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Die Zukunft der Jobbörsen | Ideale Luftburgen & reale Trends

09Apr2018
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Experten-Interview für Jobbörse-Betreiber: wohin geht der Trend in den kommenden 2 Jahren UND wenn Sie die freie Wahl hätten: wohin sollte der Trend idealer Weise gehen? Das ist die Einladung, Luftburgen zu bauen!

Experten-Interview

Wohin werden sich Online-Jobbörsen in den nächsten 2 Jahren entwickeln?

Mag. Thomas Olbrich (karriere.at): Der Trend, dass Recruiting ganzheitlich gesehen wird, setzt sich mit Sicherheit weiter fort. Die Ansprüche der User hinsichtlich Jobsuche und Bewerbung werden auch noch ansteigen: Jobsuchende wünschen sich einen möglichst reibungslosen, transparenten Prozess durch ihre gesamte Candidate Journey und darüber hinaus – vom Stelleninserat über den Informationsprozess zum ausschreibenden Unternehmen bis hin zur Bewerbung und dem Vorstellungsgespräch. Anders gesagt: Was beim Online-Shopping oder Urlaub-Buchen für User längst State of the Art ist, wird mittelfristig auch bei der Jobsuche zum Standard werden.

Mag. Rudi Bauer (StepStone Österreich): Unternehmen, die auch morgen Top-Talente an Land ziehen wollen, werden die Hosen runterlassen müssen. Denn: Kandidaten von heute wollen das Unternehmen, in dem sie künftig arbeiten, schon vorab kennenlernen – und das am liebsten übersichtlich und auf einen Blick. Inklusive aktueller Stellenangebote und authentischer Einblicke ins Unternehmen, etwa durch Berichte aktueller und ehemaliger Mitarbeiter. Für Jobbörsen reicht es daher nicht mehr, bloße Stellenanzeigen online zu stellen. Es geht um eine umfassende Präsentation des Unternehmens nach außen hin – mit all seinen Ecken und Kanten. Denn: Wenn der „cultural fit“ immer wichtiger wird, müssen Unternehmen sich ehrlich so zeigen, wie sie sind. Nur so ziehen sie Kandidaten an, die auch wirklich zu ihnen passen – und sortieren umgekehrt schon vorab jene Bewerber aus, die nur schlecht mit der Firma harmonieren würden.

Daniel Laiminger, MSc (hokify): Für traditionelle Jobbörsen und Metajobsuchmaschinen die stark oder ausschließlich von organischem Google Traffic abhängig sind werden die nächsten 2 Jahre wahrscheinlich entscheidend für das weitere Überleben. In Zeiten von Google for Jobs und der immer größer werdenden Nachfrage nach passiv Jobsuchenden reicht die reine SEO Optimierung als Marketing Strategie für Online Jobbörsen nicht mehr aus. Vielmehr ist es essentiell selbst als Anlaufstelle wahrgenommen zu werden bzw. auch passiv jobsuchende Personen zu erreichen. Zum Beispiel durch eine gute Social Media Strategie mit der man Facharbeiter erreichen kann die vielleicht aktuell noch gar nicht an einen Jobwechsel denken. Oder natürlich durch Talent Pools (z.B.: hokify Kandidatensuche) wo die Motivation für einen Jobwechsel durch Emails oder Push Notifications immer wieder abgetestet werden kann.

Annina Galipeau (Medienjobs.at): Ich denke, dass sich der Trend hin zur Nischen-Jobbörse noch verstärken wird. Ob nun bezogen auf das Berufsfeld, die „Vertragsart“ (sprich Praktika / Stundenjobs) oder die Region –  durch Nischen-Jobbörsen kann die gezielte Suche erleichtert werden. Natürlich tut sich auch viel im Bereich Apps und „erleichterten Bewerbungsverfahren“ – allerdings glaube ich nicht, dass sich diese auf lange Zeit durchsetzen werden. Auch der Bereich Videobewerbung wird noch an Bedeutung gewinnen, woran man meiner Meinung nach auch erkennt, dass eine persönliche Bewerbung nie an Wichtigkeit verlieren wird.

Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts GIM im Auftrag von XING E-Recruiting zeigt, dass rund ein Drittel der Personaler in Österreich erwartet, 2018 mehr Personen einzustellen als im vergangenen Jahr. Gleichzeitig rechnen die Personaler mit Schwierigkeiten bei der Suche nach Fachkräften. Besondere Herausforderungen sind neben dem Fachkräftemangel die Nutzung von Online-Bewerbungskanälen, die Digitalisierung, aber auch die Anforderungen der Bewerber.
Konkret bedeutet das, vorausschauendes Candidate Relationship Management immer wichtiger wird. Recruiter dürfen nicht mehr erst dann zu suchen beginnen, wenn sie neue Mitarbeiter brauchen, sondern müssen vorsorgen. Das können sie, indem sie Pools an Kandidaten aufbauen, zu denen sie Kontakt halten. So können sie offene Stellen sofort nachbesetzen, wodurch es zu keinen Lücken in der Belegschaft kommt. Das könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass Projekte nicht ausgeführt werden können und man hinter den Wettbewerb zurückfällt.

Wenn Sie die freie Wahl hätten & eine ideale Luftburg bauen könnten: wohin soll der Trend gehen?

Daniel Laiminger, MSc (hokify): Einer meiner Wünsche wäre, dass die Integration von führenden Jobbörsen und Bewerbermanagement Systemen schneller voranschreitet, da es sowohl für Jobsuchende als auch für Arbeitgeber enorme Effizienzsteigerungen mit sich bringen würde.

Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Ganz allgemein und speziell im Recruiting ist es wichtig, die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben. Hier gilt es, den Digitalisierungsgrad des Unternehmens kritisch zu hinterfragen. Tendenziell wird dieser von Geschäftsführer und HR-Verantwortlichen überschätzt. Der gezielte und intelligente Einsatz von Daten bietet für den HR-Bereich zahlreiche Chancen, Workflow und Kandidaten-Management auf ein neues Level zu heben. Der Wille, neue Dinge auszuprobieren, muss aber auch von der Geschäftsführung mitgetragen werden, damit sich in der Praxis tatsächlich etwas ändert.

Mag. Rudi Bauer (StepStone Österreich): Wir wollen den Menschen helfen, einen Job zu finden, den sie lieben. Und weil der Traumjob für jeden Menschen etwas anderes bedeutet, brauchen wir möglichst viele Informationen, damit es sowohl für Bewerber als auch für Unternehmen gut passt. Das heißt auf der einen Seite, dass wir unsere Bewerber immer besser kennenlernen müssen – ihre Wünsche, Ziele und Prioritäten -, aber auch, dass Unternehmen uns mehr und mehr Informationen zur Verfügung stellen, mittels derer wir die perfekten Kandidaten für sie finden können. Das bedeutet, vermehrt auf Big Data und Datenauswertungen zu setzen – sie zeigen uns, wie Kandidaten ticken.
Auf der anderen Seite wäre ein Weg von schöngefärbter Unternehmenspräsentation hin zu ehrlichen Aussagen mitten aus dem Herz der Firma erfreulich. Selbst wenn das bedeutet, nicht immer nur die Schokoladenseite zu zeigen: Unternehmen sollten statt auf Werbung auf den ehrlichen Dialog mit ihren Bewerbern setzen. Nicht vergessen sollte man auch die eigenen Mitarbeiter: Wer sich wohl fühlt im eigenen Unternehmen, wird es eher weiterempfehlen und wirkt bei der oft schwierigen Suche nach geeigneten Fachkräften als positiver Multiplikator.

Annina Galipeau (Medienjobs.at): Ich würde mir wünschen, dass der Trend wieder in Richtung einer persönlich geschriebenen Bewerbung für den jeweiligen Job geht. Ich halte nichts davon einmal den Lebenslauf hochzuladen und für 100erte Jobs vorgeschlagen zu werden. Ein Lebenslauf alleine reicht oft nicht, um sich ein ausreichendes Bild eines Bewerbers zu machen. Zudem zeigt der Trend hin zur „schnellen“ Bewerbung wie wenig es oft auf die Persönlichkeit eines Bewerbers selbst ankommt. Daher wäre meine Hoffnung, dass Bewerbungsverfahren wieder vermenschlicht werden. Auch vom amerikanischen Trend der komplett anonymisierten Bewerbung halte ich persönlich wenig. Wichtiger wäre es, Vorurteile in den Köpfen aller abzubauen.

Meine ganz persönliche Meinung ähnelt sehr den Worten von Annina Galipeau: auch ich hoffe auf mehr Individualität in der Bewerbung. Ausschließlich einen Lebenslauf von einem potenziellen Vertriebs-Mitarbeiter zu erhalten zeigt mir zu wenig, wer der Mensch dahinter tickt. Ich freue mich darauf, dass die Digitalisierung weiter voranschreitet und hoffe, dass sie dennoch viel Raum für Persönliches & Individuelles schaffen wird.


Die Gesprächspartner

Die Zukunft der Jobbörsen | Ideale Luftburgen & reale Trends


HRwebMag. Rudi Bauer
Geschäftsführer

StepStone Österreich GmbH


HRwebMag. Thomas Olbrich
Chief Culture Officer (CCO)

karriere.at Informationsdienstleistungs GmbH


HRwebJutta Perfahl-Strilka
Director Sales New Business DACH, Prokuristin

XING E-Recruiting

Recruiting.xing.com


HRwebAnnina Galipeau
Geschäftsführerin

Medienjobs.at


HRwebDaniel Laiminger MSc

hokify


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