natürlich und möglicherweise auch richtig vorkommen mag, kann nun eben sehr unterschiedlich in anderen Kulturen interpretiert werden. Ein Beispiel aus unserer Praxis, vorweggenommen sei, dass Herkunft des Falles nicht ausschlaggebend ist, da dies natürlich auch einem österreichischen Manager widerfahren kann, eventuell in anderer Ausprägung: ein französischer Manager, der für ein globales Team verantwortlich ist und an sich für Respekt und Toleranz von kulturellen Unterschieden bekannt geworden ist, besucht sein Team in Japan. Während eines Treffens mit einem Teammitglieder, hat der Manager intuitiv dem Mitarbeiter ein kritisches (natürlich bestenfalls auch konstruktives) Feedback auf ein konkretes Projekt gegeben. Nach dem Gespräch kam der japanische Mitarbeiter zu seinem französischen Manager mit einem Kündigungsbrief in seinen Händen. Er hat nämlich das sehr direkte, konfrontative Feedback als ein Signal verstanden, die Firma zu verlassen. Es hat den Manager sehr viel Mühe und Zeit gekostet dies aufzuklären und in weiterer Folge noch länger gedauert wieder Vertrauen aufzubauen.

Um solche Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig interkulturelle Begegnungen zu planen und Strategien lernen, wie das Wissen über Kulturen und den Unterschieden in konkreten Situationen anzuwenden ist. Hierfür möchten wir auf drei Phasen verweisen, um eine erfolgreiche kulturelle Strategie zu erarbeiten:

1. Das Bewusstsein schärfen

Dies hilft uns von einer konkreten (interkulturellen) Situation Abstand zu nehmen und zu reflektieren, was gerade passiert. Eine bewusste Analyse der Situation hilft uns zu sehen, was wir sonst eventuell übersehen. Unser Bewusstsein zu schärfen ist ein aktiver Prozess der auf unserem Kulturwissen (CQ Knowledge) aufbaut und uns zu verstehen hilft, wie eine spezifische Kultur eine konkrete Situation beeinflussen kann. Geschärftes Bewusstsein führt einerseits dazu, dass unsere unbewussten und teilweise auch halbautomatischen Impulse und Reaktionen abgeschaltet werden und wir dadurch unsere Annahmen auf eine eben bewusste Analyse bauen. Zuerst müssen wir uns darauf konzentrieren, uns selbst bewusst wahrzunehmen. Kulturelles Selbstbewusstsein bedeutet, sich selbst als kulturelles Wesen kennenzulernen und sich der eigenen Kultur bewusst zu werden, der eigenen Werte, Haltungen und Verhaltensweisen bewusst zu sein. Und dies beginnt mit der Anerkennung, dass man eben eine Kultur hat, die jeden von uns prägt. Unterschiedliche Studien zeigen auf, dass die Entwicklung des kulturellen Selbstbewusstseins den Übergangspunkt vom Ethnozentrismus (man sieht die eigenen Werte als richtig oder normal oder sogar als besser an) zum Ethnorelativismus(Wissen, Vorstellungen, Werte und Verhalten anderer Kulturen werden wahrgenommen – der kulturelle Hintergrund aus dem diese Elemente stammen werden in den eigenen Standpunkt miteinbezogen), siehe folgender Link für weiterführende Erkläungen zu den Begrifflichken, Seite 3, © 2012 AFS Intercultural Programs, darstellt. Je mehr wir über uns selbst und unsere Kultur lernen, desto eher sind wir bereit eine andere Kultur zu erforschen sowie kulturelle Unterschiede wahrzunehmen. Dies wäre ohne kulturelles Selbstbewusstsein nicht möglich. Wenn wir nun verstehen, was in uns geschieht, müssen wir das gleiche Level von Bewusstsein und Verständnis für andere erarbeiten.

2. Für eine interkulturelle Situation planen

Da wir uns nun bewusst sind, was die größten kulturellen Unterschiede zwischen uns und anderen sein könnten, können wir nun konkrete Strategien entwickeln, wie wir mit diesen Unterschieden umgehen und dadurch das Risiko von Missverständnissen zu reduzieren. Eine interkulturelle Situation zu planen bedeutet, dass wir antizipieren, wie unsere Verhaltensweise(n) geändert werden muss/müssen, wenn wir mit jemandem aus einem anderen Kulturkreis zu tun haben. Das bedeutet wiederum konkrete Strategien zu erarbeiten und in weiterer Folge anzuwenden, die von uns aber wiederum abverlagen, uns aus unserer Komfortzone zu bewegen. Nehmen wir den schon erwähnten französischen Manager als ein Beispiel: Wäre er sich bewusst gewesen, wie kritisches Feedback in Japan gegeben wird und wie demanch sein japanisches Teammitglied in solchen Situationen reagieren könnte, würde er höchstwahrscheinlich das Gespräch planen und Strategien erarbeiten, wie das Feedback in einer indirekten, nicht konfrontativen und vielleicht tendenziell eher schrittweisen Art zu geben ist.

3. Den Verlauf einer interkulturellen Situation evaluieren

Ein weiterer wichtiger Weg zur Entwicklung einer erfolgreichen CQ Strategie besteht darin, Informationen zu suchen, die uns bestätigen (oder eben auch nicht), ob unser Bewusstsein über die kulturellen Unterschiede und die nachfolgenden Pläne angemessen sind oder ob diese modifiziert werden müssen. In dieser Phase ist es extrem wichtig nicht zu schnell zu einer bewertenden Haltung der interkulturellen Situation springen. Es passiert in der Praxis allzu oft, dass wir eine Situation erleben, die wir nicht ganz genau verstehen, jedoch tendieren wir alle dazu, diese Situation automatisch zu bewerten und genau hier passiert es, dass ethnozentrische Verhaltenweisen, unsere Stereotypen und unbewussten Vorurteile ins Spiel kommen. Viel effektiver ist es, wenn wir in einem ersten Schritt versuchen eine Situation objektiv zubeschreiben, also was für ein Verhalten beobachten wir oder was für Äußerungen hören wir. In einem nächsten Schritt können wir analysieren, wie wir alle diese objektiven Fakten interpretieren könnten. Und erst nach dieser Analyse aller Fakten und deren möglichen Meinungen können wir die (interkulturelle) Situation auswerten. Bedienen wir uns noch einmal des Beispiel des französischen Managers: Was er als objektiven Fakt beobachten hätte können war das Schweigen des japanischen Mitarbeiters nachdem er das direkte Feedback auf eine eher direkte Art und Weise bekommen hat. Dieses Schweigen könnte nun verschiedene Deutungen zulassen: es könnte eine Zustimmung, ein Schock, ein Widerstand oder eine Ablehnung sein. Eine weitere Analyse dieser Interpretationen würde dem Manager helfen, eine ethnozentrische Evaluierung der Situation zu vermeiden.

Fazit

Während CQ Drive beschreibt inwieweit sich jemand für Fremd- und Andersartiges interessiert; CQ-Knowledge zeigt inwieweit jemandem die Unterschiede zwischen der eigenen und anderen Kulturen bewusst sind, geht CQ-Strategy darauf ein, inwiefern man etwas aus diesen Unterschieden macht? Inwiefern jemand flexibel genug ist, um eigene Strategien anzupassen und gegebenenfalls auch umzustellen?

CQ Strategie hilft uns dabei über die Oberfläche der kulturellen Unterschiede hinauszblicken und in die subtilen, aber mächtigen Themen einzutauchen, die über de Erfolg oder Misserfolg unserer interkulturellen Begegnungen oft entscheiden. CQ Strategie ist die Schlüsselverbindung zwischen unserem Kulturwissen und unseren Verhaltensweisen und ist das Bindeglied zu CQ Action, die letzte Dimension, welche wir in unserem nächsten Artikel beschreiben werden.


Die HRweb-Serie „Cultural Intelligence“ wird vom Autorenteam Mag. Barbara Covarrubias Venegas und Mag. Andrej Juriga verfasst:

HRwebAutoren

Mag. Andrej Juriga ist zertifizierter Trainer des Cultural Intelligence Center (USA), Gründer und Geschäftsführer von Cultural Bridge. In den letzten 13 Jahren war Andrej als Geschäftsführer und HR Leiter in globalen Unternehmen tätig und hat sich zum Ziel gesetzt Führungskräfte weltweit bei dem Management von multikulturellen Teams zu unterstützen. Andrej war in vier verschiedenen Ländern in Europa und Afrika beruflich tätig und ist Mitglied von SIETAR Austria. info@culturalbridge.sk, www.culturalbridge.sk

HRwebMag. Barbara Covarrubias Venegas ist HRweb-Autorin & Forscherin und Lektorin am Institut für Personal & Organisation der FHWien der WKW. Barbara studierte und arbeitete in Österreich, Spanien, Italien, Chile und Mexiko. Heute spezialisiert sie sich auf Trainings und Beratungen im internationalen Kontext. Sie ist Vorsitzende von SIETAR Austria www.sietar.at und leitet das communication committee von SIETAR Europa. Seit 2014 Projektleitung eines von der Stadt Wien geförderten Forschungs- und Lehrteams zu „HR Rollen und HR Kompetenzen im internationalen Vergleich“ an der FHWien der WKW. Forschungs- und Vortragsschwerpunkte: DasNeueArbeiten, Altersdiversität, HR Rollen/HR Kompetenzen, Organisationskultur und Interkulturelles Management.


Literaturempfehlung

  • David A. Livermore (2011): The Cultural Intelligence Difference: Master the One Skill You Can’t Do Without in Today’s Global Economy. American Management Association Books, New York.
  • David A. Livermore (2010): Leading with Cultural Intelligence. American Management Association Books, New York.
  • Soon Ang & Linn Van Dyne (2008): Handbook of Cultural Intelligence. Theory, Measurement, and Applications, Routledge Taylor & Francis Group
  • Janet M. Bennett (2015): The SAGE Encyclopedia of Intercultural Competence. Sage Publications, Los Angeles.

Event-Info

Bei Interesse an Fachveranstaltungen im Bereich Interkulturelles/Internationales Management: www.sietar.at — Society for Intercultural Education, Training and Research

> upcoming event: SIETAR Austria Culture Talk am Mittwoch, 18. Oktober 2017 im Expat Center (Schmerlingplatz 3, 1010 Wien) zum Thema “ “Islam in a nutshell – H(ie)R erfahren Sie mehr!”. Fokus: Human Resource Management.

Cultural Intelligence-Strategie: die metakognitive Dimension

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