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1-Klick-Bewerbung | Ist sie die Lösung?

03Sep2018
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Ein Experten-Interview über die Pros und Cons der 1-Klick-Bewerbung via Handy. Ich persönlich kann ihr ja rein gar nichts abgewinnen. Weder auf Bewerber- noch auf Unternehmens-Seite (abgesehen von tendenziell wenig qualifiziertem Personal). Mir fehlt dabei sowohl Individualität als auch Qualität. Weshalb sollte ich darauf verzichten wollen?

Dennoch scheint sie großen Anklang zu finden und sukzessive an Dominanz zu gewinnen. Das heißt: ich habe die Genialität hinter der 1-Klick-Bewerebung einfach noch nicht verstanden und lade in die Experten-Runde lade ich Personalberater und Vertreter von Jobbörsen.

Experten-Interview

Was halten Sie von der 1-Klick-Bewerbung über Handy & Co?

Daniela Schlick (Daniela Schlick Personalconsulting): Meiner Meinung nach wird die 1-Klick Bewerbung schon bald die Bewerbung per Email ganz ablösen. Heute nutzen Menschen mobile Endgeräte für die Suche nach Karrieremöglichkeiten. Damit müssen Unternehmen den gesamten Suchprozess mobil-optimieren. Das bringt Vorteile auf Bewerber- und Unternehmensseite. Die Daten stehen jederzeit zur Verfügung und lassen sich kinderleicht in den Talentpool überführen. Kein ausfüllen einer Eingabemaske mehr – an diesem Punkt verbessert sich die Candidate Experience deutlich.

Mag. Matthias Schulmeister (Schulmeister Management Consulting): Man muss den Prozess für die Kandidaten möglichst einfach machen. Daher: eine gute Sache!

Mag. Verena Irrschik (Karrieremanufaktur): Es ist eine Möglichkeit rasch und unkompliziert Bewerberdaten zu sammeln. Allerdings ist unserer Erfahrung nach die Qualität eher schlecht. Es ist „zu“ einfach sich über Handy & Co auf eine Stelle zu bewerben. Da reicht meistens schon ein Stichwort das den Bewerber anspricht und er bewirbt sich. Allerdings ohne sich mit der Stelle auch wirklich auseinanderzusetzen. Meiner Meinung nach sind die 1-Klick-Bewerbungen nur für niedrig qualifizierte Positionen interessant.

Mag. Rudi Bauer (StepStone Österreich): Unsere Studien zeigen: Zwei Drittel aller Bewerber gehen mobil auf Jobsuche. Und fast die Hälfte davon verzichtet auf eine Bewerbung, wenn der Prozess zu kompliziert ist. Zurecht: Wieso sollten Kandidaten in Zeiten von Online-Banking und One-Click-Bestellungen bei Amazon langwierige Formulare ausfüllen müssen und dann auch noch Wochen auf eine Rückmeldung warten? Wer sich erst lang und umständlich registrieren muss, bevor er seinen Lebenslauf hochladen darf, wird im schlimmsten Fall abgeschreckt – und zieht das Unternehmen bei künftigen Bewerbungen gar nicht mehr in Betracht.
Aus Angst, etwas zu übersehen, setzen manche Unternehmen auf Quantität statt Qualität – und schrecken Bewerber durch überkomplizierte Online-Systeme, die viel Zeit in Anspruch nehmen, ab. Wir müssen es Kandidaten daher so einfach wie möglich machen, sich mobil zu bewerben. Davon profitieren beide Seiten: Bewerber können mit einem Klick ihr Interesse bekunden. Und Unternehmen haben auf einen Blick ein aussagekräftiges und vollständiges Onlineprofil vor sich, das zeigt, ob der Kandidat für sie geeignet ist – oder nicht.

Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Gerade angesichts des Fachkräftemangels ist es wichtig, potentiellen Bewerbern den Zugang zum Unternehmen so leicht wie möglich zu machen. Sich hier in die Lage des Bewerbers zu versetzen, kann helfen: Im Zweifel hat dieser nicht die Zeit, seine Bewerbungsmappe auf Vordermann zu bringen – gerade wenn er nicht aktiv, sondern latent auf Jobsuche ist. Ein ständig aktualisierter Lebenslauf auf Xing kann da hilfreich sein. Wir sehen zudem, dass sich viele Menschen mobil mit Themen aus der Arbeitswelt beschäftigen: Bei Xing beträgt der Traffic über Mobile mehr als 50 %.
Trotzdem bieten nur wenige Unternehmen echtes Mobile Recruiting an, also einen durchgängigen Prozess ohne Medienbruch vom Sehen der Jobanzeige bis zur Bewerbung. Oft müssen Bewerber zwischendurch zurück zum PC, um etwa ein PDF zu erstellen. Das hat wohl auch damit zu tun, dass Bewerber unsicher sind, ob sie mit einer solchen „verkürzten“ Bewerbung so wahrgenommen werden wie Personen, die eine komplette Bewerbungsmappe hochladen. Hier müssen also Bewerber genauso umdenken wie Unternehmen, die keine umfassenden Bewerbungsmappen mehr verlangen können.

Marina Wladar, MA (talentify): Die 1-Klick Bewerbung macht für manche offenen Stellen sicherlich viel Sinn und macht den Prozess für die Bewerber wesentlich komfortabler. Was man dadurch erreicht, ist bestimmt eine erhöhte Anzahl an Bewerbungen, jedoch bleibt hier die Frage, ob es Sinn macht die Quantität und nicht die Qualität in den Vordergrund zu stellen. In vielen Fällen gibt es nicht die Kapazität, um all diese Bewerbungen zu überprüfen oder zu beantworten und da helfen Lösungen, die potentielle Kandidaten qualitativ vorselektieren. Diese Ansätze sind nachhaltig und effizient und sparen dem Unternehmen kostbare Ressourcen wie Zeit und Geld- und in den meisten Fällen auch Nerven.

Annina Galipeau (Medienjobs.at): Ich persönlich halte nicht viel von diesem Bewerbungsverfahren. Die unpersönliche Art dieser Bewerbung, spricht für mich nicht für eine Firma oder einen Job. Ich denke Bewerber sollten sich Gedanken machen, warum eine Stelle für sie geeignet ist. Auf der anderen Seite finde ich, dass Firmen Wert darauf legen sollten, wen Sie einstellen – die 1-Klick-Bewerbung ist für mich wenig wertschätzend.  Natürlich wird der Rücklauf dadurch erhöht, leider steigert dies jedoch nicht die Qualität der Longlist. Vielmehr entsteht ein erhöhter Arbeitsaufwand für HR Abteilungen, die erst einmal anfangen müssen auszusortieren.
Oft hören wir Klagen von frustrierten Bewerbern, die sich durch ausbleibende Rückmeldungen oder vorgefertigte Standardabsagen gekränkt fühlen. Wie soll auf eine 1-Klick Bewerbung eine adäquate Absage erfolgen von der der Bewerber für weitere Bewerbungen auch profitieren kann? Da ein Lebenslauf nicht zu lang sein darf, können nie alle Erfahrungen ausreichend dargestellt werden. Daher ist es oft notwendig Bewerbungen sowie den Lebenslauf an das Inserat anzupassen.

Daniel Laiminger, MSc (JobSwipr): Meiner Meinung nach wäre es falsch die 1-Klick-Bewerbung mit der Bewerbung über das Handy gleichzusetzen. Unsere Erfahrung und Umfragen zeigen, dass mittlerweile der Großteil der Jobsuchenden >70% (Studie meineStadt.de) einen mobilen Bewerbungsprozess – daher die Bewerbung über das Smartphone erwartet. Gleichzeitig sind wir aber bei hokify der Meinung, dass die Motivation von Kandidaten auch über mobile Endgeräte abgetestet werden muss weil die 1-Klick-Bewerbung ansonsten zu enormem Zusatzaufwand für Recruiter führt. Aus diesem Grund setzen wir auf einen automatisierten Chat der je nach Job die relevanten Informationen von Kandidaten abfrägt. Der Prozess ist damit immer mobil optimiert. Bei Jobs bei denen man aber ohnehin tendenziell eher zu viele als zu wenige Bewerber bekommt kann man durch den Chat Prozess die Streu vom Weizen trennen. Bei anderen hart umkämpften Positionen kann man aber auch die Bewerbung mit wenigen Klicks ermöglichen.


Die Gesprächspartner

1-Klick-Bewerbung | Ist sie die Lösung?


HRwebMag. Verena Irrschik
Geschäftsführerin

Karrieremanufaktur


HRweb

Mag. Rudi Bauer
Geschäftsführer

StepStone Österreich GmbH


HRweb

Daniela Schlick
Geschäftsführung

Daniela Schlick Personalconsulting


HRwebMarina Wladar, MA
Projekt- und Key-Account Management

talentify GmbH


HRwebJutta Perfahl-Strilka
Director Sales New Business DACH, Prokuristin

XING E-Recruiting


HRwebMag. Matthias Schulmeister
Geschäftsführer und Eigentümer

Schulmeister Management Consulting GmbH&CoKG


HRwebAnnina Galipeau

Medienjobs


HRwebDaniel Laiminger MSc

JobSwipr GmbH


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