Viele Recruting-Helferlein tummeln sich am Markt. Welche davon sind sinnvoll, welche sind der Mühe nicht wert? In einem Experten-Interview fragen wir : welche Recruting-Tools waren in den letzten 2 Jahren für Sie am eindrucksvollsten und welche am brauchbarsten (was ja nicht zwangsläufig deckungsleich sein muss)?
Experten-Interview
Wir fragen:
- Welche Software-Lösungen / Social-Media / Apps waren in den letzten 2 Jahren am eindrucksvollsten?
⇒ Antworten der ⇓ Anwender (Personalberater) und
⇒ Antworten der ⇓ Anbieter (Jobbörsen & HR-Software) - Welche Software-Lösungen / Social-Media / Apps waren in den letzten 2 Jahren am brauchbarsten?
⇒ Antworten der ⇓ Anwender (Personalberater) und
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Welche Software-Lösungen / Social-Media / Apps der letzten 2 Jahre sind für Sie am eindrucksvollsten?
Antworten der Anwender (Personalberater)
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Ehrlich gestanden fällt mir hier keine ein. Wir haben einige getestet und sind immer wieder davon abgekommen. Sie erhöhen zwar den quantitativen Rücklauf, ersetzen bzw. erleichtern aber unsere Rekruiting-Tätigkeit nicht. Auch wenn viele Apps und Software-Lösungen angeboten werden, die angeblich Personalberater ersetzen sollen, können sie ihre Versprechen nicht halten. Die persönliche Komponente ist immer noch am entscheidendsten ob ein Mitarbeiter in ein Unternehmen passt oder nicht. Diese lässt sich durch eine Software-Lösung zum Glück (noch) nicht feststellen. Das kann sich natürlich in den nächsten Jahren noch ändern.
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Die Möglichkeiten von Virtual Reality beeindrucken mich sehr. VR-Technologien stellen eine Erweiterung bisheriger Videoformate dar und ergänzen Jobanzeigen sinnvoll. Mit dem Einsatz der VR-Technologie ist es Talenten möglich, ein authentisches Bild vom Unternehmen zu gewinnen. Das steigert natürlich das Interesse von Kandidaten. Nutzer können sich virtuell in den Räumlichkeiten des jeweiligen Unternehmens bewegen und mit Kollegen in spe interagieren. Virtual Reality kann auch sehr gut für Videointerviews in den Unternehmen eingesetzt werden. Erste große Unternehmen wie zum Beispiel die Deutsche Bahn haben Virtual Reality bereits im Einsatz. Vor allem jüngere Zielgruppen kann man mit dieser Technologie beeindrucken.
Mag. Matthias Schulmeister (Schulmeister Management Consulting): My veeta finde ich für ein sehr innovatives Produkt.
Antworten der Anbieter (Jobbörsen & HR-Software)
Mag. Jan Pichler (Talent Solutions): Es ist erstaunlich, wie sich in den letzten Jahren das Zusammenspiel von HR-Systemen weiterentwickelt hat. Während es vor ein paar Jahren noch teilweise unmöglich war, Tools wie myVeea an Recruitingsystemen „anzuschließen“, haben heute immer mehr Hersteller gute Schnittstellen. Und es gibt unabhängige Lösung wie mesh.hr, die zwischen unterschiedlichen Systemen „übersetzen“ und das Zusammenspiel noch einfacher machen.
Mag. Rudi Bauer (StepStone Österreich): Vor allem im Bereich Social Recruiting hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Um nur einige Beispiele zu nennen: Mit Facebook, Instagram und Snapchat wurden Kanäle bespielt, die ursprünglich nichts mit dem Thema Recruiting zu tun hatten. Ihr Vorteil: Sie sprechen eine junge Zielgruppe an, die mit klassischen HR-Maßnahmen und traditionellen Jobanzeigen oft nicht einfach zu erreichen ist – Stichwort Nachwuchs- und Lehrlingsrecruiting.
Dennoch machen wir die Erfahrung, dass es nicht reicht, jetzt „schnell mal eben eine Recruiting-Aktion auf Instagram“ zu machen. Junge Leute wollen auf Augenhöhe und von ihresgleichen angesprochen werden – ihr Bullshit-Radar ist extrem ausgeprägt. Daher sollten gerade diese Kanäle von erfahrenen Social Media-Experten betreut werden, die sich intensiv mit dem Medium auseinandersetzen – und die Sprache der Jugend sprechen, so wie Influencer das etwa tun.
Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Das österreichische Start-Up Presceen hat uns sehr beeindruckt. Daher haben wir uns auch im Sommer 2017 entschlossen, das innovative Bewerbermanagementsystem zu übernehmen. Sogenannte „Applicant Tracking Systeme“ (ATS) erfreuen sich im Personalwesen stark wachsender Beliebtheit. Moderne ATS-Lösungen, die cloud-basiert sind und intuitive Nutzeroberflächen bieten, sind in den USA bereits weit verbreitet und treffen auch im deutschsprachigen Raum auf rasch wachsende Nachfrage. Denn mittels eines ATS können Personalsuchende den gesamten Prozess von der Vakanz bis hin zur Einstellung eines Kandidaten mit einer Software-Lösung kostengünstig, bequem und effektiv managen. So können sie etwa Stellenanzeigen auf der eigenen Karriereseite sowie in Netzwerken und Stellenbörsen verbreiten, Bewerbungen dokumentieren und nach relevanten Kriterien sortieren, einen Talentpool für die Besetzung künftiger Vakanzen anlegen und sogar Assessments durchführen, um die Eignung von Kandidaten zu überprüfen. Prescreen ist einer der am schnellsten wachsende Anbieter für ATS-Lösungen in Europa.
Annina Galipeau (Medienjobs.at): Es gab kaum echte Innovation, die für den HR Markt wirklich relevant wäre. Wir haben uns dediziert gegen eine eigene App entschieden, da wir die Meinung vertreten eine gute Bewerbung verlangt nach mehr Aufwand als ein simples „nach rechts“ Wischen oder massenhaftes CV versenden.
Welche Software-Lösungen / Social-Media / Apps der letzten 2 Jahre sind für Sie am brauchbarsten?
Antworten der Anwender: Personalberater
Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Die sogenannten „Profil-Aggregatoren“ sind wirklich komfortabel. Ein Tool dieser Gattung ist Talentwunder, eine mehrfach ausgezeichnete Active Sourcing Lösung. Sie unterstützt Unternehmen dabei, weltweit die besten Kandidaten zu finden. Um dies zu erreichen, wurde eine spezialisierte Suchmaschine entwickelt, die aus etwa 1,6 Milliarden Profilen aus Social-Media-, Business-, IT und Science- sowie Design-Networks, die passenden Kandidaten filtert. Mittels Big-Data Analysen wird automatisch die Umzugs- und Wechselbereitschaft der Kandidaten berechnet. In Summe werden dort 51 Netzwerke abgegrast. Gerade den KMUs, die nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen, erleichtern Profil-Aggregatoren das Active Sourcing.
Außerdem sind die Employee Self Service Tools erwähnenswert. Mittels ESS werden formale Prozesse von HR an Mitarbeiter verlagert. Mitarbeiter können mit wenigen Klicks ihre Stammdaten wie Bankverbindung, Bildungsweg, Laufbahn, Fortbildung, Skills etc. selbst ändern und Abwesenheiten verwalten. Oder sie informieren sich über das Weiterbildungsangebot des Unternehmens, beantragen die Teilnahme an Seminaren und geben Ihr Feedback zu Kursen ab. Routinetätigkeiten werden vereinfacht und der HR hat Spielraum für Strategisches, Gestalterisches.
Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Es hat sich herausgestellt dass wir über unser persönliches Netzwerk zu Bewerbern, das wir sehr gut pflegen, die größten Rekrutingerfolge erzielen. Außerdem setzen wir ganz gezielt auf Social Media. Neben Xing und Linked In sind vor allem Facebook Gruppen sehr interessant. Wir sind auf Facebook in mehreren Gruppen sehr aktiv und haben hier schon sehr gute Erfolge erzielen können.
Antworten der Anbieter: Jobbörsen & HR-Software
Annina Galipeau (Medienjobs.at): Die Recruiter Zugänge bei zB. LinkedIn oder XING sind sicher sehr mächtige Werkzeuge, um Active Recruiting zu betreiben und trotz Fachkräftemängel im War for Talents zu bestehen.
Mag. Rudi Bauer (StepStone Österreich): An sich können Unternehmen viele der „neuen“ Kanäle für sich nutzen, um eine breitere Zielgruppe anzusprechen oder junge Leute gezielt ins Unternehmen zu holen. Es reicht aber nicht, einfach ein sprödes Unternehmensvideo auf Youtube zu posten – der Content muss dem jeweiligen Medium angepasst und professionell gemacht werden. Dann funktioniert Recruiting auch über Instagram, Snapchat und Co. – und man holt sich damit Nachwuchs ins Haus, der über eine klassische Karriereseite längst nicht mehr anzusprechen ist.
Der Vorteil dieser „neuen“ Medien: Über sie können Geschichten erzählt werden, die anderweitig keinen Weg in die Köpfe der Talente finden. Ob man jetzt den Mitarbeiter der Woche den Instagram-Account übernehmen oder den Unternehmensnachwuchs ein lustiges Video drehen lässt, das man anschließend auf Youtube stellt, ist dabei weniger von Relevanz. Wichtig ist, dass die Inhalte authentisch sind und die ehrliche Sprache des Unternehmens sprechen. Jede Firma lebt von ihren Mitarbeitern – und die nutzen diese „neuen Medien“ ohnehin schon. Warum also nicht ihre Expertise in die Außenkommunikation einbinden? Damit zeigt man nicht nur Wertschätzung für die eigenen Mitarbeiter, sondern erweitert auch seinen Empfängerkreis – und das könnte wiederum Talente ansprechen, die das Unternehmen bisher überhaupt nicht auf dem Radar hatte.
Hanno Renner (Personio): Wir nutzen eine Vielzahl an Lösungen in unserem Arbeitsalltag. Die Messenger App Slack beispielsweise erleichtert uns die interne Kommunikation, vor allem wenn ein Mitarbeiter im Home Office arbeitet oder geschäftlich unterwegs ist. Natürlich nutzen wir auch unser eigenes Produkt Personio, das uns hilft den Überblick über Urlaube, Stunden und Mitarbeitergespräche zu behalten. In der Kommunikation mit unseren Kunden und Partnern setzen wir auch stark auf Social Media. Hier nutzen wir die Kanäle Linkedin, Xing, Twitter und Facebook aktiv.
Mag. Jan Pichler (Talent Solutions): Wir selbst verwenden die Mobile Recruiting App Hokify um Positionen im Bereich Administration und Presales zu besetzen. Das funktioniert für uns – solange man die richtigen Positionen damit sucht – wunderbar.
Die Gesprächspartner
Recruiting | Eindrucksvolle & brauchbare Tools & Helferlein
Mag. Verena Irrschik Karrieremanufaktur Mag. Rudi Bauer StepStone Österreich GmbH Daniela Schlick Daniela Schlick Personalconsulting Hanno Renner Personio GmbH Jutta Perfahl-Strilka XING E-Recruiting Mag. Matthias Schulmeister Schulmeister Management Consulting GmbH&CoKG Annina Galipeau Medienjobs.at Mag. Jan Pichler Talent Solutions GmbH |