So manche Employer Branding Strategie eignet sich perfekt für KMUs. Welche das sind? Das fragte ich Employer-Branding-Experten im Interview:
Experten-Interview
Welche Employer Branding Strategien eignen sich gerade für KMU? Was ist leistbar und dennoch wirksam?
Kristina Knezevic (XING & XING E-Recruiting): Bevor man in Maßnahmen und Employer Branding Strategien denkt, muss man seine „Hausübungen“ machen. Startschuss ist eine Kulturanalyse. Ich muss wissen, wie mich meine Mitarbeiter wahrnehmen, wie mein Image am Markt ist und vor allem wer ich als Arbeitgeber bin, wofür ich stehe, wie meine Kultur ist. Man benötigt also eine sogenannte Employer Value Proposition. Zielpunkt muss sein, wen ich als Arbeitgeber erreichen will. Dann lässt sich die Einzigartigkeit einer Arbeitgebermarke in eine Positionierung, Strategie und Kampagne übersetzen. Aber keine Angst: KMUs können aber müssen sich nicht immer gleich große Unternehmensberater ins Haus holen.
Im nächsten Schritt geht es um die Kommunikation der Employer Brand– intern und extern. Denn es geht nicht nur um die Gewinnung von neuen Talenten, sondern um die Bindung Ihrer Mitarbeiter.
Die Kommunikation kann einerseits über eigene Kanäle (own media), wie die Unternehmens-Karriereseite und Social-Media-Kanäle erfolgen. Andererseits sollte man auch earned media, wie gezielte Employer Branding Profile (XING und kununu) setzen.
Über den Einfluss von Arbeitgeberbewertungen sollten Unternehmen auch Bescheid wissen, wie z.B. kununu: Bereits heute lesen 5 von 10 Internetnutzer Arbeitgeberbewertungen. 76 Prozent lassen sich von einer Bewertung bei der Jobentscheidung beeinflussen. Diese Transparenz sorgt dafür, dass Arbeitnehmer ganz genau wissen, wie es hinter Ihren Unternehmenskulissen aussieht und das kann man zu seinem Vorteil nutzen, indem man die richtigen Mitarbeiter anzieht und hält.
Auch die Teilnahme an Arbeitgeberrankings kann eine sinnvolle Maßnahme sein, um sich zu positionieren. Nicht vergessen sollten Unternehmen auf jeden Fall auf das eigene Mitarbeiternetzwerk. Nach wie vor ist die Empfehlung von eigenen Mitarbeitern eine der glaubwürdigsten Maßnahmen. Schaffen Sie daher eine Kultur und seien Sie ein Arbeitgeber, über den man gerne und positiv spricht.
Welche noch?
Mag. Brigitte Hampel (FHWien der WKW): Unbedingt Social Media nutzen. Kostet wenig, bringt viel. Hier empfiehlt es sich, die Mitarbeiter als Botschafter zu gewinnen. Viele Mitarbeiter posten von sich aus Alltagsgeschichten aus dem Berufsleben. Diese Postings kann man gut für die eigenen Unternehmensseiten nutzen. Wer regelmäßig Einblicke in den Arbeitsalltag zulässt und über aktuelle Projekte berichtet, punktet.
Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence): Es gibt keine Employer Branding Strategie die für alle Unternehmen, egal welcher Größe, gleich ist bzw. die gleichen Ergebnisse erzielt. Jedes Unternehmen muss sich selbst die Fragen „Wer bin ich als Arbeitgeber?“ und „Wofür stehe ich als Arbeitgeber?“ beantworten und kann dann die richtige Strategie daraus entwickeln. Unsere Erfahrung hat bei gezeigt, dass KMUs ihre Kanäle zielgruppen-orientierter auswählen und somit eine höhere Wahrnehmung bei den Zielgruppen erreichen, als wenn man überall immer die ewig gleichen Inhalte verbreitet.
Dr. Karin Krobath (Identifire): Im Employer Branding wie in der gesamten Markenarbeit gilt: Substanz vor Hochglanz. Hirnschmalz kostet nicht Geld, sondern gute Gedanke und ein paar Sparring-Gespräche mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sobald man die Kernstärken identifiziert und daraus eine knackige Arbeitgebermarke geschnitzt hat, braucht es keine großen Budgets mehr. Heutzutage können pfiffige Menschen als Jobbotschafter fungieren und so über ihre Netzwerke und Konferenzauftritte immer wieder den eigenen Arbeitgeber in den Vordergrund rücken. Sind sie selber begeistert und strahlen sie diese Begeisterung aus, dann wirken Jobbotschafter-Programme wahre Wunder – v.a dort, wo man besonders schwer rekrutiert. Mitarbeiter haben immer die besseren Netzwerke in ihrem beruflichen Umfeld als die HR-Abteilung. Das kann man auch als KMU sehr gut nutzen.
Was ist für KMU zusätzlich zu einer klaren Employer Branding Strategie ausschlaggebend?
Mag. Irmgard Prosinger (getbestfit): Wir beobachten immer wieder, dass KMU sagen, wir finden keine Bewerber, da wir weniger zahlen als die großen Mitbewerber. Dabei geht es nicht immer um die Höhe des Gehaltes, sprich „wer zahlt am meisten?“. Bewerber setzen vielmehr ein faires und nachvollziehbares Gehaltssystem voraus.
Wir raten deshalb auch, die Gehaltsstruktur im Unternehmen einmal näher zu betrachten und sich folgende Fragen zu stellen: Wie zufrieden sind unsere Mitarbeiter mit dem Thema Gehalt? Wie werden bei uns Gehälter definiert? Wie nachvollziehbar ist unser Gehaltssystem für die Mitarbeiter?
Sich kurz mal damit zu beschäftigen lohnt sich auf jeden Fall, denn große Unzufriedenheit mit dem Gehalt und das Gefühl unfair entlohnt zu werden, breitet sich schnell wie ein Lauffeuer aus.
Gibt es eine charismatische Eigentümerfigur im KMU, so tut man gut daran, diese in das Zentrum der Arbeitgeber-Kommunikation zu rücken, er bzw. sie ist – neben den Mitarbeitern – das „Gesicht“ des Unternehmens.
Wichtig bei kleinen Budgets ist, dass alles was ohnehin schon getan wird um Mitarbeiter anzusprechen (Stellenanzeigen, Website, Abwicklung von Bewerberkontakten und -gesprächen, …), unmissverständlich und durchgängig die Arbeitgeber-Marken-Handschrift trägt.
Die perfekte Employer Branding Strategie für KMU
Die Gesprächspartner
Kristina Knezevic XING & XING E-Recruiting Mag. Irmgard Prosinger getbestfit www.getbestfit.at Dr. Karin Krobath Identifire® Mag. Brigitte Hampel FHWien der WKW Ing. Mag. Gerd Liegerer, MBA Bud & Terence GmbH |
Ich danke sowohl für Ihre Expertise als auch für Ihre Geduld!
Mein persönlicher Luxus ist es, mitunter auch kontroverse Aussagen im Interview präsentieren zu können. Über den Tellerrand sehen und letztendlich dadurch den Mehrwert generieren. Besonderen Spaß macht es mir, darüber hinaus freche, unerwartete, provokante Blickwinkel dabei zu haben.