Teams haben in rasanter Geschwindigkeit gelernt, remote zu arbeiten. National wie international. Ich gehe davon aus, dass sich das langfristig auf die internationale Zusammenarbeit auswirken wird. Doch: in wie fern?
Wie sehen es Experten? In einem raschen Interview höre ich mich um:
Experten-Interview
In wie fern wird sich die internationale Zusammenarbeit post-Covid von jener pre-Covid unterscheiden?
Chris Fuchs (KICK OFF): Meiner Meinung nach werden die Reisetätigkeiten stark zurückgehen. Viele Meetings, die früher face to face stattgefunden haben, werden post-Covid virtuell (via Skype etc.) abgehalten werden. Auch Seminare werden vermehrt online stattfinden. Bei face to face Seminaren werden die ausländischen Seminarteilnehmer remote teilnehmen und nicht separat anreisen.
Blended learning wird an Bedeutung gewinnen. Es ist jetzt schon zu bemerken, dass sich viele HR Abteilungen bereits jetzt auf diesen Schritt vorbereiten. Face to face Seminare werden somit künftig einen „Belohnungscharakter“ haben, da sie viel seltener stattfinden und künftig etwas Besonderes darstellen werden.
Interkulturelles Management wird an Wichtigkeit gewinnen, da viele Menschen durch diese Situation in ihre Wurzelkultur zurückgekehrt sind – sowohl emotional als auch physisch. Die Unterschiedlichkeit der Arbeitsweisen wird sich wieder in stärkerer Purität zeigen; internationale remote und virtuelle Teams werden sich besser aufstellen müssen, weil die Kommunikation, das Vertrauen, die Kohäsion etc. durch die räumliche Distanz leiden werden.
Umso besser müssen künftig Führungskräfte / Teamleader virtuelle Moderationstechnik optimal beherrschen. Die virtuelle Führung wird eines der Hauptwerkzeuge sein, mit welcher die Führungskräfte / Teamleader in den nächsten Monaten, wenn nicht sogar Jahren, brillieren können. Das Telefon als Führungswerkzeug hat bereits in den letzten Wochen an Wichtigkeit gewonnen und dieser Trend wird steigen. Es wird immer wichtiger, das Telefon als Werkzeug für die Führung optimal anwenden zu können, wie z.B. Feedbackgespräche, Delegationsgespräche, Konfliktgespräche am Telefon etc.
Dr. Karin Schreiner (Intercultural Know How): Mehrere Punkte möchte ich nennen:
- Weltweite Vergleiche und Stereotypisierungsgefahr: Die Reportagen im Zusammenhang mit dem Covid 19 Virus brachten regelmäßig Einblicke in den Umgang anderer Länder mit der Situation. Dies fördert einerseits eine globale Sicht auf die Welt und das Bewusstsein für national-kulturelle Unterschiede, andererseits die Gefahr der Verstärkung bestehender nationaler Stereotype.
- Digitalisierungsschub: Während der Covid 19 Pandemie sind Video-Konferenzen auf breiter Ebene zur Normalität geworden. Die Krise hat den längst nötigen Digitalisierungsschub in der internationalen Kommunikation bewirkt.
- Umgang mit Kommunikationssignalen: Kommunikation nur über Video oder Telefon bewirkt, dass die Bedeutung verbaler und nonverbaler Kommunikationssignale bewusst erlebt wird: Zögern bei Antworten, direkte und indirekte Kommunikation, Schweigen, Nicken, Lächeln, Wegschauen, Themen-Wechsel. Für nicht interkulturell geschulte Moderatoren ist der Umgang mit diesen Kommunikationssignalen bei online-Meetings eine Herausforderung. Hier liegt ein Potenzial für weitere interkulturelle Schulung – durchaus auch online.
- Achtsamer Umgang mit Zeit und Geld-Ressourcen: In Zukunft wird in Bezug auf internationale Business-Trips sicher zwischen wirklich notwendigen persönlichen Treffen und Video-Konferenzen bewusst abgewogen. Das bewirkt einerseits bei Mitarbeitenden geringeren Stress durch weniger Reisen und andererseits eine geringere CO2 Belastung durch weniger Flüge.
- Effizienz von Meetings: Es geht auch kürzer: Video-Konferenzen und Telefonate werden in kürzerer Zeit abgehalten, da sie viel anstrengender sind als persönliche Treffen. Das wirkt sich auf einen klar gesetzten Zeitrahmen und gute Strukturierung von Meetings aus, und das auf internationaler Ebene.
- Persönlicher Kontakt ist unersetzbar: Das Resümée aller, für die ständige Video-Konferenzen zum Alltag geworden sind: diese sind kein Ersatz für persönlichen Kontakt. In Zukunft werden persönliche Treffen und Meetings wohl viel bewusster erlebt und geschätzt werden.
- Digitale Tools in der Weiterbildung: In Zukunft wird das Potenzial von online-Tools für Trainings und Schulungen ausgeschöpft werden. Zeit- und Kosten-Ersparnis sind belegbar. Die Notwendigkeit von Präsenztrainings und Möglichkeit von online-Trainings werden abgewogen werden und beide Formen werden je nach Zielsetzung Anwendung finden.
- Smart Work: Auf internationaler Ebene wird auch der Außendienst im Vertrieb durch Video-Tools erweitert. Erstkontakte werden möglicherweise weiterhin auf persönlicher Ebene stattfinden, Folge-Meetings durchaus online. Man hat den Umgang mit online-Tools gelernt.
Marinda Seisenberger (ICUnet Group): Für die ICUnet Group sehen wir keine wesentlichen Änderungen in unserer internationalen Zusammenarbeit nach Covid19. Wir arbeiten seit vielen Jahren international und die Art der internationalen Zusammenarbeit ist flexibel. Dies gilt sowohl für die Zeitorientierung und Planung als auch für die Arbeitsweise. Die Kommunikation ist an verschiedene Zeitzonen in den USA, China, Indien und Mexiko angepasst und wird derzeit virtuell durchgeführt. Vielleicht ist eine kleine Änderung, dass sich unsere Mitarbeiter entspannter und eher bereit fühlen, ihre Kameras einzuschalten, um ein zusätzliches Maß an Nähe in Besprechungen und Diskussionen zu erreichen. Die Magie der ICUnet Group sind unsere Mitarbeiter – unser Orange-Team – und wir sind international eng miteinander verbunden, unabhängig davon, ob wir uns im selben Land befinden oder nicht. Mit oder auch ohne Covid19.
Die Gesprächspartner
Marinda Seisenberger ICUnet Group Dr. Karin Schreiner Intercultural Know How – Training & Consulting Chris Fuchs KICK OFF Management Consulting GmbH |