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Führung in Teilzeit – warum sie viel bringt, aber wir das irgendwie nicht glauben wollen

20Jul2018
4 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Immer häufiger begegne ich im Gespräch und meiner Arbeit mit Unternehmen dem Wunsch nach Führung in Teilzeit. Und irgendwie scheint das ein kulturelles No-Go zu sein. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Österreich jetzt schon auf Platz 3 der Wochenstundenleistungen aller EU-Länder liegt, wir gerade den 12-Stunden-Tag einführen und ein starke Präsenzkultur hegen.

Und trotzdem hat Österreich nach den Niederlanden die zweimeisten Teilzeitkräfte überhaupt in der EU. Teilzeit ist aber immer noch mit dem Stigma der mangelnden Leistung oder des Leistungsunwillens oder -unvermögens verknüpft. Dabei hätte gerde Führung in Teilzeit zahlreiche Vorteile.

Führung in Teilzeit – ein Muss in der Frauenförderung

Auch wenn sich so manches Management Führung und Teilzeit nicht in einem Satz vorstellen kann. Eine neue Untersuchung des ÖIF, des österreichischen Instituts für Familienforschung – hat im April 2018 ergeben, dass kaum eine Maßnahme einen so positiven Effekt auf die Förderung vn Frauen hat, wie Job Sharing und Führung in Teilzeit. Diese beiden Aktivitäten überragen damit auch klassische Frauenförderprogramme oder Frauenmentorings bei Weitem.

Dass Teilzeitkräfte effektiver und effizienter sind, hat die FH Wien in unserem Auftrag bereits 2016/2017 erforscht. Damals wurde untersucht, wie Teilzeitkräfte von ihren Kollegen und Führungskräften erlebt werden. Das Ergebnis zeigte, dass diese als effektiver und effizienter wahrgenommen werden als ihre Vollzeitkollegen. Wenn es ihnen gelingt, dann auch noch zeitlich flexibel zu sein, gibt es an sich nichts mehr, was gegen Teilzeit sprechen würde.

Es fehlen uns die guten Vorbilder – hier sind einige

Üblicherweise werden Führungspositionen in Unternehmen nur in Teilzeit vergeben, wenn dies nötig ist, also etwa nach einer Elternkarenz, wenn jemand wirklich darauf beharrt. Aber es ist kein akzeptiertes Modell, das aktiv angeboten wird.

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Nicole Reitinger (Foto rechts, IKEA Haid) teilte sich mehrere Jahre die Führung des Hauses mit einer Kollegin.

Nicht so bei IKEA. Wie Nicole Reitinger, Einrichtungshausleiterin bei IKEA in Haid, uns beim Vernetzungstreffen „Führung in Teilzeit“ erzählt hat, wurde sie nach der Karenz von ihrer eigenen Managerin gefragt, warum sie auf eine Karriere verzichten wolle, nur weil sie in Teilzeit arbeite und ob Sie nicht die Leistung des Hauses mit einer Kollegin teilen wolle. Ein solches Top Sharing haben die beiden Damen über meherere Jahre sehr erfolgreich betrieben und konnten Kritikern nicht nur zeigen, dass Führung in Teilzeit möglich ist, sondern auch, dass man damit sehr erfolgreich sein kann. So landete das Haus auf einem Top-10-Platz der besten IKEA Märkte Europas.

Nicole Grünauer leitet einen Gruppe bei der Raiffeisen Informatik GmbH – in Teilzeit. Der Befürchtung, man könne soch nur führen, wenn man anwesend wäre und die Beschäftigten würden ja sonst nichts arbeiten, entgegnet sie klar: „Ich bin Führungskraft, aber ich habe keine Aufsichtspflicht!“ Es ist das Menschenbild, das prägt. Und nicht die Anwesenheit.

Das bestätigt auch Robert Maier. Er leitet eine wesentliche Abteilung in der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Da sein privater Lebensmittelpunkt in Deutschland ist, macht er dies in vier Tagen in der Woche. „Am Donnerstag wissen alle, dass ich so lange da bin, wie sie mich brauchen. Aber Freitags bin ich dafür immer bei meiner Familie in Deutschland.“, so der Abteilungsleiter.

Was es braucht, um Führung in Teilzeit umzusetzen

Die Frage, was es braucht, beantworten alle Teilzeitführungskräfte nahezu gleich: Man muss es einfach mal versuchen. Das bestätigt auch Beraterin Brigitte Abrell, die das Buch „Führen in Teilzeit“ (erschienen im Linde Verlag) beschrieben hat. „Für Teilzeitführung gibt es kein Patentrezept. Man muss sich die Parameter gut überlegen und dann einfach tun.“, ist Abrell überzeugt.

Kulturell hat sich jedoch in Betrieben oft jenes Muster etabliert, dass die besten Fachkräfte irgendwann Führungskraft werden. So ist es, wie Unternehmen Karriere denken. Wer allerdings zu 100% im operativen Geschäft erfolgreich ist und dazu dann noch Führung oben drauf bekommt, der kann diese Funktion unmöglich in Teilzeit erbringen. Löst man allerdings die operativen Teile heraus, stellt man rasch fest, dass der reine Führungsanteil sehr wohl in Teilzeit erledigbar ist. Oder man stellt gleich Menschen für Führung eigens ein und differenziert gut zwischen Fach- und Führungsaufgaben.

Die breite Diskussion, die ich derzeit erlebe, zeigt aber, dass Führung in Teilzeit als Thema in den Betrieben sehr wohl angekommen ist. Was es braucht, ist aber, es nicht nur als mögliches Übel zuzulassen, um etwa einer Kündigung oder Klage zu entgehen, sondern Führung in Teilzeit und Top Sharing aktiv als attraktive Modelle im Recruiting und Sourcing anzubieten. Dies würde vielen Unternehmen einen guten Attraktivitätsschub verpassen und endlich den vielen, tagtäglich sehr engagierten Teilzeitkräften gleiche Chancen ermöglichen. Denn häufig verzichten Unternehmen – bewusst oder unbewusst – auf dieses große Potenzial. Und das ist gelinde gesagt sehr kurzsichtig. Wir können das besser!


Weitere Informationen

Studie des ÖIF zu den Auswirkungen familienfreundlicher Maßnahmen: wp_89_familienfreundliche_unternehmen (die positive Korellation von Führung in Teilzeit / Job Sharing und Frauenförderung finden Sie auf Seite 26f.)

Studie zur Effizienz und Effektivität von Teilzeitkräften: Zusammenfassung zur Studie

Buchtipp: Brigitte Abrell – Führen in Teilzeit, ISBN 978-3658061623, Springer Gabler Verlag

Buchtipp: Karlshaus / Kaehler – Teilzeitführung, ISBN 978-3658070540, Springer Gabler Verlag

Führung in Teilzeit – warum sie viel bringt, aber wir das irgendwie nicht glauben wollen

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