Das frische Magazin
für Human Resources
Mayerhofer-Trajkovski
HREX

Lehrlinge erfolgreich recruitiert

03Okt2018
7 min
lehrling-lehrlingsausbilder

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Künftige Lehrlinge möchten gefunden, umschmeichelt, aktiv rekrutiert werden. Die Palette, das zu tun ist breit. Die Varianz der dafür verfügbaren Budgets auch. In meinem heutigen Experten-Interview möchte ich Recruitings-Tools für Lehrlinge erheben für große Budgets und kleine.

Experten-Interview

Interview

Um die Fragestellung zu vereinfachen, werfe ich KMUs und kleine Budgets in einen Topf und in einen anderen Topf gebe ich Konzerne und große Budgets. Mir ist wohl bewusst, dass dieser Zusammenhang nicht zwingend notwendig ist. Doch wenn es der Klarheit der Fragestellung dient, soll es mir recht sein.

Interview-Fragen

Durch welche Aktivitäten ist Ihrer Erfahrung nach besonders erfolgreiches Recruiting von Lehrlingen möglich, wenn das Unternehmen KMU ist und/oder begrenzte Ressourcen für Lehrlings-Recruiting verfügbar hat?

Mag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA: Bei KMUs zählt vor allem die regionale Vernetzung. Mit polytechnischen Schulen, mit BHS aber auch mit AHS, mit der regionalen Geschäftsstelle des AMS und der Wirtschaftskammer. KMUs besetzen oftmals nur 1 – 2 Stellen, da benötigt man nicht 100erte von Bewerbungen. Dennoch ist auch ein Employer Branding, eine Positionierung sehr wichtig. Vor allem bei der Stellenbeschreibung müssen KMUs in der Sprache der jungen Menschen denken und attraktiv für diese wirken. Da kann es schon mal passieren, dass der Lehrberuf für Einzelhandel Baustoffe, nicht ganz so toll auf Jugendliche wirkt. Dann muss ich halt mit anderen Benefits punkten, wie Lehre mit Matura, oder einem externen begleitendem Lehrlingscoaching.

Daniel Laiminger, MSc (hokify): Laut unseren eigenen Erfahrungen ist die für das Lehrlings-Recruiting relevante Zielgruppe vorzugsweise am Smartphone zu erreichen. Am Smartphone wiederrum sind die Plattformen YouTube und Instagram führend. Aus diesem Grund werden bei Lehrlingskampagnen über hokify die Inserate zusätzlich zu den Apps (Android, iOS, PWA) automatisch auch auf Instagram und YouTube ausgespielt. Der Vorteil ist, dass man bei dieser Art der Ansprache über hokify Zugang zu detaillierten Statistiken hat um sowohl Cost-per-Click als auch Cost-per-Application zu evaluieren und damit die begrenzten Ressourcen im Lehrlings-Recruiting effizient einsetzen kann.

Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts GIM im Auftrag von XING E-Recruiting (siehe untenstehende Grafik) zeigt, dass Unternehmen auch bei der  Suche nach passenden Lehrlingen Probleme haben. Eine Pauschallösung, um gute Lehrlinge zu finden, gibt es nicht – dazu sind Tätigkeiten, Firmen und Branchen zu unterschiedlich. Generell gilt es, dort zu sein, wo die Zielgruppe ist. Gutes Employer Branding auf den passenden Kanälen ist auf jeden Fall wichtig. Darüber hinaus sollte man Maßnahmen setzen, die die Zielgruppe gezielt ansprechen, also etwa ein Tag der offenen Tür, an dem Lehrlinge ihren Beruf vorstellen. Das muss auch nicht sonderlich kostspielig sein.

Mag. (FH) Bernhard Hofer (talentify): Der Schlüssel liegt ganz gleich ob KMU oder großes Unternehmen eigentlich immer in der richtigen, authentischen und vor allem jugendgerechten Kommunikation. Dazu muss man zuerst einmal wissen, welche Jugendlichen passen zu mir. Wer sind diese und wo treffe ich sie an? Im Anschluss müssen die Jugendlichen dort abgeholt werden, wo sie sich tatsächlich aufhalten und das kann bzw. muss bedeuten, Kanäle zu verwenden, die von den für mich relevanten Jugendlichen genutzt werden. Da sind meistens auch sehr kostengünstige Möglichkeiten dabei, die viel effizienter sind als teure Kampagnen oder Hochglanzbroschüren. Ganz besonders für KMUs, denn diese sind regional stark verankert und schlagen größere Unternehmen oftmals, wenn sie diesen Vorteil gezielt für sich nutzen. Denn es gilt nicht immer gleich Jugendliche mit Stellenanzeigen und Marketing-Informationen bzw. -Kampagnen zu überhäufen, sondern Inhalte niederschwellig und stückchenweise zu vermitteln, um Aufmerksamkeit zu erlangen und eine Identifikation mit sich als Unternehmen zu schaffen. Diese erste Bewusstseinsbildung für das Unternehmen an sich und dessen Ausbildungsmöglichkeiten muss rechtzeitig geschehen. Sprich: nicht erst dann, wenn die heiße Recruiting-Phase beginnt, sondern schon viel früher. Konkret gesagt: wenn noch kein Druck auf den Jugendlichen lastet, eine berufliche Entscheidung zu treffen.
Um zu wissen, wie ich die für mich richtigen bzw. passenden Lehrlinge erreiche muss ich mir zuerst einmal die Frage stellen: „Was zeichnet eigentlich den für mich passenden Jugendlichen aus und wie würde ich diesen konkret beschreiben?“. Wenn ich genau weiß, welche Eigenschaften, Interessen und Kompetenzen dieser Jugendliche mitbringen muss, habe ich eine gute Basis, um mich auf das „wie“ zu konzentrieren. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: mein potentieller Lehrling soll technisch interessiert, teamfähig, motiviert, sozial, offen und am besten aus der Umgebung sein. Ein möglicher Kanal den passenden Jugendlichen zu erreichen kann sein, die örtliche Feuerwehr oder einen anderen Verein zu unterstützen um auf sich aufmerksam zu machen. Dieses Wissen kann ich dann in weiter Folge auch über digitale Kanäle einsetzen um meine Zielgruppe besser einzuschränken und „treffsicherer“ zu werden.

 

HRweb

Grafik: aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts GIM im Auftrag von XING E-Recruiting

 

Durch welche Aktivitäten ist Ihrer Erfahrung nach besonders erfolgreiches Recruiting von Lehrlingen möglich, wenn es sich um ein großes Unternehmen / Konzern handelt und ausgedehnte Ressourcen für Lehrlings-Recruiting verfügbar sind?

Jutta Perfahl-Strilka (XING E-Recruiting): Auch für große Unternehmen und Konzerne gilt es, die Zielgruppe auf den Kanälen zu erreichen, die diese benutzt. Employer Branding ist selbstverständlich auch für diese wichtig – gerade in großen Unternehmen ist das Verständnis der Employer Value Proposition oft nicht gegeben. Hier gilt es vor allem transparent und authentisch aufzutreten. Wenn die Ressourcen das zulassen, kann es durchaus auch sinnvoll sein, sich professionelle Unterstützung zu holen, etwa von Agenturen, die auf Employer Branding spezialisiert sind.

Mag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA: Große Unternehmen oder auch Konzerne arbeiten in ganz anderen Dimensionen. Sie haben eigens beauftragte Lehrlingsentwickler oder gleich eine ganze Abteilung, die genau wissen wie sie sich positionieren müssen. Die Herausforderung für Konzerne liegt aber nicht darin, eine einzelne Person zu finden, sondern im Finden von einer größeren Anzahl der Besten.

Mag. (FH) Bernhard Hofer (talentify): Mehr oder weniger alles von der Frage zuvor gilt auch für große Unternehmen bzw. Konzerne. Gerade große Unternehmen müssen ganz gezielt darauf achten, ihre Authentizität zu bewahren und Strukturen zu schaffen, um stark auf die lokalen Gegebenheiten in einer Region einzugehen. Darüber hinaus kämpfen „die Großen“ nicht so sehr mit der Bekanntheit und geringen Bewerbungszahlen, sondern tun sich eher schwer, aus der Vielzahl an Bewerbungen die wirklich passenden Kandidaten herauszufiltern. Hier geht oft viel Potenzial durch eine frühe Ausselektion verloren. Es heißt auch hier: je genauer man weiß, welche Jugendlichen zu einem passen, desto gezielter kann man diese Gruppe erreichen und so die Qualität der Bewerbungen um ein Vielfaches erhöhen, indem ich den üblichen Streuverlust im Zuge von teuren Gießkannen-Kampagnen vermeide.

Daniel Laiminger, MSc (hokify): Der Vorteil für Konzerne ist, dass natürlich auch Massenmedien wie Radio, TV für das Lehrlings-Recruiting eingesetzt werden können. Meine Erfahrung ist jedoch, dass diese Budgets durch das Beimischen von gezielten Performance Kampagnen (z.B.: über hokify, Instagram, YouTube) viel effizienter eingesetzt werden können, weil die Lehrlinge dann dort abgeholt werden wo sie die Bewerbung auch gleich einfach erstellen und versenden können.

Welche Erwartungen haben potentielle Lehrlinge an Ausbildungsbetriebe, um sie überhaupt als zukünftige Mitarbeiter zu gewinnen?

Mag. (FH) Bernhard Hofer (talentify): Es gibt ja viele Studien und Untersuchungen zu diesem Thema: was will die Generation Z, Global oder wie auch immer man diese bezeichnet. Diese Studien beschäftigen sich aber fast nie mit der Zielgruppe, die als Perspektive eine Lehre macht. In unserer langjährigen Arbeit und den vielen Kontakten mit Jugendlichen habe ich gelernt, dass es enorm wichtig für diese ist, einen sicheren Ausbildungsplatz zu haben, in einem Unternehmen, dass sich für junge Menschen – auch wenn es einmal schwierig wird – einsetzt und im Unternehmen weiterzuentwickeln, also eine klare Perspektive damit verbunden ist. Hier kann man vor allem punkten, wenn zufriedene und bestehende Lehrlinge oder nach Jahren noch im Unternehmen tätige Mitarbeiter diese Botschaften authentisch kommunizieren. Zum Beispiel können diese auf Messen eingesetzt oder direkt im Recruitingprozess als Ansprechpartner mit eingebunden werden.

Wie stehen Sie dazu, auch die Eltern zu Vorstellungsgesprächen einzuladen?

Mag. (FH) Bernhard Hofer (talentify): Auf der einen Seite verstehen wir natürlich, dass die Eltern für viele Ausbildungsbetriebe ein wichtiger Einflussfaktor sind. Denn leider hören wir sehr oft von Ausbildnern, dass sie im Zuge der Lehrausbildung zu einer Art Ersatzelternteil werden, um eine vorhanden Lücke in der Erziehung zu füllen. Nichtsdestotrotz geht es um die Jugendlichen, deren Interessen, Motivation und Begeisterungsfähigkeit. Leider projizieren Eltern hier sehr oft ihr eigenes Weltbild, ihre Erfahrungen und Erwartungen auf das eigene Kind. Was zu sehr schwierigen Situationen führen kann und teilweise auf Grundlage von Kommentaren und dem Verhalten der Eltern eine negative Auswahlentscheidung getroffen wird. Auf der anderen Seite spricht natürlich nichts dagegen bei minderjährigen Lehrlingen auch die Eltern in diesen Prozess zu involvieren. Das kann einige Vorteile mit sich bringen. Sind Eltern bei Gesprächen eingeladen, so kann dies beruhigend auf den Jugendlichen wirken und eine gewisse Sicherheit geben. Wir empfehlen daher immer: am besten man holt die Eltern dazu, wenn man schon im Vorfeld mit dem Bewerber alleine gesprochen hat und gewinnt so einen guten Gesamteindruck und kann die verschiedenen Einschätzungen abwiegen.

Mag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA: Es ist eines der besten Sachen überhaupt im Lehrlingsrekruting. Es ist wichtig, die Eltern einzuladen und zu sehen ob sie überhaupt zum Termin kommen und wie das Verhalten im Gespräch ist. Ich habe einen Kunden, der lädt zum Schnuppern nicht nur die möglichen zukünftigen Lehrlinge ein, sondern auch deren Eltern und führt diese durch den gesamten Produktionsbetrieb. Ein schönes Beispiel für Employer Branding mit der Message: Uns ist die Ausbildung deines Kindes wichtig.


Die Gesprächspartner

Lehrlinge erfolgreich recruitiert


HRwebJutta Perfahl-Strilka
Director Sales New Business DACH, Prokuristin

XING E-Recruiting


HRwebMag. (FH) Bernhard Hofer
Geschäftsführer

talentify GmbH


HRwebMag. (FH) Catrin Mayerhofer-Trajkovski, MA
Geschäftsführerin

Mayerhofer-Trajkovski


HRwebDaniel Laiminger MSc

hokify – JobSwipr GmbH


Schlagwörter:

Teilen:

Ähnliche Beiträge