Der Recruiter benötigt den perfekten Kandidaten. Jetzt. Und wendet sich an den Personalberater / Headhunter seines Vertrauens. Aus gutem Grund, denn es ist des Personalberaters Kernkompetenz, genau jene Kandidaten vorrätig zu haben. Aus Personalberater-Sicht könnte das unter Umständen doch auch einen gewissen Druck aufbauen, um dieser Erwartungshaltung zu folgen. Ein Experten-Interview dazu:
Liebe Personalberater & Headhunter, wie schafft ihr es, den Kundenwünschen – zu mindest annähernd – nachzukommen?
Experten-Interview
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Wie stellen Sie als Personalberater sicher, dass Sie für bestimmte nachgefragte Positionen immer Kandidaten vorlegen können?
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen • 2blickwinkel.at): Ganz ehrlich, das können wir nicht immer sicherstellen. Suchen wir parallel für ähnliche Positionen, sprechen wir offen mit unseren Kunden, welche Anzahl an Kandidaten wir kurzfristig präsentieren können. Und wir nutzen natürlich unsere Datenbank mit den langjährig aufgebauten Kontakten am österreichischen Markt. Wir stehen für Qualität vor Quantität. Unsere Arbeitsweise ist allerdings sehr schnell und effizient.
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Gar nicht! Denn das halte ich für unseriös. Jeder Personalberater hat mittlerweile eine riesengroße Datenbank an Bewerbern für unterschiedliche Positionen. Selbstverständlich auch immer einen Pool an Bewerbern, die gerade aktuell bzw. in den letzten Wochen für ähnliche Positionen im Rennen waren und die man persönlich bereits kennt. ABER: Wir suchen den perfekten Kandidaten für das jeweilige Unternehmen und da gehört neben den Qualifikationen genauso die Persönlichkeit dazu. Ein Bewerber muss von der Persönlichkeit zu einem Unternehmen und der jeweiligen Unternehmenskultur passen. Das können wir nur aufgrund von persönlichen Gesprächen feststellen. Vielleicht heben wir uns hier vom Mitbewerb ab – aber wir besetzen keine Stellen auf „Zuruf“ und versenden auch keine anonymisierten Lebensläufe nur um das Interesse unserer Kunden zu wecken. Unsere Stammkunden schätzen die rasche Reaktionszeit bei dringenden Personalsuchen. Aber bei uns geht Geschwindigkeit nicht auf Kosten der Qualität! Interessante Kandidaten aus der Datenbank zu präsentieren, halte ich persönlich für kein Qualitätskriterium eines Personalberaters!
Ing. Christoph Seewald (Trenkwalder Personaldienste): Trenkwalder hat einen umfangreichen Kandidatenpool mit unterschiedlichen Qualifikationen. Weiters decken wir mit der internen Nominierung von Recruting-Experten, bestehend aus einem kaufmännischen, technischen und gewerblichen Team, einen Großteil ab. In den jeweiligen Teams gibt es unterschiedliche Strategien, um einerseits immer wieder neue Aspiranten zu mobilisieren, aber auch individuelle Möglichkeiten auszuschöpfen wie mit dem bestehenden Bewerberpool in Kontakt zu bleiben oder sie auch an Bewerberempfehlungsprogramme zu beteiligen. Das ermöglicht uns eine rasche Reaktion bei einer neuen Vakanz.
Mag. (FH) Andreas Feuerstein (Nadel & Heu Personalberatung): Durch unsere Spezialisierung auf die Bereiche Finance und Real Estate wissen wir ganz genau was unsere Kunden suchen und wo bzw. wie wir die passenden Bewerber ansprechen und begeistern können. Die tägliche Bearbeitung des aktiven und passiven Kandidatenmarktes ermöglicht es uns, mit entsprechenden Bewerbern aktiv in Kontakt zu sein, noch bevor der Bedarf bei unseren Kunden entsteht.
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Ich kombiniere stets mehrere Suchstrategien, um eine erfolgreiche Besetzung der Vakanzen zu gewährleisten. Die Erfahrung aus vielen Recruiting-Projekten kommt mir dabei zugute, insbesondere wenn es um das Web-Mining geht. Und natürlich greife ich auf meinen Talentpool zu, der akribisch gepflegt wird.
Alexandra Baldauf David (Markus Baldauf Management Consulting): Active Sourcing, Direktansprache und eine umfangreiche Datenbank, Social Media
Wann können sich am ehesten Engpässe ergeben?
Ing. Christoph Seewald (Trenkwalder Personaldienste): Leider hat sich der Traum eines jeden Personalberaters noch nicht erfüllt, dass die Anforderungen am Bewerber- und Jobmarkt vorhersehbar und dadurch planbar wären (am ehesten noch in den Bereichen Gastronomie und Bauwirtschaft). Ein Negativtrend hält sich seit Jahren in den Bereichen Medizin, Pflege, IT und div. Facharbeiterberufen. Hier wäre es wichtig, die richtigen Impulse zu setzen um das künftig zu verbessern.
Alexandra Baldauf David (Markus Baldauf Management Consulting): Generell steigt im ersten und vierten Quartal die Nachfrage nach qualifiziertem Personal. Zusätzlich befinden wir uns derzeit in einem starken wirtschaftlichen Aufschwung. Beides zusammen kann schon zu Engpässen führen.
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Je höher die Position, desto einfacher ist es passende Mitarbeiter zu rekrutieren, da diese in der Regel auch nicht so rasch den passenden Job finden und etwas länger am Markt verfügbar sind. Gerade auf Geschäftsführerebene haben wir quasi immer interessante Kandidaten in unserer Pipeline. Diese Stellen besetzen wir auch meistens ohne Stellenausschreibung. Wo es zu Engpässen kommen kann, ist hauptsächlich im Fachkräftebereich. Bilanzbuchhalter oder auch Vertriebsmitarbeiter sind weit schwieriger zu finden. Außerdem sind hier gute Kandidaten ohnehin nicht länger als 2-3 Wochen am Markt verfügbar. Also quasi unmöglich hier Top-Kandidaten „vorrätig“ zu haben ;-).
Mag. (FH) Andreas Feuerstein (Nadel & Heu Personalberatung): Angebot und Nachfrage verlaufen in den seltensten Fällen homogen. So auch nicht am Bewerbermarkt. Natürlich sind z.B. Urlaubszeiten gepaart mit 40 Grad Celsius nicht ideal um die Menschen für ein Interview beim Personalberater zu begeistern. Gepaart mit unrealistischen Gehaltsvorstellungen beider Seiten, kann es schon einmal recht eng werden.
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Eng wird es für Unternehmen vor allem wenn es um Technische Spezialisten geht. Gefragte Fachqualifikationen wie Digitalkompetenz, Wissensmanagement und Big Data-Skills sind extrem schwer zu finden. Programmierer finden heute viele Unternehmen vermehrt im Ausland. Besonders mittelständischen Unternehmen stehen großen Herausforderungen bei der Personalbeschaffung im IT Sektor bevor. Sie gehören zwar häufig zu den Marktführern in ihrem Bereich, sind aber den gewünschten Zielgruppen weit weniger bekannt als Großunternehmen und Konzerne.
Gibt es “die“ Lösung für die perfekte Pipe an Kandidaten?
Mag. (FH) Andreas Feuerstein (Nadel & Heu Personalberatung): Nein, ich denke nicht. Als Personalberater ist es unerlässlich sich laufend mit den neuesten Entwicklungen am Bewerbermarkt auseinanderzusetzen und sich Inputs von außen zu holen. Wir waren dieses Jahr u.a. auf den Social Recruiting Days in Berlin. Die „eine Lösung“ haben wir nicht gefunden, aber fern von unserem eigenen Schreibtisch viele Impulse mitgenommen.
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Ja, ein ausgezeichnetes persönliches Netzwerk zu interessanten Kandidaten aufzubauen und aufrecht zu erhalten! Außerdem ist es wichtig einen guten Marktüberblick zu haben und über laufende Entwicklungen der jeweiligen Branchen Bescheid zu wissen.
Und wenn eine Position wirklich kurzfristig besetzt sein muss?
Dr. Susanne Gruber-Kolbesen (Chvalina & Kolbesen • 2blickwinkel.at): Dann empfiehlt sich oft eine Interims-Lösung oder eine Leistung extern zuzukaufen. Ein Interims-Manager oder externer Berater kann kurzfristig die anstehenden Themen lösen und operatives Tagesgeschäft managen. Parallel dazu können wir für unseren Kunden den richtigen Mitarbeiter für eine nachhaltige Besetzung suchen. Damit haben wir gute Erfahrung gemacht.
Die Gesprächspartner
Jetzt-Sofort-Pipeline | Eine Notwendigkeit für jeden Personalberater?
Ing. Christoph Seewald Trenkwalder Personaldienste GmbH Mag. Verena Irrschik Karrieremanufaktur Dr. Susanne Gruber-Kolbesen Chvalina & Kolbesen • 2blickwinkel.at Alexandra Baldauf David Markus Baldauf Management Consulting Daniela Schlick Daniela Schlick Personalconsulting Andreas Feuerstein Nadel & Heu Personalberatung GmbH |