Stressfaktoren kommen in jedem Team vor. Welche Rolle hat hier die Führungskraft? Ein Plädoyer für aktive Arbeitsgestaltung!
Monika, Thomas und Gerhard haben mehr Arbeit als sie bewältigen können. Die Kunden nerven Monika regelmäßig mit den gleichen Fragen. Thomas kann keine Sekunde in Ruhe arbeiten ohne dass ein Kollege in der Tür steht und „nur kurz eine Frage hat“. Und Gerhard hat ständig das Gefühl sinnlose Reportings zu erstellen, die eh niemand liest. Sie alle haben den Stress schon mehrfach in ihren Mitarbeitergesprächen angesprochen. Aber der Chef tut einfach nichts dagegen.
Als Führungskraft sind Sie ein Schlüsselfaktor.
Verantwortung abzugeben ist einfach. Und es gibt viele Gründe dafür: Keine Zeit, keine Motivation, kein eigener Leidensdruck. Aber Führungskräfte haben Verantwortung zu tragen und mit ihr bewusst umzugehen. Sie sind als Führungskraft in der Position, die Arbeitswelt rund um sich zum Positiven zu verändern.
Also: Packen auch Sie es an! Ändern Sie krankmachende, stressige, nervige Arbeitsbedingungen! Erleichtern Sie sich und anderen das Leben. Arbeiten Sie effizienter und produktiver. Damit Sie sich am Montag auf die Arbeit freuen und auch das Team nicht am Ende der Woche frustriert heimgeht.
Führungskräfte sind Vorbilder. Und diese Wirkung sollten Sie nicht unterschätzen. Sie beeinflussen mit Ihrem Verhalten Ihre Kollegen, Ihr Team und damit die ganze Organisation.
Reden Sie nicht nur darüber, was alles schiefläuft. Gehen Sie das Thema lösungsorientiert an. Ja, vieles ist nicht von Ihnen beeinflussbar. Vielleicht können Sie sich Ihr Team nicht selbst aussuchen und mit zugewiesenen Beschäftigten arbeiten. Vielleicht bekommen Sie viele Vorgaben und Rahmenbedingungen von Ihren Vorgesetzten, die unveränderlich erscheinen. Aber auch dann kann man etwas verbessern.
Führungskompetenz zu leben bedeutet das Herstellen von optimalen Arbeitsbedingungen für letztlich höhere Produktivität und mehr Motivation.
Beeinflussen Sie das System.
Jeder Mensch ist Teil eines komplexen Systems. Jeder Mensch beeinflusst die anderen rund um sich. Durch die Gespräche, die wir führen. Durch die Rückmeldung, die wir geben. Durch unser Verhalten, das wir zeigen. Und gerade als Führungskraft sind Sie eine der wichtigsten Arbeitsbedingungen Ihres Teams!
Führungskräfte geben den Rahmen vor. Sie setzen Grenzen und verteilen Aufgaben. Sie geben Feedback und haben damit eine ähnliche Rolle wie Lehrer in der Schulzeit. Auch wenn Sie das vielleicht nicht hören wollen.
Das gibt uns viel Handlungsspielraum und Möglichkeiten zur Verbesserung!
Und wenn Sie auf dem Weg dahin Ihre Mitarbeiter fragen, was diese brauchen, dann zeugt das nicht von Unwissen, sondern von Selbstbewusstsein! Sie wollen ja das richtige Tun und nicht aktionistisch Arbeitsbedingungen zum Schlechteren verändern. Sie müssen deshalb nicht das Heft aus der Hand geben. Aber eine gute Führungskraft holt sich Informationen ein, bevor sie eine Entscheidung trifft und macht das nicht blind. Und so ist das hier auch.
„Aber ich bin doch gar nicht schuld am Stress!“
Die Führungskräfte, vor allem der mittleren Hierarchieebene, machen die allermeisten Vorgaben ja nicht selbst. Vieles ist fix vorgegeben: die Aufgaben der Abteilung, Abgabefristen, oft auch das Budget oder Personalverträge.
Und dann gibt es ja auch noch Mitarbeiter, die zusätzlich Stress erzeugen durch Fehler, Hektik oder übertriebenes Engagement.
Also: Wer ist wirklich schuld an Stressfaktoren? Und wer muss sie auflösen?
Das ist eigentlich vollkommen irrelevant. Arbeitsbedingungen sind ein komplexes Räderwerk mit unzähligen Einflussfaktoren wie gesetzlichen Rahmenbedingungen, Vorgaben der Eigentümer, Unternehmenskultur und vielem mehr. Vieles ist davon nicht veränderbar. Zumindest nicht schnell. Und nicht von Ihnen als Leser.
Aber Führungskräfte selbst haben einen großen Einfluss auf den Arbeitsalltag ihrer Teammitglieder! Sie können durch ihren Kommunikationsstil, die Aufgabenverteilung und die Arbeitsorganisation viele psychische Belastungen verändern. Auch scheinbare Kleinigkeiten wie das eigene Verhalten im Krankheitsfall haben einen enormen Einfluss auf die Teammitglieder.
Als Führungskraft kann man nicht alle Rädchen austauschen, aber wenn man an seinem eigenen Rad dreht, bewegt man auch viele andere Dinge! Denn man kann nur sein eigenes Verhalten verändern und damit größere Veränderungen anstoßen. Kunden, den Vorstand oder andere Abteilungen zu verändern ist wirklich kein realistisches Ziel.
Und wenn man Teammitglieder als Stressfaktoren wahrnimmt, dann kann man auch deren Verhalten mithilfe der Arbeitsbedingungen und dem Führungsverhalten steuern.
Schuld an Stressfaktoren sind Sie tatsächlich dann, wenn Sie diese erkennen, aber keine Maßnahmen setzen.
„Sind meine Mitarbeiter vielleicht nicht belastbar?“
Immer wieder fällt in dem Zusammenhang auch der Satz: „Wenn jemand Stress hat, ist es der falsche Job für ihn.“ Führungskräfte, die so denken, wollen häufig am Stress selbst nichts ändern. Vielleicht weil sie keine Möglichkeiten sehen oder vielleicht weil sie den Stress auch bewusst selbst verursachen. Aber in jedem Fall wird dabei mit dem Finger auf die Beschäftigten gezeigt. Dabei spiele viele Überlegungen eine Rolle: Wenn jemand mit dem Stress nicht klarkommt, ist das vielleicht der falsche Job für die Person. Die anderen sind nicht so belastbar, wie ich selbst.
Natürlich sollte ich in ein Einzelhandelsgeschäft niemanden stellen, der Menschen hasst und keine Lust auf Kundengespräche hat. Aber wenn das Recruiting die Arbeitsanforderungen gut mitdenkt und die passenden Mitarbeiter auswählt, und trotzdem ist der Stressfaktor hoch, dann sollten vielleicht die Arbeitsanforderungen hinterfragt werden.
Wenn keine Passung vorhanden ist zwischen den vorhandenen Beschäftigten und den Arbeitsbedingungen, dann gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Die Beschäftigten ändern. Die Persönlichkeit zu ändern ist nur sehr schwer möglich. Und als Führungskraft ist das wirklich nicht meine Aufgabe. Ich kann mir aber auch neue Teammitglieder suchen und die alten kündigen. Das ist nicht in allen Organisationen möglich oder sinnvoll. Und in so gut wie allen Organisationen ist das teuer und langwierig. Und vielleicht find ich dann erst nicht „die Richtigen“. Denken Sie dabei auch an Konflikte. Häufig reicht es nicht, die Beteiligten auszutauschen, um die Dynamik zu verändern. Wenn die Rahmenbedingungen gleich bleiben, dann werden auch neue Teammitglieder bald an den gleichen Themen verzweifeln.
- Die Arbeitsbedingungen ändern. Das bedarf viel Reflexion und Planung. Aber wenn es gelingt, ist es nachhaltig und hilft auch alle Teammitgliedern. Man hört ja auch selten: „Wenn es den Mitarbeitern zu laut ist, stelle ich ab jetzt nur noch Gehörlose ein.“.
„Die sollen erstmal selbst aufhören zu jammern und etwas tun!“
Was ist mit den Mitarbeitern? Haben die nicht auch eine gewisse Eigenverantwortung oder verlangen diese sogar?
Beschäftigte sind selbstverständlich in der Rolle Schwierigkeiten aufzuzeigen. Auch können sie oft wichtige Impulse für Verbesserungsvorschläge liefern, da sie die Arbeitsbedingungen am beste kennen.
Aber Rahmenbedingungen zu schaffen, damit gute Arbeit passiert kann, ist Führungsaufgabe! Es darf keine Ausrede sein, dass das Team selbst nichts ändert und daher die Vorgesetzten auch nichts ändern müssen. In den allermeisten Organisationen herrscht eine Hierarchie. Und diese dient nicht nur der Aufgabenzuordnung, sondern auch der Verantwortungsübernahme! Schieben Sie daher nicht die Verantwortung ab auf untere Ebenen. Ändern Sie, was Sie ändern können. Dieses Buch wird Sie dabei unterstützen Lösungsideen zu erarbeiten und Handlungsspielräume zu erkennen. Auch bei kniffligen Situationen.
Eine Individualisierung des Problems hilft jedenfalls nicht weiter. Was würde es bringen bei jedem Problem zu sagen: „Die Mitarbeiter sind selbst schuld.“? Würde es etwas am Problem lösen? Oder würde sich damit die Führungskraft nur einfacher zurücklehnen können?
Packen Sie die vorhandenen Stressfaktoren lieber lösungsorientiert an. Das zeugt von wahrer Größe!
Aktive Arbeitsplatzgestaltung | Nehmen Sie Ihre Führungsaufgabe ernst.