Zuletzt 2012 hat das Forschungsinstitut Familienbewusste Personalpolitik (FFP) der Steinbeis Hochschule Berlin rund 400 österreichische Unternehmen mit Blick auf deren Familienfreundlichkeit unter die Lupe genommen und dabei zahlreiche positive betriebswirtschaftliche Effekte zu Tage gebracht. Ende 2018 wurde die Untersuchung wiederholt und die Ergebnisse mit Spannung erwartet. Sind Österreichs Betriebe familienfreundlicher geworden? Und bestätigen sich die Vorteile, die Unternehmen aus der Familienfreundlichkeit ziehen können? Letzte Woche wurden die neuen Zahl in einem exklusiven Kreis präsentiert. HRweb war vor Ort und darf nun erstmal die neuen Ergebnisse aus dem Beruf-und-Familie-Index Österreich präsentieren.
Familienfreundlichkeit ist nicht nur bedeutsamer geworden, sondern auch besser
Die gute Nachricht zu Beginn: Österreichs Betriebe sind wieder ein respektables Stück familienfreundlicher geworden. Der berufundfamilie-Index Österreich steht seit 2012 allen Unternehmen zur Verfügung, die sich selbst ein Bild von ihrer Familienfreundlichkeit machen möchten. Dahinter liegt ein ausgeklügeltes Bewertungssystem, das die Faktoren „Dialog“ (also Informationsaktualität, Häufigkeit, Mitarbeitereinbindung, …), „Leistung“ (also Mitarbeiterorientierung, Maßnahmen, Investitionsvolumen, …) und „Kultur“ (also Wertevielfalt, Führungskultur, Kollegialität, …) umfasst. Die dort erhobenen Werte werden dann zu einem unternehmensindividuellen Indexwert des betrieblichen Familienbewusstseins verdichtet und als Wert zwischen 0 und 100 Punkten angegeben.
2012 lagen Österreichs untersuchte Betriebe bei durchschnittlich 66,7 Punkten. 2018 ist der Wert um 2,4% auf 68,3 Punkte gestiegen und in Summe hat sich die komplette Verteilung aller Unternehmen weiter in Richtung der Maximalmarke verschoben.
Auch die Bedeutsamkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurde 2012 bereits erhoben. Damals kam man auf den bereits hohen Wert von 5,6 auf der 7-teiligen Skala. Auch dieser Wert hat sich 2018 nochmals gesteigert. Aktuell schätzen die Betriebe die Bedeutung der Familienfreundlichkeit mit 5,9 ein. Gefragt wurde dabei auch nach der gefühlten Bedeutsamkeit vor 2 Jahren sowie in 2 Jahren. Dabei wurde deutlich, dass gerade in den letzten Jahren die Bedeutsamkeit stark (um 8,7%) zugenommen hat, wurde sie doch vor 2 Jahren nur mit 5,4 bewertet. Und sie wird weiter steigen, denn die befragten Unternehmen geben für in zwei Jahren einen Wert von 6,0 an.
Familienfreundlichkeit hat zahlreiche positive betriebswirtschaftliche Auswirkungen
Erneut erhoben wurden auch die betriebswirtschaftlichen Effekte der Familienfreundlichkeit für Unternehmen. Lohnt es sich also, in Familienfreundlichkeit zu investieren? Und was bekommt man dafür?
In Summe wurden 19 mögliche betriebswirtschaftliche Effekte ermittelt und bei den untersuchten Betrieben gezielt abgefragt. Dazu wurden die Werte der sogenannten „Low25“, also jene 25% der Betriebe, die im Index die niedrigsten Werte, im Schnitt 45,6, erzielt hatten, also am „familienunfreundlichsten“ sind mit dem Durchschnitt der Betriebe im Index verglichen. Ebenso hat man die „High25“, also die 25 der familienfreundlichsten Betriebe, die im Durchschnitt einen hohen Wert von 87,4 im Index erhielten, mit dem Durchschnitt verglichen. Das erfreuliche Ergebnis: in 13 der 19 möglichen Auswirkungen konnten signifikant positive Effekte festgestellt werden. In keinem der übrigen Bereiche zeigten sich negative Effekte, sondern schlicht keine.
Familienfreundliche Betriebe haben demnach unter anderem:
- um 9,9% mehr Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen (die wenig familienfreundlichen haben um 27,5% weniger! – Hier war die größte Abweichung zu sehen)
- ein um 13,1% besseres Image
- um 12,5% motiviertere Beschäftigte
- leichteres Spiel bei Stellenbesetzungen, da sie auf um 10,3% mehr externe Bewerbungen zurückgreifen können
- ein um über 10% besseres Wissensmanagement
- eine um 8,3% höhere Kundenbindung
- eine um 8,4% höhere Loyalität der Beschäftigten
Grafik: (c) FFP / Familie&Beruf Management GmbH – 2019 ⇒ zum Vergrößern anklicken
Auffallend war, dass 2018 im Unterschied zu 2012 die Auswirkungen auf Krankenstände und Fluktuation deutlich geringer ausfielen. Zwar zeigt die Befragung der Unternehmen ein ähnlich positives Bild wie 2012, jedoch ist die Streuung bei den tatsächlichen Zahlen größer und das Ergebnis daher unklarer.
Zusammenfassend lässt sich aber sagen: ein modernes Personalmanagement und Employer Branding kommt ohne Familienfreundlichkeit nicht mehr aus. Wer künftig aus einem großen Bewerbendenpool schöpfen möchte, der sollte Familienfreundlichkeit ganz oben auf seine Prioritätenliste setzen. Und die Bedeutung wird steigen.
Den berufundfamilie-Index selbst machen
Interessierten Unternehmen steht der berufundfamilie Index im Internet hier jederzeit zum Selbstcheck zur Verfügung. Bei der Umsetzung von Familienfreundlichkeit im Betrieb setzen zudem immer mehr Betriebe auf das Audit berufundfamilie als Instrument, das dazu noch mit einer sichtbaren staatlichen Auszeichnung abschließt. Zuletzt wurden rekordverdächtige 112 Unternehmend und Hochschulen von Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß ausgezeichnet. HRWeb hat berichtet.
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