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HRweb vor Ort | Corporate Culture Jam: Corporate Culture mit Purpose – Pur oder nur Pose? #CCJ

23Mai2019
4 min
Corporate Culture Jam 2019

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Event-Bericht: Corporate Culture Jam, 21+22mai2019, Wien, Succus

Perspektiven vom anregend-entspannten Corporate Culture Jam (2tägiger Kongress in Wien, CCJ): Was ist der Nutzen von einem Unternehmenspurpose? Wie und wer entwickelt Unternehmenskultur sinnvoll und ergebnisorientiert weiter?

Ankerbrot-Fabrik, Sesselhalbkreise im ganzen Saal, drei formidable Musiker „jammen“ mit ihren Instrumenten und die Kabarettistin Nadja Maleh bringt uns mit ihren internationalen, inneren Stimmen zum Lachen: Der Corporate Culture Jam veranstaltet von Succus geht 2019 in die dritte Runde und hat sich das Motto „Purpose – Pur? oder Pose?“ als Motto gesetzt.

Pose?

Wo unter allen Begriffen, die ein zeitgemäßes Unternehmen bearbeitet und verschriftlicht, steht der Purpose? Halt. Genau da läuft es ja schon falsch. Unternehmen brauchen auf ihrer Liste neben Leitbild, Werten, Vision, Mission Statements nicht auch noch einen Purpose zum Abhaken. Da geht es um viel mehr als nur um eine Pose. Es geht um ein Orchestrieren von wenigen kraftvollen Richtungsgebern – und zwar zum Anfassen. Aber eines nach dem anderen…

Karin Krobath, vom Partner identifire und wortwelt, schlägt folgendes Dreiergespann vor:

  • Why – Purpose, Mission, Beliefs
  • How – Brands, Markenwert
  • Wow – Vision, langfristige & lohnende Ziele

Purpose? Ikigai?

Der Purpose gibt Orientierung in unsicheren Zeiten und verringert Komplexität – damit erleichtert er auch das Handeln, erzählt Franziska Fink, Beratergruppe Neuwaldegg. Leistung und Erfolg per se ist kein Purpose, aber er kann ihm folgen bzw. wird durch ihn wahrscheinlicher gemacht, zeigt sie mittels Studien. Für Hanno Burmester, Unlearn Consulting & Development, ist die Frage nach dem Purpose auch eine „spirituelle“ Frage: Warum sind wir in der Welt? Welchen Beitrag leistet das Unternehmen für die Gesellschaft? Er stellt dabei Parallelen zu dem japanischen Begriff „Ikigai“ her, der den Lebenssinn bzw. wofür es sich zu leben lohnt, ausdrückt. Inhalte für einen gesellschaftsrelevanten Purpose liefern zum Beispiel die „12 Megatrends“ des Zukunftsinstituts oder die siebzehn „Sustainable Goals“ der UNO.

Zweck und Weg

Echter Purpose gibt also Orientierung und motiviert Menschen auch zu besonderer Leistung. Sinn ist ein menschliches Bedürfnis (Viktor Frankl) und eine der fünf Säulen für ein glückliches, erfülltes Leben (PERMA-Modell von Martin Seligman). Damit er wirksam werden kann, reicht es nicht aus, ihn im Managementteam zu definieren. Es braucht idealerweise alle Mitarbeitenden oder zumindest Repräsentanten über alle Abteilungen und Hierarchiestufen um gemeinsam den Sinn des Unternehmens im Kontext der Gesellschaft zu definieren.

Spannend ist, was darauf folgt – auch hinsichtlich einer gelungenen Umsetzung – nämlich die aktive Auseinandersetzung und Übersetzung in jedes Team: Was heißt das für uns? So ein Prozess ist gleichzeitig ein Kulturwandelprozes. Georg Wolfgang, Culturizer, zeigt ein digitales Tool, das so eine Auseinandersetzung in den Teams strukturieren und am Laufen halten kann – ähnlich einer „Sport- oder Abnehm-APP“, wie eine Teilnehmerin bemerkt.

Bei Coca-Cola European Partners übernehmen die Umsetzung und Übersetzung Führungskräfte und andere Freiwillige. Sie stellen sich als Botschafter zur Verfügung und machen die WOWs – Ways of Working – unter der Kulturwandel-Marke „Accelerate Performance“ in der Organisation greifbar, erzählt Jörg Blunder. „If you don´t manage culture, it manages you and you may not even be aware of the extent to which this is happening“, zitiert er Edgar Schein und legt den Teilnehmenden drei Dinge ans Herz:

  • Kultur zu operationalisieren und für das Management mit Zahlen darzustellen
  • Kultur nicht als HR-Projekt zu sehen und
  • einen mehrjährigen Plan aufzustellen, der Klarheit und Ausrichtung gibt. Kulturwandel braucht Zeit.

Purpose Driven Organization

Die Bereitschaft laufend mit allen auf Augenhöhe zu kommunizieren und den Purpose in den Mittelpunkt jediglichen Handelns zu stellen kann zu einer ganz besonderen Form der Organisation führen, wie Franziska Fink fortsetzt, eine purpose driven organization. Das ist ein Unternehmen mit folgenden Merkmalen: hierarchiefrei in Selbstorganisation (z.B. Holocracy), mit ganzheitlicher Partnerschaft mit den Mitarbeitenden, mit einer Vertrauenskultur und in Ablösung von mittelfristiger Planung und Budget. Einige (vor allem US-) Unternehmen praktizieren das schon bzw. sind am Weg dorthin. Auch im deutschsprachigen Raum gibt es Beispiele wie z.B. DM/Deutschland, wo im Team die Gehälter nach Bedürfnissen verteilt werden. Das sind derzeit noch Pioniere, Einzelbeispiele.

Der Purpose und ich

Corporate Culture Jam 2019, ccj19

Die Corporate Culture Jam Teilnehmenden geben in einer online-Abfrage an, dass 66% den Purpose ihrer Organisation als „pur“ empfinden und entsprechend 34% als „Pose“. Die Sehnsucht nach Echtheit ist da. Sie beginnt bei den Menschen, die hier teilnehmen, sich austauschen und etwas Sinnvolles in ihren Organisationen beitragen wollen. Beim Einzelnen muss auch ein Unternehmens-Purpose dann ansetzen: Hanno Burmester erzählt, dass eine Kongruenz nötig ist – aber bitte kein Anpassungsdruck. Wie trage ich durch meinen persönlichen Sinn zum Sinn des Unternehmens bei? Wie durch meine Werte zu jenen des Unternehmens? Auch beim Recruiting gibt es spannende Ansätze, die Mitarbeitende primär nach der Passung von Sinn und Werten aussuchen (z.B. Tesla) – die Skills/Fähigkeiten sind nachrangig, denn diese können erlernt werden, so die Quintessenz.

„Putting in hours for a corporation is hard. Putting in long hours for a reason is easy.“ Elon Musk

Entspannte Atmosphäre und jazzige Klänge

Zwischen all den Key Notes und Workshops gibt es ausreichend lange Pausen zum Stärken und Plaudern, alle sind per du und casual. Aktivitäten zwischendurch wie „dänisches Klatschen“ mit viel Gelächter sowie Reflexionen in den Halbkreisen machen das Programm und die Atmosphäre bunt und sehr angenehm. Den Abschluss bilden die live-Kommentare der Teilnehmenden, vom Screen gesungen und gespielt. Let´s jam!

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