Die digitale Transformation verändert die Art und Weise, wie Individuen und Teams im Arbeitskontext lernen und damit auch wie Organisationen Wissen ansammeln und verwerten können.
Autorinnen: Mag. Steffi Bärmann, Mag. Barbara Covarrubias Venegas
Wie das Web unser Lernen verändert
Jane Hart (2017) führt jährlich weltweit Studien dazu durch, wie Mitarbeiter in Unternehmen lernen. Die Ergebnisse zeigen, dass dem Austausch mit Kollegen im Team und im professionellen Netzwerk, gefolgt von der Nutzung von externen Ressourcen, wie Google, Youtube, Blogs, News Feeds etc. sehr große Wichtigkeit beigemessen werden. Die Bedeutung firmeninterner Weiterbildungsangebote und e-Learning wird dagegen eher gering bewertet. Diese Ergebnisse können durch die PEp-Studie (2016) bestätigt werden: der Wunsch nach verstärktem persönlichen und interaktivem Austausch wurde deutlich. Die Wissensaneignung z.B. über Suchmaschinen, Youtube und Lernplattformen sowie vom Unternehmen bereitgestellte Kanäle gehören ganz klar zum beruflichen Alltag. Hier zeichnet sich jedoch insofern eine Veränderung ab, in der das bisher gegebene Angebot durch die Personalabteilung durch autonomes Lernen der Individuen ergänzt wird, in der diese selbständig und selbstorganisiert Wissen vermehren und teilen.
Personalentwicklungsverantwortliche als Ermöglicher und Unterstützer
Damit verändert sich auch die Rolle der Personalentwicklungsverantwortlichen. Diese sind nun angehalten, neben den formalen Trainings, firmenintern Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die on demand von den Mitarbeitern abgerufen werden können, sowie auch sozialen Austausch zu ermöglichen und selbstgesteuert Lernende beim Lernen (lernen) zu unterstützen. Organisiertes, bereitgestelltes und selbst-organisiertes Lernen ergänzen sich hier idealerweise. Hilfreiche Konzepte hierzu sind der Einsatz von Coaching, Supervision, kollegialer Beratung, Action Learning und Training im Projekteinsatz (Hart 2017, Schermuly et. al. 2012). In den befragten Unternehmen der PEp-Studie (2016) werden nach wie vor verstärkt formelle Trainings eingesetzt, der Wunsch und der Fokus nach Konzepten, die das selbstorganisierte Lernen unterstützen und den Austausch fördern, wird auch in unseren Daten deutlich (Abb. 1).
Abbildung 1: Wunsch nach verstärktem interaktiven Austausch
Langfristige strategische Transformation
Das derzeitige Stadium der Weiterbildung kann als ein operationales Umsetzen von neuen Lernkonzepten bezeichnet werden, mit denen versucht wird, „alte“ Problem zu lösen. Es werden also E-Learning, Social-, Mobile-, Micro-Learning, Gamification, virtuelle Realitäten und andere Konzepte verwendet, um Fachwissen und Persönlichkeitsentwicklungsmaßnahmen umzusetzen. In einem nächsten Schritt ist es jedoch erforderlich, neben dem bisherigen Angebot an Kursen und Trainings, das Bereitstellen von Ressourcen für die Mitarbeiter zu forcieren sowie Kompetenzen, die das selbstgesteuerte Lernen unterstützen, informelles Lernen anzuerkennen und den sozialen Austausch zu fördern. Eine konsequente Transformation besteht darin, von der Alleinverantwortlichkeit der Personalentwicklung für die Weiterbildung abzurücken und alle Mitarbeiter in der Organisation in die Verantwortung einzubeziehen (Hart 2017).
Kontrollverlust und neue Bildungsdimensionen
Die Folge dieser Verantwortungsübertragung des Wissenserwerbs ist der Kontrollverslust der Organisationen u.a. bezüglich der Lerninhalte, genutzter Medien, Raum, Zeit, Vertraulichkeit, der beteiligten Personen und der Außendarstellung. Den Rahmen können hier neue Bildungsdimensionen geben. Neben Wissen und Fertigkeiten werden in Zukunft Elemente wie Charakterbildung, Ethik, Resilienz und Achtsamkeit eine größere Rolle spielen (Fadel et. al. 2017).
Immer und überall arbeiten und lernen
Eine weitere Komponente im Spiel ist die viel beachtete Erwartung des Arbeitens und Lernens „immer und überall“. Auch hier werden die Unternehmen gefordert, Lernräume und Lernzeiten zu schaffen. Aus der PEp-Studie geht hervor, dass den Mitarbeitern im Durchschnitt 10 Tage pro Jahr an Weiterbildung zur Verfügung stehen. Kaum zeitlich unterstützt wird hingegen die Weiterbildung während der Arbeitszeit. Zudem wird selbstgesteuertes Lernen als Zusatz, in Eigenverantwortung des Mitarbeiters stehend erlebt, was neben der alltäglichen Arbeit kaum zu schaffen ist.
Evaluation mit Orientierung am Return on Investment (ROI) sicherstellen
Schwierig gestaltet sich nach wie vor die Evaluation der Weiterbildung. Diese orientiert sich zumeist an den vier Ebenen nach Kirkpatrik (Reaktion = Zufriedenheit, Lernen, Verhalten = Transfer in die Arbeitswelt, Organisation). In der Umsetzung bleibt es aber in den meisten Fällen bei der Zufriedenheitsmessung. Wo Kotrollverlust durch Vertrauensbildung kompensiert werden soll, wird es zukünftig auf Unternehmensebene immer mehr nötig sein, Weiterbildung zu evaluieren und sich dabei am ROI zu orientieren (Schermuly et. al. 2012).
Fazit: „Technik macht Lernen weder besser noch schlechter, noch bleibt alles gleich.“
(Jöran Muuß-Merholz)
Wichtig sind damit nicht so sehr die Technologien an sich, sondern das Vermögen der Peronalentwicklungsverantwortlichen, die Mitarbeiter darin zu unterstützen, wie sie selbst ihr Lernen organisieren und managen können. (Hart 2017)
Quellen & Literaturempfehlungen
Jane Hart (2017): Learning in the Modern Workplace 2017. Centre for Learning & Performance Technologies
Carsten Christoph Schermuly/Tobias Schröder/Jens Nachtwei/Simone Kauffeld/Karl Gläs (2012): Die Zukunft der Personalentwicklung: Eine Delphi-Studie. In: Zeitschrift für Arbeits- u. Organisationspsychologie 56/3, S. 111 – 122.
Charles Fadel/Maya Bialik/Bernie Trilling (2017): Die vier Dimensionen der Bildung: Was Schülerinnen und Schüler im 21. Jahrhundert lernen müssen. Zentralstelle für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert e.V.
Die Zukunft der Weiterbildung