Ich stöbere durch das Programm der PoP (12+13apr2018, Rust) und stoße auf Dr. Michael Bartl. Er ist „Vorstand der HYVE Unternehmensgruppe – des one-stop-shop für Innovation“. Na hallo, da bitte ich doch gern zum Interview, denn ich möchte mir einen Vorgeschmack holen, noch bevor die PoP startet.
Interview mit Dr. Michael Bartl, Vorstand, HYVE Unternehmensgruppe:
Was macht ein Innovationsunternehmen aus?
Vor allem ein kollaborativer, agiler und kundenzentrierter Ansatz. Erfolgreich zu innovieren kommt einem Zehnkampf gleich. Man muss in allen Disziplinen ziemlich gut abschneiden: Produktentwicklung, Kreativität, Kundennähe, Teamaufbau, Wecken von Begeisterung, Entwicklung und Implementierung von Prozessen usw. Die Erfolgsformel ist eine gewisse Ausgewogenheit über alle Disziplinen hinweg. Mit zu vielen Fehlversuchen oder mit schwachen Einzeldisziplinen kann man keinen Zehnkampf gewinnen. Auch die Strategie wird man häufiger ändern müssen. Das ist einfach dem langen Wettkampfverlauf mit vielen Unsicherheiten und wechselnden Bedingungen geschuldet.
Weshalb hat Österreich schon auf Innovationsunternehmen gewartet?
Die Markt- und Kundenbedürfnisse zu kennen, ist im digitalen Zeitalter für Unternehmen und Start-Ups essentiell. Zwar ist Kreativität hilfreich, die Umsetzung erfordert jedoch immer einen langen Atem: denn die Reise beginnt doch erst richtig, wenn ein kommerzialisierbares Produkt existiert, das gekonnt vermarktet werden kann. Davor müssen Risiken kalkuliert und durch die Einbindung der Kunden und Anwender in den Innovationsprozess klein gehalten, Betroffene zu Beteiligten gemacht werden. Die Kreativität und der Ideenreichtum der Österreicher soll für den Innovationserfolg eine (bei)tragendere Rolle spielen.
Wie wird heute innoviert und wie können die Menschen in den Unternehmen mitgenommen werden?
Mittlerweile wissen wir, dass Innovieren kein linearer, sondern ein iterativer Prozess ist, der viele Lösungsvorschläge und Ideen hervorbringt, die oftmals nicht die eigenen Probleme lösen, dafür aber möglicherweise die der anderen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie das Rad nicht zweimal erfinden müssen, sondern dass es irgendwo auf der Welt sicherlich eine Lösung für ihr Problem gibt. Und die gilt es zu finden, indem Kunden, Lieferanten oder Experten in den Innovationsprozess integriert werden, also „Open Innovation“ betrieben wird. Die Mitarbeiter sind entscheidend für den Prozess; nur durch ihre Offenheit kann dieser gelingen. Nur wenn einst hermetisch geschlossene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sich öffnen, jeder Angestellte zur Innovation beiträgt, kann eine neue Innovationskultur entstehen.
Steuert die „Geschwindigkeit der sich ändernden Nachfrage“ die Innovations-Notwendigkeit oder steuert die Innovations-Geschwindigkeit die Notwendigkeit der Änderungen?
Das ist in der Tat eine sehr oft diskutierte Frage: user driven versus technology driven Innovation?
Beide Konzepte und Herangehensweisen können erfolgreich sein. Beides ist ohne einander nicht zu denken, beides bedingt einander. Das liegt vor allem daran, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben. Der zunehmende Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung und Digitalisierung, die immer kürzeren Produktionszyklen, die steigenden Kosten für Forschung und Entwicklung haben dazu geführt, dass der Innovationsdruck explodierte. Darauf müssen die Unternehmen reagieren und ihre bisherige Innovationslogik überdenken, die davon geprägt ist, dass man selbst die schlausten Mitarbeiter hat und diese hinter verschlossenen Türen forschen. Heute ist hingegen eine offene Innovationslogik unerlässlich.
Wie sieht Österreichs Innovationskraft und Innovationsgeschwindigkeit im internationalen Vergleich aus?
Über Open Innovation wird derzeit viel diskutiert, aber die wenigsten Großkonzerne oder etablierten Unternehmen setzen das Konzept bisher programmatisch ein. Das liegt sicherlich auch daran, dass damit eine Kulturveränderung einhergeht von „invented here“ zu „proudly found elsewhere“. Wir glauben, dass Initiativen wie weXelerate in Wien genau der richtige Schritt sind, um Innovationskraft in Österreich zu bündeln und zu boosten. Weiter auf diesem Weg!
Interview-Partner
„One-Stop-Shop für Innovation – was hat es damit auf sich?“
Dr. Michael Bartl ist Vorstand der HYVE Unternehmensgruppe für Innovation in München. Zuvor war er bei der Audi AG im Bereich Entwicklung Elektrik/ Elektronik in Ingolstadt tätig.
Seine Promotion und Studien der Wirtschaftswissenschaften schloss er in London, München und an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar ab.
Dr. Michael Bartl ist Autor des E-Journals “The Making-of Innovation” (www.makingofinnovation.com ). Von 2011 bis 2014 wurde er zum Bundesvorstand des Berufsverbands Deutscher Mark- und Sozialforscher gewählt. In 2012 erfolgte die Berufung zum Senator in den Senat der Wirtschaft. Die jüngsten und vielfach ausgezeichnete Neugründungen sind ICAROS (www.icaros.net) und TAWNY (tawny.ai) als Technologie-Startups im Bereich Virtual Reality und Artificial Intelligence.
One-Stop-Shop für Innovation – was hat es damit auf sich? Interview mit Michael Bartl.