Interkulturelle Strategie-Beratung für stark international aufgestellte Unternehmen, neue Joint Ventures, geplante Auslandsniederlassungen, etc. Im Gespräch erfahre ich, wie vielschichtig interkulturelle Strategie-Beratung ist.
Experten-Interview
Los geht’s:
Wie kann / soll interkulturelle Strategieberatung in einem Unternehmen aussehen, um Organisation & Menschen zukunfts-fit zu machen? Worin liegen die Ziele, wie können die Schritte dorthin aussehen?
Matthias Würth, MSc (ICUnet.AG): Die Antwort auf diese Frage muss klar lauten: immer individuell mit Kunden gemeinsam entwickelt. Es geht darum, die Organisationskultur zukunftsfähig zu machen und das ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich. Der Maschinenbauer aus der Old Economy sucht vielleicht nach einer Innovationskultur, weil seine Produkte auf lange Sicht sonst nicht mehr konkurrieren können; das Start-Up sucht nach Resilienz und Beständigkeit, weil die Fluktuation (zu) hoch ist. Das sind zwei extreme Pole, die um viele weitere Aspekte ergänzt werden können – die Kernbotschaft:
Die Organisationskultur ist die DNA eines Unternehmens. Sie bestimmt über Erfolg oder Misserfolg und ist wie beim Menschen einzigartig. Im Gegensatz zur organischen DNA ist die kulturelle DNA aber in der Lage, sich relativ schnell weiterzuentwickeln. Dafür benötigen Unternehmen Mitarbeiter, die den Wandel mitgehen, sich und andere mitreißen und bereit sind, gelernte Arbeitsweisen zu gegebenenfalls radikal zu verändern.
Egal ob Evolution oder Revolution in der Organisationskultur: In einem ersten Schritt gilt es, die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter zu stimulieren; Prozesse und Systeme, Organigramme und Strategien kommen erst nachgelagert.
Diesen Fehler machen insbesondere im Rahmen der Digitalisierung viele Unternehmen: teure Software/Hardware-Systeme werden beschafft und den Mitarbeitern vor die Nase gestellt. Aber wie reagiert der 50-jährige Mitarbeiter im Vergleich zu seinem jungen Kollegen auf diesen Change? Wie holen Sie beide ab? Welche Rahmenbedingungen der Organisationskultur können sie im Unternehmen (er-)schaffen, um die Mitarbeiter nicht auf halber Strecke zu verlieren? Wie zahlt die Organisationskultur schon heute auf die Performance des Unternehmens ein? Und wie muss sich dieser Einfluss in Zukunft entwickeln?
Machen sie Ihre Organisationskultur zum Thema in Ihrem Unternehmen und beteiligen Sie alle Mitarbeiter daran! Damit werden sie in ihrem Unternehmen die Entwicklungsgeschwindigkeit erhöhen!
Dr. Gerald Passath (KICK OFF): Neben all den Fallstricken, die wir von der Strategieentwicklung und –umsetzung kennen, gilt im internationalen, interkulturellen Umfeld: Kultur, Kultur, Kultur. Oder wie Peter F. Drucker es formuliert haben soll: „Culture eats strategy for breakfast.“
Unter Unternehmens- und Länder-Kultur verstehen wir ein System von Werten, Glaubenssätzen und Verhalten, welches vom größten Teil der Gruppe geteilt wird, von Generation zu Generation weitergegeben wird und sich im Regelfall langsam und stetig verändert.
In der internationalen, interkulturellen (Strategie)Beratung besteht nun die Kunst,
1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der betroffenen Unternehmens- und Länder-Kulturen herauszufiltern,
2. auf Basis dessen einen gemeinsamen Zweck und eine gemeinsame Zielrichtung zu generieren, die
3. von allen beteiligten Seiten verstanden, zumindest akzeptiert und auch tatsächlich umgesetzt wird.
Dazu benötigen Sie – aus unserer österreichischen Perspektive gesehen – gerade im Umgang mit polychronen, beziehungsorientierten Kulturen (wie mit den meisten Ländern aus dem Mittelmeer-, arabischen, asiatischen und südamerikanischen Raum) einiges an Zeit und Verständnis und ein anderes Verhalten im Leadership, in der Kooperation und in der Kommunikation.
Zusätzlich dazu gilt es, den scheinbaren Widerspruch zwischen konsequenter Ziel- und Strategieverfolgung einerseits und Flexibiltät andererseits zu vereinbaren. Und aus all diesen scheinbaren Gegensätzlichkeiten positive Energie zu generieren.
Wer ist die Zielgruppe für interkulturelle strategische Beratung?
Dr. Karin Schreiner (Intercultural Know How – Training & Consulting): Die erste Zielgruppe für interkulturelle strategische Beratung sind Führungskräfte, Unternehmensinhaber und -leiter, CEOs, die strategische Entscheidungen treffen. Diese Gruppe ist leider oft beratungsresistent. Hauptzielgruppe für interkulturelle Beratung ist das mittlere Management, die jedoch keine Entscheidungsgewalt hat. Eine interkulturelle strategische Beratung in der obersten Führungsebene kann Weichenstellungen in der Ausrichtung des Unternehmens bewirken, wodurch viele Fehler vermieden werden können. ZB Personalentscheidungen: wirklich geeignete Manager für das spezifische Zielland; interkulturelle Schulungen und Weiterbildungen vor dem Einsatz im Zielland; Anpassen des Führungsstils und entsprechender Umgang mit den lokalen Mitarbeitern, Schulungen im Zielland; Richtlinien und Standards bis ins Detail ausformulieren; Aufbau von Netzwerken im Zielland; Aufbau von lokalen Vermittlern zur Findung von wichtigen Kontakten usw. Alle diese Aspekte sollten vor dem Projektbeginn geklärt werden und nicht erst mitten drin. Und diese Abklärung anzuleiten ist eine Führungsaufgabe.
Worauf achten Sie bei der Interkulturellen Beratung österreichischen Unternehmen besonders?
DI Elisabeth Alder (Alder Consulting): Als besonders anfällig für interkulturelle Missverständnisse erlebe ich die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Hier in Österreich erwartet man offenere Formen zu fordern und zu widersprechen als das in vielen anderen Ländern für Mitarbeiter möglich oder gewünscht ist. Manche Mitarbeiter erwarten zum Beispiel, dass bei guter Leistung, die Initiative zur Gratifikation von der Führungskraft ausgeht. Geschieht das nicht, so verliert das Unternehmen leicht gerade die besten Mitarbeiter. Das Herausfordernde dabei ist, dass sich der größte Teil dieses Dramas leise und unauffällig abspielt. Erst wenn dem Mitarbeiter die Geduld reißt wird es sichtbar. Da müssen Führungskräfte lernen, viel genauer hinzuhören und hinzuschauen, um Missstimmung rechtzeitig zu erkennen und von sich aus anzusprechen.
Was würde sich durch eine interkulturelle strategische Beratung für ein Unternehmen verändern?
Dr. Karin Schreiner (Intercultural Know How – Training & Consulting): Wenn der Faktor Kultur von Anfang an in die Projektplanung in einem Zielland außerhalb Österreichs miteinbezogen wird, kommen zusätzliche relevante Aspekte hinzu und das Unternehmen verfolgt eine Strategie, die sich mehr an den Gegebenheiten vor Ort orientiert. Dadurch können zahlreiche Probleme von vornherein vermieden werden, die sonst unvermeidbar sind. Anstatt durch später eingesetzte interkulturelle Trainings und Mitarbeiterschulungen Erklärungen für grobe Missverständnisse und Fehlkommunikation zu finden, kommt es gar nicht zu diesen Problemen. Interkulturelle strategische Beratung hilft, sich als Unternehmen so aufzustellen, dass es kultursensibel vorgeht, bereits geschulte Mitarbeiter einsetzt und strategisch mit den kulturellen Unterschieden umgeht.
Interkulturelle Strategie-Beratung: Das sind die Knackpunkte
Die Gesprächspartner
Dr. Gerald Passath KICK OFF Management Consulting GmbH Dr. Karin Schreiner Intercultural Know How – Training & Consulting Matthias Würth, MSc ICUnet.AG DI Elisabeth Alder Alder Consulting |