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Employee Experience | Weshalb es eben kein reines Buzzword ist

12Dez2019
5 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Es stimmt, der Begriff Employee Experience setzt etwas breiter an – und das zu Recht. Und die beschriebenen Bereiche sind nicht neu, sondern rücken nur endlich in den Fokus. Auch das zu Recht.

Autor: Maximilian Lammer (www.lammer.org)

Das was uns alle prägt, sind unsere Erlebnisse in bestimmten Momenten, sowohl privat als auch beruflich. Das sind einzelne Augenblicke, länger andauernde Erlebnisse, vor dem Eintritt ins Unternehmen, während dem Job und danach – ALLES was in der Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen passiert. Bis dato “mussten” Unternehmen darauf weniger Rücksicht nehmen und haben es auch nicht.

Employee Experience: Arbeitgebermarkt

Erlebnisse und Experience entstanden und entstehen im Grunde nur zufällig, und unterliegen nicht dem Anspruch einer besonderen Gestaltung. Vielleicht nicht alles, aber der Großteil. Warum? Weil Arbeitgebermarkt herrschte seit wir uns erinnern können. Das heißt, es gab immer genügend Menschen, die sich für Jobs beworben haben, aus denen das Unternehmen auswählen konnte und die dann auch entsprechend in Unternehmen ihre Zeit verbracht haben. Das ändert sich gerade durch mehrere Aspekte:

  1. Es gibt weniger verfügbare Menschen am Arbeitsmarkt aufgrund geburtenschwächerer Jahrgänge und Fachkräfte sind auch so schon rar – in so gut wie allen Bereichen.
  2. Immer mehr Menschen entziehen sich zudem dem traditionellen Arbeitsmarkt und nehmen Möglichkeiten der digitalen Plattformen an, um Geld zu verdienen. Die Plattform Fiverr rechnet damit, dass bis 2027 rund die Hälfte aller erwerbsfähigen Menschen in den USA Freelancer sein werden. “Ok USA”, kann man jetzt sagen – aber der Trend lässt sich auch bei uns durchaus feststellen.
  3. Unsere Einstellung zum Thema Zeit, insbesondere im Verständnis von Lebens- und Arbeitszeit, hat sich verändert. Wir sind nicht mehr bereit unsere wertvolle Zeit, de facto unsere beste Jahre, in Jobs und Umgebungen zu verbringen, die uns nicht nur keine Freude sondern in manchen Fällen sogar krank machen (Depression, Burn-out, “Magengeschwür”, etc.).
  4. Unsere Grundbedürfnisse als Menschen sind in weiten Teilen der Gesellschaft gestillt und wir streben die Spitze der Bedürfnispyramide an – die Selbstverwirklichung. Dem steht meist der Job im Weg, in dem derzeit von den Unternehmen maximal Grundbedürfnisse gestillt werden, und immer Menschen sind aufgrund des eigenen Erlebens im Job bereit das Risiko zu nehmen und sich zu verändern, Stichwort: Sinnsuche.

Inzwischen herrscht Arbeitnehmermarkt

Diese Aspekte und der damit verbundene Switch vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt, führen dazu, dass es für alle Organisationen immanent wichtig ist, bestehende Mitarbeiter zu halten, weil es immer schwieriger wird, offene Positionen in kurzer Zeit mit entsprechend “passenden” Nachfolgern zu besetzen und viel Knowhow, etc. verloren geht. Wo wir uns nicht wohl fühlen, wollen wir nicht sein. Das ist ein erstes starkes Argument für Employee Experience als strategisch besonders wichtiges Handlungsfeld für alle Unternehmen.

Ein zweites ist, dass aufgrund der zunehmenden Transparenz im Arbeitsmarkt durch Plattformen wie kununu oder glassdoor eine Entscheidung für Arbeitgeber mitunter stark von Bewertungen Betroffener abhängen. Es geht also um die viel strapazierte “Attraktivität als Arbeitgeber” im noch mehr strapazierten “war for talents”. Auch wenn man gerne zugeben kann, dass diese Bewertungen mit Vorsicht zu genießen sind, weil ja “immer nur die Angefressenen was schreiben” (ist das so?), so muss man dennoch sagen, dass die Bewertungen anderer unser Urteil maßgeblich beeinflussen. Das haben wir in den vergangenen 10-15 Jahren durch Amazon, Tripadvisor und andere Portale gelernt. Vielmehr vertrauen wir sogar vielen Bewertungen mehr als den Aussagen der Werbung – Stichwort “Employer Branding”. Was zählt sind also doch Bewertungen und – noch viel mehr – Empfehlungen. Aber dazu gilt: empfohlen wird nur was wir mögen und sich gut anfühlt.

Unternehmensperformance & Customer Experience

Dass die Digitalisierung nicht mehr weg geht, haben wir inzwischen angenommen. Ob wir den Impact bereits richtig verstanden haben, ist nicht ganz klar. Dass die Digitalisierung und Technologie unsere Wettbewerbssituation komplett auf den Kopf stellt, das kommt auch langsam an. Der neue Konkurrent ist nicht der bekannte Marktbegleiter der letzten 30 Jahre. Sondern irgendein Startup oder Studententeam, irgendwo auf dem Planeten, das in einer Nische beginnt. Unsere Organisationen haben den neuen Competitor vielfach erst am Schirm, wenn er schon am Markt ist. Wir müssen also versuchen mit eigenen Innovationen mitzuhalten bzw. voranzugehen. Das bedeutet vor allem neue Ideen zu entwickeln, kreativ und dann auch noch schnell zu sein. Ob das mit Mitarbeitern gelingt, die mehrheitlich Dienst nach Vorschrift machen, darf stark bezweifelt werden.

Unser Erleben steuert entscheidend welche Motivation und welche Energie wir in bestimmten Bereichen aufbringen. Das gilt besonders im Job. Wenn Unternehmen mehr Innovation, Kreativität und Geschwindigkeit/Agilität von ihren Mitarbeitern wollen, dann geht das nur über gute Experience. Damit wäre das dritte starke Argument erklärt, warum Employee Experience nicht nur ein Buzzword ist, sondern für die Zukunft von Unternehmen wirklich entscheidend. Aber nicht nur ein innovationsfreundliches Klima ist von der Experience maßgeblich abhängig sondern auch die Customer Experience. Das Erlebnis der Mitarbeiter hängt direkt proportional mit dem Erlebnis der Kunden zusammen. “If you take care of your people they will take care of your customer. It’s that simple” – Richard Branson. Wer sich in seinem Job nicht gut fühlt wird auch für den Kunden nicht die Extrameile gehen oder sich besonders stark kümmern.

Es läuft ja eh…

Stimmt. Derzeit sogar ziemlich gut. Aber die Frage ist wie lange. Und: Warum sollte es nicht besser sein? Alle Messungen und Erhebungen machen deutlich, dass Firmen, die aktiv in eine bessere Employee Experience investieren, jene zum Teil deutlich “outperformen” die das nicht tun. Aber abgesehen vom Firmenergebnis, ist nicht das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter ein mindestens ebenso wichtiges Ziel und am Ende auch ein starkes Argument, warum man sich mit dem Erlebnis “Job” befasst und es nicht dem Zufall überlässt.

Die “modernen” Methoden, die wir in unseren Unternehmen gerade vielfach lernen und lehren, um der Wettbewerbssituation vermeintlich entgegenzutreten, sollten eher dafür eingesetzt werden, MIT den Mitarbeitern eine optimale Employee Experience zu gestalten und dann natürlich auch für die Customer Experience. People first wird so zu einer echten Haltung anstatt einem leeren Sager. Die genannten Gründe und Argumente werden mit der Zeit viele, viele Unternehmen überzeugen, dass es für die Zukunft entscheidend ist, in die aktive Gestaltung von Employee Experience zu investieren. Jene Unternehmen, die als erstes kaum mehr Mitarbeiter rekrutieren können, werden als erstes auch das Verständnis für Employee Experience verinnerlichen.


Gast-Autor

Maximilian Lammer, Employee ExperienceMaximilian Lammer unterstützt Unternehmen bei der aktiven Gestaltung und Implementierung besserer Employee Experience – von der Inspiration, über Methoden bis zur Umsetzung. Er ist außerdem Co-Founder von Talent Garden in Österreich, Initiator von Innovation to Company, der Startup-Challenge der WK Wien, und unterrichtet an Universitäten und bei Corporates zu New Work, Digitalisierung und Innovationsmanagement.
www.lammer.org, contact@lammer.org


 

 

 

 

 

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