Gesetzesnovellen (Arbeitszeitgesetz) und EuGH-Entscheidungen betreffend Zeiterfassung machen dieses Thema für jeden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Österreich aktueller denn je.
Deshalb hat sich Mag. Jörg Riedl (Geschäftsführer der ZEIT- und BDE CONSULTING GmbH, Foto rechts) entschlossen, das heurige FORUM ZEITERFASSUNG + BDE als ganztägige Informationsveranstaltung bereits im Frühjahr durchzuführen.
Interview-Partner: Mag. Jörg Riedl
Nach Ausbildung (Studium Betriebsinformatik, TU- und UNI Wien) und Management Erfahrung in internationalen Konzernen (Unilever, Olympus) seit über 25 Jahren selbständig als Unternehmer und Geschäftsführer im Markt der Zeiterfassung tätig. 01/2018, nach Verkauf aller Unternehmensbeteiligungen Gründung der ZEIT- und BDE CONSULTING GmbH um das Wissen und die Erfahrungen in diesem Markt österreichischen Unternehmen und Organisationen als neutraler Berater zur Verfügung zu stellen.
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Interview
Ich freue mich, mit ihm über die Besonderheiten des österreichischen Marktes zum Thema Zeiterfassung plaudern zu können.
Weshalb hat das Thema Zeiterfassung in Österreich einen so hohen Stellenwert?
Im Wesentlichen liegt dies an den rechtlichen Rahmenbedingungen. Das österreichische Arbeitsrecht besteht aus mehr als 40 Einzelgesetzen. Neben dem allgemeinen Arbeitszeitgesetz und dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz zählen u.a. das Arbeitsruhegesetz und das Urlaubsgesetz zu bestimmenden Faktoren für die Verpflichtung der Arbeitgeber, Aufzeichnungen über die Arbeits- und Ruhezeiten ihrer Mitarbeiter zu führen. Darüber hinaus gibt es aber auch noch Rechtsordnungen für Bedienstete im öffentlichen Dienst, über 800 Kollektivverträge, tausende Betriebsvereinbarungen und das Einkommensteuergesetz. Dadurch ist die Gewährleistung einer Dokumentation der Arbeitszeiten und die gesetzeskonforme Entlohnung auch für Betriebe mit relativ wenigen Dienstnehmern ohne Nutzung einer leistungsfähigen Zeiterfassungssoftware fast nicht mehr möglich.
Hat die AZG-Novelle und der damit verbundene Zwölfstundentag eine Auswirkung auf den Markt?
Ja. Obwohl wahrscheinlich die Anzahl der betroffenen Personen und Unternehmen nicht so groß ist, wie es nach den öffentlichen Diskussionen den Anschein gemacht hat. Aber es haben sehr viele Unternehmen ihr bestehendes System dahingehend überprüft, ob allfällige Änderungen von Arbeitszeitmodellen durch die vorhandenen Systeme abgedeckt werden können und dies zum Anlass genommen, alternative Anbieter zu evaluieren oder das System abzulösen. Außerdem haben natürlich die Systemanbieter ihre Systeme dahingehend überprüfen müssen und gegebenenfalls Adaptionen vornehmen müssen. Des Weiteren haben wir festgestellt, dass sich in den letzten 12 Monaten sehr viele neue Lösungsanbieter – v.a. Anbieter von Online-Systemen aus dem Ausland – verstärkt um den österreichischen Markt gekümmert haben, sodass es heute wahrscheinlich über 100 unterschiedliche Anbieter gibt, die ihre Produkte der Zeiterfassung am österreichischen Markt vermarkten.
Aus meiner Sicht hat aber die jüngst veröffentlichte EuGH Entscheidung aus Spanien eine ebenso große Bedeutung für die Sensibilisierung österreichischer Betriebe. Der EuGH hat entschieden, dass alle Betriebe zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter verpflichtet sind, auch wenn dies in den nationalen Gesetzen (in diesem Fall Spanien) nicht vorgesehen ist.
Hier haben ja Arbeitnehmer-Vertreter auf die Einführung einer Zeiterfassung bestanden.
Ja, auch das hat einen Bezug zur Zeiterfassung in Österreich. Noch immer sehen viele österreichische Arbeitnehmervertreter ein Zeiterfassungssystem als Kontrollinstrument des Arbeitgebers. Auf Basis des Arbeitsverfassungsgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes ist es Betrieben mit einem Betriebsrat nur dann möglich, eine IT-basierte Zeiterfassung einzuführen, wenn der Betriebsrat eingebunden ist und zustimmt. Dabei wird eben oft übersehen, dass eine Zeiterfassung gerade für Arbeitnehmer Vorteile bringen kann.
Gibt es in Österreich noch Betriebe mit Stechuhren?
Die richtige Stechuhr wahrscheinlich nicht mehr, denn Stechuhren sind ja die Vorgänger der Stempeluhren und waren nur bis Anfang des 20. Jahrhunderts im Einsatz. Ich treffe aber immer wieder auf Unternehmen und auch Dienststellen im öffentlichen Bereich, bei denen noch Stempeluhren im Einsatz sind und wo eigens beauftragte Mitarbeiter monatlich Stempelkarten manuell auswerten müssen. Ich habe darüber noch keine Studie gemacht, aber ich vermute stark, dass hier die Ursache im Widerstand der Belegschaftsvertretung gegen ein elektronisches System mit Chipkarten oder Biometrischer Identifikation liegt.
Welche Zielgruppe sprechen Sie mit dem FORUM ZEITERFASSUNG + BDE an?
Das sind Personen, die sich in einem Unternehmen oder einer Organisation aus einem aktuellen Anlass mit dem Thema Zeiterfassung auseinandersetzen. Meist Personen aus dem HR-Bereich, aber natürlich auch aus dem Bereich der Fertigung und des Controllings, wenn es um Betriebsdatenerfassung geht. Aus den Umfragen des vorjährigen Forums wissen wir, dass sich fast alle Besucher in ihren Unternehmen gerade mit der Anschaffung oder Ablöse eines Systems beschäftigen und sich im Rahmen des Forums über Angebote, Trends, Technologien und Erfahrungen anderer Unternehmen informieren möchten.
Forum Zeiterfassung + BDE
- Datum: 13juni2019
- Ort: Wien
- Kosten: € 89
- Veranstalter: ZEIT- und BDE CONSULTING
- www.zeit-bde.com