Welchen Unterschied macht das Alter von Outplacement-Kandidaten? Ich lade eine Experten-Runde aus Outplacement-Beratern und frage: Worin liegt für Sie in der Outplacement-Arbeit der Unterschied ob ein Kandidat …
- in einem Konzern oder einer KMU tätig war?
- unter 35 Jahre alt ist ober über 50?
- keine Matura oder 2 Uniabschlüsse hat?“
Die Antworten können Sie hier in 3 Teilen lesen. Heute: unter 35 oder über 50:
Experten-Interview
Worin liegt für Sie in der Outplacement-Arbeit der Unterschied ob ein Kandidat unter 35 Jahre alt ist ober über 50?
Dr. Peter Holzmüller (Lee Hecht Harrison / OTM Karriereberatung): Das Alter eines Kandidaten ist ein Kriterium für die Suchdauer. Bei Älteren dauert es nach unseren österreichischen Untersuchungen in der Regel länger. Genauso wie höhere Hierarchiestufe und höheres Gehalt mit längerer Suche korrelieren. Daher ist das „Managen von Erwartungen“ wichtig um unrealistische Erwartungen und den Frust nach Misserfolgen zu minimieren. Wichtig sind
a) der passende Berater, wobei die Sprache, das Alter, die Ausbildung und die Erfahrung mit Branchen und Funktionen als Auswahlkriterien herangezogen werden.
b) unterschiedliche Kommunikationsstrategien: das Verhältnis persönliche Beratungsgespräche versus digital/online Beratungen; das Verwenden von „Hard-Copies“ (z.B.: Manuals) und/oder digitaler Hilfsmittel; die Unterstützung durch Sekretariatsdienste; die Hilfestellung bei Social Media =wie gestalte ich Xing/Linkedin Profile, um gefunden zu werden
c) unterschiedliche Zielmärkte, da sie unterschiedliche Suchmethoden erfordern: Plattformen vs. Netzwerken vs. Direktansprache vs. Personalberater
Über 50 jährige finden Jobs vor allem über das Netzwerkgespräch. Sie sollen überzeugen durch ihre Persönlichkeit, die Energie und das Engagement.
Mag. Martina Chvalina-Kohlbach (Chvalina & Kolbesen – 2blickwinkel.at): Ab einem Alter von 50+ gepaart mit langjähriger Zugehörigkeit zu einem Unternehmen benötigt es oft mehr Zeit in der Zusammenarbeit mit unseren Kandidaten. Manche Unternehmen ziehen als Kriterium in der Personalauswahl neben Qualifikation, Berufserfahrung und Persönlichkeit auch das Alter heran. Oftmals schauen wir daher mit unseren Kandidaten weit über den Tellerrand und erarbeiten erfolgreich neue Wege der beruflichen Neuorientierung.
Veronika Aumaier (Aumaier & Partner Coaching): Unterschiede gibt es hier zum einen in den angestrebten neuen Positionen. Über 50jährige haben oft bereits einen entsprechenden Karrierepfad hinter sich und möchten noch vor der Pension den letzten Karriereschritt ins Topmanagement vornehmen. Oder sie streben zunehmend die (Mit-)Eigentümerschaft eines KMUs an. Der Arbeitsmarkt bietet hier vergleichsweise weniger Möglichkeiten, als wenn jemand mit unter 35 Jahren eine Fachexpertenstelle oder eine Teamleiterfunktion sucht.
Besetzungsunterschiede ergeben sich bei qualifizierten Personen, also weniger nach dem Lebensalter, sondern mehr nach der angestrebten Position und deren Verfügbarkeit am Markt. Zum anderen gibt es Unterscheide aufgrund des unterschiedlichen Wertesystems dieser Kandidaten. Während ein über 50jähriger tendenziell „tut was getan werden muss“ und sich überwiegend loyal und verlässlich darstellt, neigen unter 35jährige Kandidaten zur Teilzeitvariante und legen Wert auf Work-Life-Balance, die sich manchmal bereits auch in einem gewissen Karrieredesinteresse zeigt.
Michaela Buttazzoni (BDO Consulting): Das Alter gehört tatsächlich nach wie vor zu den Faktoren, die den Prozess stark beeinflussen. Denn die Dauer der Suche und die Intensität des Prozesses steigt, je älter der Klient ist, je hierarchisch höher der Betroffene angesiedelt war, je mehr er verdient hat und je länger er nicht am Jobmarkt war. Dementsprechend sollte sich die Dauer der jeweiligen Begleitung & des Programms erhöhen. Klienten 50+ werden sich viel intensiver mit dem verdeckten Markt und dem Netzwerken auseinander setzen müssen. Die Chancen, einen neuen Job über Personalberater und Inserat zu finden, sind für sie eher gering.
Mag. Peter Marsch (Jobsbutler): Bei uns wird jeder Bewerber gleich betreut, lediglich die Berufserfahrung und das Lebensalter des Jobcoaches sind ähnlich dem des Bewerbers.
Mag. Barbara Schopper (HR Consulting | Outplacement | Karriereberatung): Unter 35-jährige Klienten finden meist schneller und leichter eine neue Position. Sie sind jedoch entweder sehr anspruchsvoll hinsichtlich Gehalt und Karriereperspektiven oder sie wollen im Gegensatz dazu beruflich zurückstecken, sich der Familie widmen und mehr Work-Life Balance. Die Dauer der Jobsuche wird damit auch länger und erfordert viel Geduld und Motivation.
Über 50-Jährige sind nicht weniger anspruchsvoll aber oft flexibler und kompromissbereiter. Die Firmensuche dauert je nach Berufserfahrung, Karrierelevel und Gehalt deutlich länger und erfordert ebenso viel Geduld, Ausdauer und Motivation wie bei den Jüngeren. Die Outplacement-Begleitung wird dementsprechend auch für längere Zeit angeboten, um Kontinuität zu schaffen und die Klienten dabei zu unterstützen, „dran zu bleiben“, Kontakte und Netzwerke zu nützen, Firmenrecherchen zu machen und auch laufend nachzufassen, wenn Antworten auf Bewerbungen ausbleiben.
Danke für das Interview. Nun hatten wir bereits das Thema „KMU vs Konzern“, „Alter“ und demnächst schließt „Bildung“ unsere Interview-Trilogie ab.
Die Gesprächspartner | Outplacement-Beratung
Veronika Aumaier, MAS, MSc Aumaier & Partner Coaching GmbH Dr. Peter Holzmüller Lee Hecht Harrison / OTM Karriereberatung GmbH Mag. Peter Marsch jobsbutler GmbH Mag. Martina Chvalina-Kohlbach Chvalina & Kolbesen – 2blickwinkel.at Mag. Barbara Schopper HR Consulting | Karriereberatung | Outplacement Michaela Buttazzoni BDO Consulting GmbH |